The Return of Dias Giftspritze Anime-Abzocke
Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, muss ich wahrscheinlich erst einmal erklären, was ein Anime ist. Es handelt sich bei dieser japanischen Spielart des Zeichentrickfilmes um bewegte Umsetzungen der landestypischen Comics (japanisch: Manga). Ebenso wie ihre Vorlagen kommen sie in den verschiedensten Varianten und Spielarten daher. Von auf 13 Folgen ausgedehnten Liebesgeschichten über Serien mit seltsamen Piraten in fliegenden Luftschiffen, die schon Mal 300 Episoden umfassen können, ist eigentlich alles möglich. Ebenso verhält es sich mit den Zeichenstilen und dem Aufwand der diversen Produktionen. Hierzulande interessiert sich leider niemand für diese japanischen Comicverfilmungen, kaum jemand weiß überhaupt, dass sie existeren, auf dem DVD/BluRay-Markt oder gar im Fernsehen findet man nichts von diesen Produktionen. Im allerbesten Fall wissen einige Studenten der Japanologie oder eingewanderte, bzw. hier arbeitende gebürtige Japaner überhaupt, etwas mit Begriffen wie „One Piece“, „Legend of the Overfiend“ oder etwa „Sailor Moon“ anzufangen. So, jetzt aber mal ernsthaft – natürlich ist jeder Leser zumindest ein paar Mal mit japanischer Animation in Berührung gekommen. Sei es nun in Kindertagen mit Serien wie „Heidi“, „Wicki“ oder „Captain Future“ oder als Jugendlicher/Erwachsener durch die Filme von Hayao Miyazaki oder großartige Werke wie „Akira“. Seit den frühen 70ern ist Japanimation aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenken und seit den späten 80ern tauchen auch einige Filme mal auf der großen Leinwand auf. Für Serien gibt es komplette Sender wie ANIMAXX und wenn man nur ein wenig bei Netflix oder Amazon Prime sucht, kann man sich wochenlang mit relativ aktuellem Stoff versorgen. Dann gibt es natürlich noch die Sammler, die sich ihre Lieblingsserien ins Regal stellen wollen und auch die werden hierzulande eigentlich – zumindest was die Menge der Veröffentlichungen betrifft – sehr gut versorgt. Eine Suche nach „Anime-Serie“ bei Amazon ergibt mehr als 3.500 Treffer, so dass es eigentlich jedem Interessierten möglich sein sollte sich eine schöne und umfangreiche Sammlung zuzulegen – zumindest jedem mit nahezu unerschöpflichen Geldvorräten. Hierzulande kann es nämlich schon mal (ja, das ist ironisch gemeint) vorkommen, dass man beim Interesse an einer Serie einen Minutenpreis von 50 Cent hinlegen muss. So geschehen zum Beispiel erst im letzten Monat mit der Veröffentlichung der ersten vier Episoden von „Shirobako“ (Review hier) für die man, bei ungefähr 80 Minuten Laufzeit lockere 40 € hinblättern darf. Da ist eine Veröffentlichung wie „Overlord“ (Review hier) die immerhin 13 Episoden, mit einer Nettolaufzeit von je 20 Minuten, für nur 105 € bietet, ja schon fast ein Schnäppchen. Wenn man jetzt vielleicht denkt, das wären nur Ausnahmen, dann sollte man sich die eben bei Amazon gestartete Suche noch einmal genauer ansehen, denn diese Art der Preispolitik ist zumindest in Deutschland gang und gäbe. Spricht man Verleiher darauf an, bekommt man das übliche Gejammer von hohen Lizenzkosten, wenigen Interessenten und – natürlich – die Geschichte von den bösen Anime-Fans zu hören, die sich die Serien lieber kostenfrei im Netz ansehen, anstatt wie gutes Geldvieh zwei bis drei Jahre auf eine stückchenweise Veröffentlichung zu warten. All diese Argumente lassen sich relativ leicht widerlegen, also machen wir das doch einfach.
Sicherlich werden die Serien nicht für einen Appel und ein Ei angeboten, denn dafür sind sie einfach tatsächlich zu populär. Weltweit verkauft sich Japanimation wie geschnitten Brot, was höchstwahrscheinlich daran liegt, dass die Serien kein kleines und spezifisches Zielpublikum haben, sondern es wirklich für jedes noch so abstruse Interessengebiet passende Veröffentlichungen gibt.
