(Deutschland 1964) Drehbuch: Herbert Reinecker Darsteller: Joachim Fuchsberger, Heinz Drache, Sophie Hardy, Siegfried Lowitz, Eddi Arent, René Deltgen
Hallo, hier spricht Edgar Wallace...
Versucht man heute sich einen groben Überblick über die deutschsprachige Kinolandschaft in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zu machen, wird man auf den ersten Blick von Heimatfilmen, seichten Komödien und den sogenannten Sehnsuchtsfilmen, bei denen die Reise in den Süden ging, überflutet. Natürlich hatten diese Filme Erfolg und nach dem Gräuel des Weltkriegs hungerte der Zuschauer endlich nach einer "Heilen" Welt und so wurden Kriminalität, Mord oder dunkle, mysteriöse Stoffe kaum verfilmt. Das änderte sich aber spätestens 1959 als mit "Der Frosch mit der Maske" der erste von der Constantin produzierte Edgar Wallace Film in die Kinos kam und ein massiver Erfolg wurde, dem nicht nur 31 weitere Filmefolgten, sondern auch zahlreiche Konkurrenten und Nachahmer auf den Plan treten ließ. Zwar wurden auch bereits vor dem 2. Weltkrieg Filme nach den vielfach besonders in Deutschland gelesenen Büchern gemacht aber diese waren eher sporadisch und nicht sonderlich erfolgreich. Erst als der damalige Constantin Chef Wilfried Barthel auf einer Londonreise Guy Hamiltons Version von "Der Würger kommt um Mitternacht" sah, regte sich Barthels Spürnase und er veranlasste die Sicherung der Filmrechte und den Drehstart. Und damit begann die langlebigste Filmreihe der deutschen Kinogeschichte, die sogar die ebenfalls von der Constantin realisierten Karl May Filme hinter sich ließ. Schaut man die Filme heute in chronologischer Reihenfolge merkt man, dass die ersten Filme oft als Experimentierkasten der Filmemacher dienten. Wie viel Gewalt, Spannung, Humor und Action konnte man dem Zuschauer zumuten? Alles Aspekte, die es galt auszuprobieren. Horst Wendlandt trat dann ab 1961 als Produzent in Erscheinung und führte ab da die Reihe von Höhepunkt zu Höhepunkt. "Der Hexer" von 1964 gilt heute als das Paradebeispiel für die frühe Phase der Reihe, die noch in stilvollem Schwarz Weiß gedreht wurde. Hier zunächst der Inhalt: Gwenda Milton, die Schwester vom sogenannten "Hexer", der vor mehreren Jahren einige Kriminelle in den Tod getrieben hat und in Australien untergetaucht ist, wird ermordet in der Themse gefunden. Nun fahndet nicht nur Scotland Yard nach dem Mörder, sondern auch der Hexer sinnt auf Rache. Nebenbei tritt auch noch der pensionierte Inspektor Warren auf den Plan, der vor Jahren als einzigen den Hexer zu Gesicht bekam. der Hexer ist bekannt dafür, in verschiedenen Masken aufzutreten. Die Ehefrau des Hexers erscheint in Begleitung in London. Scotland Yard deckt im Umfeld des Arbeitsplatzes der Ermordeten einen Ring von Mädchenhandel auf. Nach vielen Verwirrungen, Verwechslungen und Verfolgungsjagden wird am Schluss das Verbrechen aufgedeckt und auch der Hexer gestellt. Oder doch nicht? Dieser Film hat tatsächlich alle "benötigten" Elemente eines Wallaces: Unheimliche, mysteriöse Szenen und Drehorte, den findigen Scotland Yard Inspector (hier sogar mehrere), Morde mit außergewöhnlichen Waffen oder Geräten, falsche Verdächtige, freiwilligen und unfreiwilligen Humor zum Durchatmen und die große Enthüllung am Schluß. Keiner der Filme aus der Reihe ist sonderlich gut gealtert, aber die zeitliche Perspektive ihrer Entstehung stets im Auge zu behalten hilft sehr beim Genießen der Streifen. Handwerklich stets solide, mit einem wiederkehrenden zuverlässigen Schauspielerensemble und mit dem gewissen Hang zur Überspitzung und Selbstironie bleibt dieser Film trotzdem ein Klassiker der deutschen Filmgeschichte. Frank Rinsche
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