Mara and the Firebringer (Deutschland 2015) Regie/Buchvorlage: Tommy Krappweis Musik: Andreas Lenz v. Ungern Sternberg, Dominik Schuster Historische Beratung: Professor Rudolf Simek Darsteller: Lilian Prent, Jan Josef Liefers, Esther Schweins, Christoph Maria Herbst, Eva Habermann
Die 15-jährige Titelheldin des Filmes (Lilian Prent) hat einige Probleme – für die meisten allerdings ist ihre, um es mal nett zu sagen, esoterisch angehauchte Mutter (Esther Schweins) verantwortlich. Zusätzlich hat Mara aber auch noch seltsame Visionen, in denen sie von mittelalterlich gekleideten Menschen angegriffen wird. So überrascht es sie auch nicht sonderlich, als sie – nach einem Baumbesprechseminar – von einem lebenden Zweig mit der Stimme von Oliver Kalkofe angesprochen und darüber informiert wird, dass es ihre Aufgabe ist die Welt vor der Befreiung des Halbgottes Loki und dem damit verbundenen Ragnarök zu bewahren. Nachdem der Zweig ihr eine Möglichkeit aufgezeigt hat, in die Vergangenheit und die Welt der Mythen und Sagen zu reisen, sucht sich Mara einen Geschichtsprofessor (Jan Josef Liefers) zur Unterstützung und begibt sich auf ein irrsinniges Abenteuer, in dessen Verlauf sie unter anderem auch Siegfried und dem Lindwurm begegnet. Die Arbeiten von Tommy Krappweis sind ein Beweis dafür, dass Talent hier in Deutschland tatsächlich manchmal auch noch eine Chance bekommt. Erstmals aufgefallen ist er mir als Mitglied des Teams von „RTL Samstag Nacht“ (1993-1998) wo er ab der dritten Staffel mitwirkte. Schon damals war er aber auch eher hinter den Kulissen tätig und schrieb und drehte etliche Einspieler der Serie. Krappweis bekannteste Schöpfung dürfte aber „Bernd das Brot“ sein, eine Puppenserie, deren trockener und nerdmässiger Humor auch viele Erwachsene immer wieder den KiKa einschalten lässt – speziell nach dem offiziellen Sendeschluß, denn dort laufen die sogenannten Nachtschleifen, 10 – 20-minütige Specials, in denen das Kastenbrot immer wieder in herrliche Film- und Serienparodien geworfen wird. Auch sein autobiographisches Buch „Im Vorzelt der Hölle“ in dem er von den Urlaubsreisen mit seinem übersportlichen Vater erzählt war ein großer Erfolg und ist ein „Must Read“ für Leute mit einem etwas absonderlichen Humor. „Mara und der Feuerbringer“ basiert auf dem gleichnamigen ersten Band seiner Fantasy-Trilogie für Jugendliche, die er in den Jahren 2009 – 2011 veröffentlichte. Die Bücher überraschen mit detaillierten Schilderungen einer Fantasy-Welt, die zu großen Teilen auf dem deutschen Sagen- und Mythenschatz beruht und für deren historische Genauigkeit der Autor nicht nur jahrelang zuvor recherchierte sondern sich mit Professor Rudolf Simek auch noch einen Spezialisten für Germanistik ins Boot holte, der nicht nur als Berater fungierte sondern auch die Vorlage für den Charakter des Professors wurde. So war es auch kein Wunder, dass Krappweis mit der Idee die Bücher zu verfilmen nicht auf taube Produzentenohren stiess. Mit 6,5 Millionen €uro Budget stand dem Team natürlich nur ein Bruchteil einer vergleichbaren US-Produktion zur Verfügung, für einen deutschen Jugendfilm ist das trotzdem eine überraschend hohe Investition, die es Krappweis ermöglichte sozusagen aus dem Vollen zu schöpfen. So konnte er zum Beispiel bei der Besetzung komplett auf seinen Geschmack zurückgreifen und besetzte neben der Hauptrolle, die der Newcomerin Lilian Prent zufiel, selbst die kleinsten Figuren erstklassig. Hier stechen vor allem Jan Josef Liefers als der halbwegs verrückte Professor und Christoph Maria Herbst als der, nahezu den ganzen Film über an seinen Straffelsen gefesselte, Loki ins Auge. Außerdem darf Esther Schweins, die man in den letzten Jahren doch eher in ernsten Rollen gesehen hat, wieder einmal ihr komödiantisches Talent beweisen und Eva Habermann zeigen, dass die 20 Jahre seit „Lexx – the dark zone“ scheinbar spurlos an ihr vorbeigegangen sind. Auch in Sachen Spezialeffekte liess man sich nicht lumpen – die Fantasy Sequenzen des Filmes erreichen natürlich nicht die Qualität aktueller Hollywood Blockbuster, überzeugen aber mit Glaubhaftigkeit und einem einheitlichen Stil. Ebenso erwähnenswert ist noch, dass sich der Film, bei aller oberflächlicher Vergleichbarkeit mit internationalen Werken, tatsächlich wie ein deutscher Film anfühlt, was zum großen Teil natürlich daran liegt, dass er sich sehr stark an der germanischen Sagenwelt orientiert, zum anderen aber auch daran, dass der Humor tatsächlich ebenfalls deutsche Wurzeln hat. Das ist in keinster Weise negativ gemeint, denn im Gegensatz zur allgemeinen Meinung gibt es das Phänomen deutscher Humor tatsächlich. Maras Mutter ist eine herrliche Parodie auf deutsche Alt-Ökos, die im Gegensatz zu der politischen Partei, die aus ihren Kreisen erwachsen ist, in der Turnschuh- und Wollpullover-Phase hängengeblieben sind und sich anstatt sich den modernen Zeiten anzupassen in der Phantasiewelt der Esotherik mit Baumumarmungen und Zuckerkügelchen statt Medikamenten hängengeblieben sind. Der von Liefers dargestellte Professor hängt noch eine Generation dahinter fest, ist so sehr in seinem Forschungsgebiet verhaftet, dass er kaum zu normalem Smalltalk fähig ist und erweist sich gerade durch seine Skurillität als ein interessanter Gegenpol zur sehr modernen Heldin. Der ganze Film ist zusätzlich – wie es bei Krappweis zu erwarten war – durchzogen von einem sehr trockenen Humor und verzichtet wohltuend auf den, gerade im deutschen Kinder- und Jugendfilm üblichen, Klamauk und Slapstick. Wahrscheinlich aber war auch genau das der Grund, warum er an den Kinokassen floppte und bei seinem kurzen Kinorun gerade einmal ein zehntel seiner Produktionskosten einspielen konnte, was natürlich auch die geplanten Fortsetzungen direkt gestoppt hat. Typisch deutsch - auf der einen Seite wird immer darüber gejammert, dass sich niemand traut mal eine originelle und größere Genreproduktion zu starten und wenn dann mal ein Film wie „Mara“ gedreht wird, kontert man mit „Das ist ja deutsch, das guck ich mir nicht an“. Schade...aber so sind wir Teutonen nun mal.
dia
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