Da mögen die Verleiher sogar teilweise recht haben, wenn es um Spezialgebiete wie zum Beispiel „schwule Hockeyspieler“ oder „romantische Pädophilie“ geht (ja, das gibt es alles auf dem Markt). Aber bei einer Serie wie z.B. der oben erwähnten „Shirobako“ die, laut Aussagen unseres eigenen Reviewers, „...für jeden da...(ist)...und dementsprechen viele in ihren Bann ziehen wird“ eine Veröffentlichung von je 4 Episoden pro Ausgabe zu einem absoluten Wucherpreis anzusetzen, ist mit dieser Begründung nicht haltbar. Zusätzlich sollte man auch nicht vergessen, dass die meisten Comicshops hierzulande nur noch / oder überhaupt existieren können, da sich Mangas hier sehr gut absetzen lassen. Darauf komme ich später aber nochmal zurück.
Ja, es ist wirklich sehr einfach auf Youtube und Co. viele der aktuellen Anime-Serien kostenfrei zu schauen. Dafür braucht man noch nicht einmal gut japanisch zu können, die meisten sind bereits ein halbes Jahr nach der japanischen TV-Ausstrahlung zumindest mit englischen Untertiteln verfügbar. Wenige Monate danach existiert dann zumeist auch eine deutsche Untertitelung und ungefähr 2 Jahre nach der Ausstrahlung sind die ersten deutschen Fan-Dubs fertig, die die riesige Community mittlerweile in Studio-Qualität und sehr guter Sprecherqualität erstellt.
Interessant an den drei Punkten oben ist vielleicht auch noch, dass ich nicht nur jeden einzelnen komplett wiederlegen konnte, sondern jedes meiner Argumente gleich zwei davon zunichte macht. Sind wir doch mal ganz ehrlich, was hier getrieben wird ist einfach und dreckig Geldmache und solange das Schlachtvieh noch durch den Schlamm zum Bozenschußgerät trabt, brauchen wir keine Wiese zu pflanzen. Würde es anders funktionieren? Sagen wir mal, die erste Staffel „Shirobako“ erscheint mit den kompletten 22 Episoden in einer schicken Box mit 3 oder 4 DVDs und kostet komplett 39,95 €. Sicherlich, von diesen Boxen müsste der Publisher 6 Mal so viel verkaufen um den gleichen Umsatz zu haben, aber würde er das nicht ohnehin? Man braucht doch nur an einem sonnigen Samstag offenen Auges durch die Innenstadt zu gehen und man sieht, wie gering das Interesse an Manga und Anime hierzulande ist. Grüppchen mehr oder weniger toll aufgebrezelter Cosplayer trifft man an jeder Ecke, in jedem Park (zumeist bei Fotosessions) und – vor allem – in den diversen Comicshops, deren Verkäufer mittlerweile auch nicht mehr aus superheldenverehrenden fetten Nerds rekrutriert werden, sondern nach und nach von buntgekleideten und bemalten Mädchen im Alter von 15 – 28 ersetzt werden. Wären das nicht alles potentielle Käufer, die vielleicht bei einer vernünftigen (oder besser normalen) Preispolitik eher zuschlagen würden? Bei den Mangas hat das doch auch funktioniert – diese wurden hier auch zuerst recht teuer und teilweise verkehrt herum gedruckt (japanisch liest man schließlich von rechts nach links) angeboten. Erst eine Umstellung auf das Originalformat und eine (damals) sehr gewagte Preispolitik, haben japanische Comics zu einer Geldmaschine werden lassen, die die zwei führenden Comicverlage nahezu alleine am Leben erhält. Sorry, aber solch eine Abzocke kotzt mich an und das obwohl ich nun wirklich kein Anime- oder Manga-Fan bin. Zumal man auch nicht vergessen sollte, dass der harte Kern der potentiellen Käufer aus jungen Leuten besteht, die als erste Zahl ihres Alters noch keine 2 stehen haben. Hier wird nicht der bekloppte Filmfreak um die 40 abgezockt, der auch schon mal für einen Film, den er schon 5 Mal im Regal stehen hat, einen Hunderter hinlegt nur weil da noch eine hübsche Plastebüste als Staubfänger beiliegt. Hier geht man ganz gezielt auf junge Leute los, deren finanzielle Zukunft noch nicht gesichert ist und die dadurch – logischerweise – in die Halblegalität der Streaming-Portale abwandern. Das zumindest könnte man verhindern, wenn man ihnen die Möglichkeit gäbe kostengünstig an ihren „Stoff“ zu kommen. Ergo wäre eine normale Preispolitik auch noch eine Möglichkeit das weitere Abdriften der Jugend in die Kriminalität zu verhindern. Denn wer heute illegal Mangas guckt, der wird vielleicht irgendwann illegal Horrorfilme im Netz gucken und vielleicht sogar über verbotene Filme stolpern. Wollt ihr das wirklich liebe Anime-Publisher?
dia
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