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Ben Hur (2016)
Ben Hur

Regie: Timur Bekmambetov
Buchvorlage: Lew Wallace

 

Als der US-amerikanische Autor und Kriegsheld Lew Wallace (1827-1905) sein  Buch „Ben Hur – A story of the Christ“ im Jahr 1880 veröffentlichte, entwickelte sich diese Geschichte um den jüdischen Königssohn Joshua Ben (für Sohn) Hur und seinem römischen Adoptivbruder Mesalla, die parallel zur Geschichte des Jesus von Nazareth spielte, schnell zu einem großen Erfolg.

Noch zu seinen Lebzeiten wurde das Stück – mit riesigem Aufwand – fürs Theater adaptiert und lief dort mehr als 20 Jahre ununterbrochen, das Buch selbst wurde bis heute unendlich oft neu aufgelegt und ist immer noch der auflagenstärkste Roman aller Zeiten.

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Eine erste 15-minütige Stummfilmfassung wurde bereits im Jahre 1907 hergestellt. Da diese allerdings nicht mit den Erben von Wallace abgesprochen war, kam es zu einem Rechtsstreit, der dafür sorgte, dass Filmrechte an Büchern auch heute noch sauber verhandelt werden müssen.

Die erste „echte“ Filmfassung des Romanes war dann der im Jahr 1925 entstandene Stummfilm, der mit nahezu unglaublichem finanziellem und technischem Aufwand hergestellt wurde (z.B. wurden hier ganze Sequenzen in Zwei-Farben Technicolor hergestellt) und bei dessen Dreharbeiten es offensichtlich – wenn auch nicht belegt – zu einigen Todesfällen bei Mensch und Tier gekommen sein muss.

Uns allerdings ist vor allem die Version von 1959 im Gedächtnis, in der Charlton Heston den Judah Ben Hur verkörperte und die wir alljährlich zu Ostern von mindestens zwei Fernsehsendern vorgesetzt bekommen.

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Dieser Film von Regisseur William Wyler blieb, beginnend bei der Eröffnungsszene mit den heiligen drei Königen, erstaunlich nahe an der Buchvorlage und schaffte den Spagat zwischen tiefreligiösem Film (am Ende verzichtet Ben Hur auf seine Rebellionspläne und wendet sich dem vom Nazarener gepredigten Frieden zu) und grandiosem Actionspektakel so perfekt, dass er selbst bei mehr als drei Stunden Laufzeit und bei mehrmaligem Sehen nicht langweilig wird. Ein unumstrittenes Meisterwerk, dessen Erfolg den damals maroden Verleih MGM wieder einmal rettete.

Kommen wir jetzt aber zum aktuellen Remake des Klassikers, das unter der Regie des (mittlerweile auch schon 54-jährigen) russischen Wunderkinds Timur Bekmambetov entstanden ist, dessen Filme zumindest visuell immer sehr interessant waren, der aber scheinbar mittlerweile zu einem weiteren Renny Harlin-mässigen Auftragskiller verkommt.

Der Ben Hur des Jahres 2016 leidet dann auch unter all dem, was man bei einem modernen Blockbuster erwartet. Die Geschichte wird auf das Nötigste zusammengestutzt, gleich zu Beginn verzichtet man erst einmal auf alle Anspielungen auf einen religiösen Kontext, die beiden Adoptivbrüder werden kurz vorgestellt und dann entscheidet sich Mesalla einfach und ohne triftigen Grund das elterliche Haus zu verlassen um als Feldherr der römischen Armee beizutreten, was scheinbar kein großes Problem darstellt.

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Als er dann nach Jahren nach Jerusalem zurück kehrt um die dort wuchernde Rebellion (Volksfront von Judäa, judäische Volksfront u.ä.) zu zerschlagen ist er bereits durch einen Kratzer am Ohr gezeichnet und ein rechter Juden- und Christenhasser. Der Einzug des neuen Statthalters von Jerusalem, bei dem in der Vorlage ein Unfall geschieht, der fälschlich als Attentat gedeutet wird, wird hier von einem echte Attentatsversuch durch einen Rebellen, den Ben Hur gesund gepflegt und in seinem Haus verborgen hat überschattet. Außerdem ist der neue Boss im Hause Jerusalem jetzt nicht einfach irgendein römischer Gesandter sondern, der Intelligenz des modernen Publikums angepasst, direkt Pontius Pilatus, der daraufhin natürlich auch direkt hart durchgreift.

