Spiralized (2012)
PROLOG In der schwarz-weißen Welt des Filmes bekommt eine junge unbekleidete blonde Frau einen Anruf. Eine unheimliche Stimme am anderen Ende zwingt sie den Fernseher einzuschalten. Nach einigen Sekunden weißen Rauschens erscheint eine farbige Spirale auf dem Bildschirm die sich im gesamten Zimmer ausbreitet. Die juge Frau kniet sich vor den Fernseher und in der grün glühenden Spirale wird der Titel des Filmes lesbar. EBENE 1 Eine kleine Eifersuchtsgeschichte zwischen einer jungen Frau und ihrem Freund, der lieber Zeit mit seinem kiffenden und Horrorfilme guckenden Kumpel verbringt als mit ihr, leitet uns tiefer in die Spirale. Sie ruft ihre Schwester an, um ihr Leid zu klagen und verstummt plötzlich, da sich ihr Fernseher selbsttätig einschaltet. Eine bunte Spirale erscheint auf dem Bildschirm, breitet sich im ganzen Zimmer aus und ein pulsierendes Geräusch wird hörbar. Sie beginnt sich auszuziehen und ihre Brüste zu streicheln. Am nächsten Morgen erscheint die Schwester bei dem Kifferkumpel, weder ihre kleine Schwester, noch ihr Freund haben sich nochmals bei ihr gemeldet und sind auch nicht erreichbar. Die beiden machen sich auf um nach dem Rechten zu sehen. In der Wohnung finden sie den jungen Mann in einer großen Blutlache liegend vor. Ehe sie sich noch von dem Schock erholt haben taucht die kleine nackte Schwester auf und tötet den Kiffer. EBENE 2 Tote Männer liegen wild verteilt auf den Straßen herum….
Wie man leicht aus dieser Zusammenfassung der ersten 10 Minuten des Filmes erkennen kann, handelt es sich bei „Spiralized“ nicht um einen normalen Amateur-Horrorfilm aus deutschen Landen. Der Film von Wochenendregisseur (eigene Aussage) Christian Jürs ist größer, ambitionierter und – trotz nacktem Fleisch und der ein oder anderen blutigeren Einstellung – subtiler als das Meiste, was dem Zuschauer normalerweise von Amateuren vorgesetzt wird. Parallel laufende Handlungsstränge, glaubhafte Dialoge von „lebendigen“ Charakteren, eine eher große sich anbahnende Katastrophe und ein wirklich überraschendes (und logisches) Ende zeichnen diesen 34-minütigen Kurzfilm aus. Stilistisch bewegen wir uns hier auf einer nahezu „trippigen“ Ebene, die ruhigen Schwarz-Weiß Bilder werden immer wieder vom Auftauchen der farbigen Spirale unterbrochen, die zusammen mit der perfekten Tonuntermalung fast schon einen Rauschzustand beim Zuschauer erzeugt. Jürs geht hier – wie auch in seiner Kurzfilmkompilation „Dark Footage“ (Review hier) – wieder einmal mehr nicht den einfachen Weg sondern präsentiert wieder eine andere Seite seiner überschäumenden Kreativität. Kein Wunder also, das dieser Film zusätzlich auch mit seinen (bisher noch nicht erhältlichen) Werken „Wer anderen eine Grube gräbt“ (2001/2015) und „Raw Footage 2“ (2016) locker zusammenhängt und somit den Grundstein für eine Art „Jürsiversum“ legt. Aber natürlich ist nicht alles Gold was glänzt und so finden sich natürlich auch in „Spiralized“ einige Ansätze für berechtigte Kritik. Speziell was die Qualität der schauspielerischen Leistungen der Darsteller betrifft muss man hier natürlich Abstriche machen, was allerdings verständlich ist, da der Name seiner Produktionsfirma „No Budget Production“ nicht von ungefähr stammt. Aber was ihm und seinem Team an Geld fehlt wird durch Herzblut wettgemacht. Alle scheinen zumindest mit Freude bei der Sache zu sein und so stört es nur wenig, wenn manche der Dialoge wie abgelesen wirken und manche der Reaktionsshots deutlich nach „Was muss ich jetzt machen? Ach so…“ aussehen. Hier rettet die gute Kameraarbeit, die nahezu perfekte Audiomischung und der saubere Schnitt zwar einiges – so ganz kann der Film aber nicht verleugnen, dass er eine Amateurproduktion ist. Aber – verdammt – wenn er es schafft mich für 34 Minuten komplett zu fesseln und mich selbst deutliche Probleme nicht aus dem Filmerlebnis herausreißen, dann ist der Film es wert gesehen zu werden. „SPIRALIZED“ könnt ihr Euch ab sofort für 3,99 € bei „German Indies“ ansehen (Link siehe unten). Falls euch das als zu teuer erscheint, dann denkt bitte mal kurz darüber nach, dass durch diese Art der Verbreitung ein Großteil der Einnahmen direkt an den Regisseur gehen und es diesem dadurch ermöglicht wird, weiter zu arbeiten und vielleicht demnächst auch mal mit einem vernünftigen Budget zu kalkulieren und er nicht mehr an allen Ecken und Kanten Kompromisse eingehen muss. Zusätzlich unterstützt ihr natürlich auch das Projekt „German Indies“, dass sich gerade in der Aufbauphase befindet, mit einem kleinen Teil Eures Einsatzes.
NACHBEMERKUNG: Natürlich wird es dem ein oder anderen Leser aufgefallen sein, dass es sich beim Regisseur des Filmes um einen der Hosts unseres Podcasts handelt, aber ehe mir jetzt jemand Befangenheit vorwirft – ich war in meinen Reviews schon immer ehrlich und bin jetzt seit mehr als 30 Jahren Filmkritiker. Wäre ich nicht total überzeugt von dem Film (und auch vom German Indies-Projekt) hätte ich wahrscheinlich eher keine Zeile dazu getippt. ;) |
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