The Vampire Lovers (1970)Gruft der Vampire Regie: Roy Ward Baker Drehbuch: Tudor Gates Darsteller: Ingrid Pitt, Madeline Smith,
Mit „Vampire Lovers“ präsentiert ANOLIS im Rahmen seiner HAMMER-Edition einen zumindest historisch wichtigen Film der englischen Horrorschmiede. Zuerst einmal handelt es sich um die erste (von drei) Geschichten um die, vom irischen Schriftsteller Sheridan Le Fanu (1814 – 1873) erdachte, Vampirin Carmilla Karnstein. Als Literaturverfilmung hält sich das Buch auch recht gut an die Vorlage, wenn man mal davon absieht, dass Carmilla selbst, die blutjunge vampiristische Verführerin des Buches, von der damals schon über 30-jährigen Ingrid Pitt gespielt wird. Die Grundzüge der Geschichte über die letzte lebende weibliche Karnstein, die sich in Familien einschmuggelt, um deren Töchter zu beissen (oder besser erst zu verführen und dann...) blieben erhalten, die Charaktere sind ähnlich naiv gehalten wie in der viktorianischen Novelle und dass man eine Rahmenhandlung mit einem rachedurstigen Peter Cushing dazugedichtet hat, tut dem Film keinen Abbruch, selbst wenn Sir Peter hier ein wenig auf van Helsing-Schienen läuft. Ingrid Pitt selbst legt eine schauspielerische Meisterleistung hin und verkörpert glaubhaft die Vampirin, die unter ihrem Fluch leidet und scheinbar wirkliche Liebe für ihr Opfer (ebenfalls großartig Madeline Smith, der Ursprung des Wortes Rehauge) empfindet. Neben der üblichen Ansammlung aus großartigen englischen Charakterdarstellern sticht auch noch der Meenzer Jung Ferdy Mayne hervor, der irgendwie schon alleine durch seine Anwesenheit einem Film etwas mehr Klasse einhaucht.Aber wie schon erwähnt war „Gruft der Vampire“ (Wer hat eigentlich damals die deutschen Titel verbrochen?) in mehr als nur einer Hinsicht ein Wendepunkt für HAMMER. Zum Beispiel handelte es sich um die erste Zusammenarbeit zwischen den Engländern und American International Pictures (AIP – siehe auch hier), womit zwei der erfolgreichsten Produzenten des gothischen Horrors zusammenkamen. Hammer konnte somit nicht nur auf das amerikanische Know-How zurückgreifen, sondern hatte auch etwas mehr Geld für die Produktion zur Verfügung, was man auch deutlich sieht. Speziell die Sequenzen im düsteren Schloss der Karnsteins triefen nahezu über vor Atmosphäre und zeigen die wahrscheinlich besten Bauten der Studiogeschichte. Auch macht sich hier – wie auch in einer Ballszene zu Beginn des Filmes – deutlich bemerkbar, dass die erst seit einigen Monaten komplett in den großen Pinewood-Studios beheimatete Firma (die Bray Studios waren mittlerweile verkauft) sich dort endgültig eingelebt hatte und die großen Hallen bis zum letzten ausnutzten. Was den Film aber zu einem nahezu historischen Werk macht ist, dass es tatsächlich Hammers erster Ausflug in den Bereich des sexuellen Vampirs war. Sicherlich hatte auch Christopher Lee neben gefletschten Zähnen auch eine Spur Erotik versprüht, aber im Gegensatz zu der Attacke an nackten weiblichen Körpern, die „Vampire Lovers“ auffährt, wirkt selbst die erotischste Geste von Sir Lee eher wie ein laues Lüftchen. Sowohl Ingrid Pitt als auch Fräulein Smith ziehen gleich mehrfach blank und spätestens wenn die Lippen ersterer die Aureole der zweiten berühren, wirkt die Aussage: „Sicherlich kann man da mit Phantasie eine lesbische Beziehung reininterpretieren aber wir haben uns bemüht das subtil zu halten!“ von Regisseur Roy Ward Baker im Audiokommentar der BluRay etwas seltsam. Aber natürlich hat der Film auch seine Schwächen, einige der Innenaufnahmen wirken seltsam beengt und die Auflösung des Filmes muss man halt auch einfach mal so glauben. Am schlimmsten für mich ist aber wieder einmal mehr das Auftauchen von John Forbes-Robertson, der ja später in „7 Golden Vampires“ den wahrscheinlich lächerlichsten Dracula aller Zeiten spielen sollte. Hier ist er als der seltsame Reiter in Schwarz zu erleben, der das gesamte Geschehen um Carmilla sozusagen aus der Ferne verfolgt und halt ab und an mal grinsend oder zähnefletschend gezeigt wird. Eine Rolle die ursprünglich Mister Lee angetragen wurde, die dieser aber (wie auch die in eben erwähntem Eastern/Vampir-Mix) aus offensichtlichen Gründen ablehnte. Das allerdings ist sicherlich nur eine persönliche Aversion meinerseits, vielleicht gibt es ja den ein oder anderen Leser, der sich den Film nur wegen seiner Performance kaufen wird. Alles in allem ist „Vampire Lovers“ natürlich ein Muss für jeden HAMMER-Sammler, aber die haben ihn sicherlich eh schon vorbestellt. Für die noch unentschlossenen gehe ich im Folgenden noch kurz auf die Extras dieses Releases ein. Zur BLURAY von Anolis: Zuerst einmal muss man lobend erwähnen, dass sich auf der BluRay sämtlich Extras des großartigen ShoutFactory Releases finden lassen. Auch bei der Bild- und Tonqualität befinden wir uns im Bereich dieser Referenzveröffentlichung. Zusätzlich gibt es natürlich wieder einen Kommentar von Dr. Rolf Giesen, der diesmal mit Volker Kronz zusammen die Geschichte des Filmes und Geschichten um den Film herum diskutiert, sowie deutsches und internationales Werbematerial. Aber die ShoutFactory Extras sind es, die den HAMMER-Fan mit der Zunge schnalzen lassen. Da wäre zuerst einmal ein Interview mit Madeline Smith (so cirka 2010) in dem die Dame erstaunlich selbstironisch und frei von der Leber weg über die Dreharbeiten berichtet. Zusätzlich liest uns Ingrid Pitt in einem bebilderten Audioclip von 2003 Auszüge aus Franus Originalgeschichte vor, wobei die im Alter gereifte Stimme der damals 65-jährigen wunderschön zu der blumigen Sprache des Iren passt. Das Highlight ist allerdings der Audiokommentar mir Regisseur Baker, Drehbuchautor Tudor Gates und Frau Pitt. Speziell ein Moment, in dem sich Ingrid Pitt an die Liebesgeschichte von Peter und Helen Cushing und die Zeit nach dem tragischen Tod von Frau Cushing erinnert, wird auch bein hartgesottensten Zuhörer einen Kloss im Hals verursachen. Witzig hingegen sind die Erinnerungen von Roy Ward Baker, speziell wenn es um die oben erwähnten "versteckten" sexuellen Anspielungen des Filmes geht. Da alle drei Teilnehmer dieses Kommentares in den Jahren 2007 – 2010 verstorben sind handelt es sich wirklich um ein wichtiges und interessantes Zeitdokument. Da es bei der Produktion des oben angekündigten Mediabooks erhebliche Probleme gab, wird sich dessen Veröffentlichung bis zm 30. November verschieben. Wer nicht so lange warten und auf aufwendige Verpackungen verzichten kann, darf die BluRay bereits bei den Amazonen vorbestellen, dann gibts allerdings auch nix mit dem herrlich männerfeindlichen Motiv B. dia
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