Ben, o Rato Assassino
Regie: Phil Karlson Vorlage: Stephen Gilbert Drehbuch: Gilbert Ralston, Stephen Gilbert Darsteller: Lee Montgomery, Rosemary Murphy, Joseph Campanella, Arthur O'Connell
“Start the day, oh come along now, Ben. Come on out, before I count to ten. Danny singt Ben einen seiner vielen Songs vor
Eigentlich müsste ich „Ben“ lieben. Zum einen, weil ich Ratten mag und zum anderen weil es sich tatsächlich um eine „echte“ und somit zumindest einigermaßen glaubhafte Fortsetzung handelt. So sehen wir nun also gleich zu Beginn die letzten 5 Minuten von „Willard“ nochmal – und da beginnen meine Probleme mit dieser rattigen Fortsetzung. Wir erinnern uns gerne an das brillante Zusammenspiel von Bruce Davison und dem Ratterich Ben, der nach einer stumm geführten Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Rattengift mit dem Tod des Zweibeiners endete. Wir erinnern uns – um ganz genau zu sein – gerade mal ein Jahr nach dem Kinostart wahrscheinlich noch sehr genau an diese Szene und es hätte sicherlich auch gereicht uns einen Zusammenschnitt zu präsentieren. Zumindest hat man es bei den Ausschnitten bei der Musik von Alex North belassen und uns nicht direkt mit dem bereits im Menu der BluRay erklingenden Michael Jackson Song (dazu später mehr) gequält. Der eigentliche Film beginnt dann mit einer Kranfahrt über eine Gruppe von Schaulustigen, die vor dem Haus des ziemlich angenagten Willards tatsächlich lustig schauen. Das äußert sich dadurch, dass sie regungs- und mimiklos dastehen, während die Kamera an ihnen vorbeigleitet. Die Fahrt endet auf zwei betrenchcoateten Herren, bei denen es sich offensichtlich um zivile Polizisten handelt. Zwischen ihnen ein, mit einem Mark Twain artigen Bart ausgestatteter Pressemann, der die beiden fortan von Tatort zu Tatort begleiten wird. Ebenso in der Gruppe finden sich noch Danny (Lee Montgomery), ein herzkranker und vaterloser Junge, der zusammen mit seiner Mutter, die irgendein nicht näher beschriebenes Geschäft führt, und seiner bildhübschen Schwester, die sich als Malerin betätigt in einem der Nachbarhäuser wohnt. Ehe sich Danny nun – wenig überraschend – mit Ben anfreundet, haben wir noch Zeit ihn und seine Lebensumstände genauer kennen zu lernen. Es handelt es sich bei ihm um ein Kind ohne Freunde, allerdings auch um einen von einem durchaus kreativen Geist beflügelten Menschen, der in seinem riesigen Hobbyraum nicht nur ein komplettes Marionettentheater (für das er anscheinend sowohl die Figuren selbst bastelt als auch die Stücke schreibt) und eine Eisenbahnanlage hat, sondern der auch abends zur allgemeinen Erbauung am Flügel im Wohnzimmer mal Songs für Michael Jackson komponiert. Leider ist es mit seiner Allgemeinbildung nicht so weit her und so kann er – selbst nachdem Ben und seine Rattengang bereits einen Supermarkt und ein Sportstudio voller dicker 70er Jahre Frauen überfallen haben - an deren Verhalten nichts außergewöhnliches feststellen. Selbst als der „Bad Cop“ ihn im Beisein seiner Mutter grillt und obwohl der „Good Cop“ mit Engelszungen versucht den Wohnort seines Rattenfreundes (überraschenderweise in der Kanalisation) herauszufinden – während der Pressevertreter stumm in der Ecke herumsteht – hält Danny dicht, so daß zum Finale hin eine ganze Menge Polizisten, Kanalarbeiter und sonstige städtische Bedienstete sich vorsichtig schreiend auf dem Boden herumrollen, um die deutlich auf ihnen befestigten Ratten nicht zu gefährden. Aber mal ernsthaft, storytechnisch hat „Ben“ tatsächlich so gut wie nur ein aufgeblasenes Nichts zu bieten und die Frage, ob sich die Wahl eines vor allem für seine Filme der „schwarzen Serie“ bekannten Regisseur sinnvoll war, beantwortet sich schon in der ersten Szene des Filmes negativ. Sicherlich wäre eine solche Eröffnungsszene nach einem – sagen wir mal – Familienmassaker mit mehreren Toten oder einer ähnlichen Katastrophe glaubhaft, aber eine solche Ansammlung von bis auf den Tod schockierten Menschen vor einem Haus, IN dem es zu EINEM nicht näher erläuterten Todesfall gekommen ist ist schon recht fragwürdig.