Der olle Pontius ist aber auch echt ein fieser Pursche (allerdings ohne Sprachfehler), der unter anderem sogar befiehlt für den Bau der Arena in Jerusalem (wie das ist Euch neu?) die Grabsteine des jüdischen Friedhofs zu verwenden und – natürlich – auch den Ben von Hur zu Sklavendiensten auf einer Galeere verdonnert.

ben03Nun arbeitet der Ben also 5 Jahre (und eine Überblendung lang) am Ruder der Pein, entwickelt sich aber nicht wie Arnold, bis es zu einer Seeschlacht kommt, in deren Verlauf er sich von seinen Ketten befreien und entfliehen kann. Nach einigen Minuten auf See landet er am Strand und wird mehr oder weniger sofort vom Nomaden Morgan Freeman (im Predator–Outfit) gerettet. Da sich Ben als Pferdeflüsterer entpuppt darf er dann auch selbige pflegen und sich als Wagenlenker versuchen.

Währenddessen ist die Arena in Jerusalem fertig und ein großes Wagenrennen zur Eröffnung selbiger angesetzt. Morgan (Wunschpunkt) Freeman wettet deshalb mit Mesalla das sein junger Wagenlenker ihn besiegen kann und so geschieht es. Ach ja, zwischenzeitlich taucht auch ab und an mal der Nazarenische Tischler auf, der dann am Ende des Filmes auch auf dem Berg oberhalb der tollen Arena gekreuzigt wird.

Wie unsere Leser/Hörer sicherlich wissen, bin ich ja ein Verfechter der Idee, dass ein Remake durchaus Sinn machen kann, wenn es etwas Neues zum Original hinzufügt oder einen anderen Ansatz bei der Erzählung der Geschichte findet. Das was Hollywood sich hier allerdings geleistet hat ist von vorne bis hinten misslungen. Einzig und alleine die Galeerensequenz, die komplett aus der Sicht des im Bauch des Schiffes gefangenen Ben Hur gezeigt wird ist einigermaßen originell, der Rest wirkt wie eine Art Readers Digest Version des Stoffes, zusammengefasst von jemandem, der keinerlei Verständnis dafür hat, was das Buch eigentlich erzählen wollte und dem die Figuren komplett egal waren.

benjesusAls wäre das Drehbuch noch nicht beleidigend genug gibt es auch noch furchtbare Anachronismen (schicke Stretchhosen hatten die Jerusalemer Damen damals und auch die Jeans der Männerwelt sind durchaus modern), eine lächerlich klischeehafte Darstellung des Jesus von Nazareth und das Wagenrennen erzeugte während der Vorführung bei mir nahezu einen Lachkrampf. Nicht nur, dass die letzte Runde aus (ich hab mitgezählt) 8 Kurven bestand, zusätzlich steht auch noch Morgan Freeman am Rande der Arena und ruft seinem Schützling immer Tipps zu, wie er sich denn jetzt zu verhalten hat, was der gute Ben dann natürlich auch prompt umsetzen kann.

Ich bin nun wirklich kein tiefreligiöser Mensch, aber speziell „Ben Hur“ ist sowohl in Buchform als auch bei den beiden großen Verfilmungen ein Stoff, der davon erzählt wie sein Hauptcharakter sich von einem von tiefem (und verständlichem) Hass geplagten Menschen, durch die Begegnung mit diesem Tischler aus Nazareth, in jemanden verwandelt der das Gute im Menschen sieht. Seine Geschichte läuft normalerweise parallel zur Lebensgeschichte des Jesus aus der Bibel – anfangs im selben Ort und nach einer Odyssee und vielen charakterbildenden Abenteuern am Ort des Todes, an dem die Läuterung erfolgt. DAS ist das Herz der Geschichte, dass in der neuen Version zwar teilweise visuell noch vorhanden ist, aber komplett sinnlos erscheint, da der Charakter Ben Hur hier keiner mehr ist.

Man hat hier – um den Film auf eine Laufzeit von 120 Minuten zu bringen – nicht das Fett sondern das Fleisch der Geschichte abgetrennt. Nun könnte man sagen, das ist ein Film für eine junge Generation, die die Geschichte nicht kennt und mit den alten Klassikern nichts anzufangen weiß. Wenn das so geplant war, dann hat auch das nicht funktioniert, denn ich habe während der Pressevorführung neben einem jungen Youtuber gesessen, der tatsächlich Ben Hur nur vom Hörensagen kannte und dieses neue Werk nachher als „durchschnittlichen Sandalenfilm“ (Review hier) bezeichnet hat.

Für mich ist er selbst das noch nicht einmal – da guck ich mir ja noch lieber den „Kampf um Rom“ an.

 

Tobis View

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