„Lass uns mal zum Haus der Styles rübergehen.“
Die Freundschaft zwischen dem Jungen und der Ratte wird ähnlich langsam aufgebaut wie im ersten Film, leidet hier aber darunter, dass Danny zwar tatsächlich etwas seltsam ist, aber abgesehen davon, dass er keine Freunde und eine Narbe auf der Brust hat, keinerlei Charakterisierung verpasst bekommt. Sicher, er ist kreativ und kann nicht singen (was er in drei sehr langen Szenen beweist), aber seine Szenen mit den Ratten bestehen halt daraus, dass er offensichtlich mit ihnen und für sie spielt. Weder hat er was mit den Attacken und Raubzügen der Tiere zu tun, noch ist seine Anwesenheit bei der „Endlösung der Rattenfrage“ von Nöten. „Willard“ hingegen hatte die überprotektive Mutter und ihre Freunde, die dem Protagonisten illegaler Weise abgenommene Firma und den sadistisch sexistischen Chef Ernest Borgnine als Auslöser für Rachephantasien, die Willard dann mittels seiner Ratten auslebte. Er ging sozusagen mit den Ratten eine symbiotische Beziehung zu beider Vorteil ein. Streichen wir somit also Danny und seine Familie als Spannungsbogen des Filmes aus, haben wir zumindest noch die beiden Polizisten, die der Rattenbande (klingt wie etwas aus einem Edgar Wallace-Film) auf der Spur sind. Sie beweisen mehrfach die Unfähigkeit in ihrem Job, lassen schonmal Unbeteiligte am Tatort rumlungern oder befragen einen 6-jährigen mittels der altbekannten Good Cop/Bad Cop-Routine. Zusätzlich kommen sie erst nach endlos langen 60 Minuten darauf, dass sich die Ratten eventuell in der Kanalisation nahe der jeweiligen Tatorte verstecken könnten. Diese beiden Gestalten stammen deutlich aus den 40er oder 50er Jahren (wie erwähnt war Regisseur Phil Karlson eher für seine Beiträge zur schwarzen Serie bekannt), was auch erklärt warum ihr Erscheinen bei den an den Tatorten auftauchenden Zuschauern zu wort-und bewegungslosem Staunen führt. Damals galten Polizisten halt noch was. Auf der anderen Seite muss man ihnen zu Gute halten, dass sie zum Ende des Filmes doch noch tatkräftig eingreifen. Als nämlich die mit Flammenwerfern durch die Kanalisation streichenden Einsatztruppen, den Ratten zu unterliegen drohen, steigen die beiden selbst hinunter und sorgen alleine durch ein paar Funksprüche und ihre Präsenz für die nötige Organisation. Ein offenes Ende beschließt dann den Film und leitet uns in den Oscar nominierten Michael Jackson Song. Wir reden hier allerdings nicht vom Jacko der 80 Jahre sondern vom falsettigen 12-jährigen Michael, der die peinlich süße Ballade von der Freundschaft zwischen ihm und Ben auf seine unvergleichlich banale Weise herausquiekt. Neben seiner Erzählerfunktion auf dem „E.T.“-Hörspiel ist das wohl seine peinlichste Performance. Überzeugte der erste Teil noch durch seinen langsamen Aufbau, der durch große schauspielerische Leistungen getragen wurde und setzte die wenigen Szenen mit Rattenangriffen recht schockierend um, so versucht „Ben“ auf alle noch eine Schippe draufzulegen. Mehr Ratten, mehr Angriffe, mehr Action, mehr Spezialeffekte – dafür kann man dann auch schon Mal auf glaubhafte Figuren oder Spannung verzichten. Dabei sieht einiges von dem, was die Macher versuchten gar nicht so übel aus, speziell ein Angriff des Rattenheeres auf einen Supermarkt (deutlich von Kellog´s gesponsort) bietet einige nette Aufnahmen von sich im Paradies aus Cornflakessorten vergnügenden Ratten und ein paar Szenen in der Kanalisation sind auch recht imposant, aber – wie auch bei „Willard“ – habe ich hier das Problem, dass ich Ratten in keinster Weise als bedrohlich empfinde und zusätzlich anhand ihrer Bewegungen und Körpersignale gut erkennen kann, was diese Tiere gerade vorhaben. Dementsprechend kann man alle Tierschützer beruhigen, den Kerlchen ging es während der Dreharbeiten offensichtlich gut. In Sachen Effekte bekommt man hier einige Szenen mit einkopierten und handanimierten Ratten zu sehen, die allerdings glücklicherweise recht kurz gehalten sind. Einige schwache Rückprojektionen runden das Bild eines Schnellschusses dann leider auch noch ab. Schauspielerisch wird, wie oben ja bereits ersichtlich, hier leider auch nur Mittelmaß geboten. Zwar finden sich im Cast einige Charakterdarsteller aus den 50er und 60er Jahren, die offensichtlich aufgrund ihrer früheren Zusammenarbeit mit Regisseur Karlson dabei waren und auch die junge Meredith Baxter, die Dannys Schwester spielt ist bis heute noch ein gefragter TV-Star, aber Momente, in denen man an den Schauspielern hängen bleibt gibt es im Film keine. Auf der einen Seite schließt „Ben“ bei mir eine Filmlücke im 70er Jahre Horror-Bereich – das ATLAS Tape habe ich damals zur Kenntnis genommen, aber als zu dunkel und verschwommen des Weiteren ignoriert -, auf der anderen Seite ist der Film selbst nun auch tatsächlich nicht der Rede wert. Er funktioniert weder als Drama, noch als Horrorfilm und die Thrillerelemente sind weit gestreut. Zusätzlich stören seltsame Regieentscheidungen und offensichtlich nicht rechtzeitig fertig gewordene Szenen. So sieht man zum Beispiel bei der Attacke auf das FitnessCenter einige Damen, die sich deutlich vor dem Nichts erschrecken, dass scheinbar in der Nachproduktion auf den leeren Boden kopiert werden sollte. Alleine für den Film lohnt sich der Kauf also nicht, wie sieht es denn mit dem Rest aus?
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