Angriff der Riesenkralle (1957) The giant claw Regie: Fred F. Sears Produzent: Sam Katzman Spezialeffekte: Ralph Hammeras Drehbuch: Samuel Newman Darsteller: Jeff Morrow, Mara Corday, Morris Ankrum
Manche Filme muss man einfach lieb haben.
„The Giant Claw“ liebte ich bereits seit der Zeit, in der ich ihn nur von, in englischen Magazinen und Büchern abgedruckten, Bildern kannte. Im Zuge einer Art filmjournalistischer Selbstgeisselung las ich nämlich bevorzugt über Filme, die den deutschen Markt nicht – oder nur in Teilen – erreichten. Die komplette Kralle bekam ich dann irgendwann Mitte der 80er erstmals zu sehen, als eine von einem US-TV mit einer Pal-Kamera abgefilmte VHS-Kopie. Wer sich mit den technischen Begebenheiten nicht so auskennt, dem sei erklärt, dass sich bei dieser Art der „Schwarzkopie“ ein hellerer, ungefähr ein Bildviertel hoher, waagerechter Streifen immer schön von oben nach unten durchs Bild zieht, während die Helligkeit ohnehin sehr flackert. Es sind Erinnerungen wie diese, die einem zeigen, dass früher doch nicht alles besser war. Aber ich schweife ab... Mit den so schick in deutsch betitelten „Angriff der Riesenkralle“ legt ANOLIS einen lang gesuchten Klassiker in das Osternest der Freunde der absonderlichen Unterhaltung. Es handelt sich hierbei in erster Linie mal um einen typischen Vertreter des 50er Jahre Monsterfilms. Der kernige Testpilot/Wissenschaftler Mitch, gespielt vom wieder einmal großartigen Jeff Morrow, sieht bei einem Testflug ein „schlachtschiffgroßes“ UFO, aber niemand schenkt ihm Glauben, da auf dem Radar nichts zu erkennen ist. Doch bald häufen sich seltsame Sichtungen und später gehen auch Flugzeuge verloren. Relativ schnell stellt es sich heraus, dass es sich bei dem UFO um einen Riesenvogel aus dem Weltall handelt. Mitch wissenschaftelt nun mit Hilfe der Mathematikerin/Love Interest Sally, Mara Corday in einer überraschend selbstbewussten Frauenrolle, eine Lösung zusammen, um den, von einem Antimaterieschutzschirm geschützten, Vogel mittels einer Art Higgs-Boson Teilchen verwundbar zu machen. Offensichtlich ist das Drehbuch von Samuel Newman gespickt mit allen modernen Neuerungen, die die Wissenschaft damals auffahren konnte und selbst die Militärs kommen dieses Mal äußerst positiv weg und sind bereit mit den Zivilisten zusammen an einer Lösung zu arbeiten. Auch schauspielerisch gibt es kaum etwas zu bemäkeln. Unser Hauptdarstellerduo, beide ja damals schon fast Veteranen des phantastischen Filmes, ist sehr sympathisch, die Chemie zwischen ihnen stimmt und sie können auch wenn nötig richtig schön erschreckt gucken. Auch in den Nebenrollen finden sich bekannte Gesichter, wie zum Beispiel der ewige Militärbossdarsteller Morris Ankrum, der diesmal – wenig überraschend – einen General spielt. Wie man es von Columbias B-Film Schmied, dem Produzenten Sam Katzman gewohnt ist, ist der Film sehr unterhaltsam gestrickt und technisch ansehnlich. Leider hat man aus gründen der Kostenersparnis einige Abkürzungen genommen und so besteht ein großer Teil des Filmes tatsächlich aus Stock Footage anderer Katzman Produktionen wie zum Beispiel „Earth vs. the flying saucers“ oder „It came from beneath the sea“. Womit wir einen eleganten Schwenk in Richtung Spezialeffekte gemacht hätten, denn die beiden letztgenannten Filme sind ja nicht zu letzt wegen der Effekte von Ray Harryhausen im kollektiven Gedächtnis geblieben. Für Rays Stop Motion Meisterwerke war allerdings weder der finanzielle, noch der zeitliche Rahmen bei der Produktion von „The giant claw“ ausreichend. Trotzdem griff man zumindest für die Modellbauten und fotografischen Effekte auf einen echten Altmeister zurück und engagierte Ralph Hammeras, der bereits mit Willis H. O'Brien bei „The lost World“ von 1925 zusammen gearbeitet hatte. Dementsprechend bekommt man im letzten Drittel des Filmes doch einige sehr schöne Modellbauten zu sehen und auch einige der Flugzeugmodelle sind recht überzeugend. Sooooo – und jetzt kommen wir endlich zum Elefanten im Raum. Ich habe mein selbstgestecktes Ziel erreicht und 600 Worte über den Film verloren, ohne ES zu erwähnen. Natürlich ist es jedem, der diese Zeilen liest bewusst, dass „The giant claw“ weder wegen seiner tollen Story, noch wegen seiner guten Darsteller ein „Klassiker“ ist. Das Monster ist dann auch all das, was man aufgrund der Bilder erahnt hat und da, im Gegensatz zur letzten US-Version von Godzilla, in einer Katzman Produktion auch nicht „hide the monster“ gespielt wird, bekommen wir es nach 30 Minuten auch direkt mit allen Details präsentiert. In gefühlt stundenlangen Einstellungen dürfen wir nun der schlecht gebauten Marionette dabei zugucken, wie sie kreist, von links nach rechts durchs Bild gezogen wird, mit offenem Maul und rollenden Augen Falschirmspringer verschluckt, oder wenig beweglich auf toll gemachten Hochhausmodellen sitzt. Dabei handelt es sich dann auch noch um eine der häßlichsten Marionetten aller Zeiten, deren Schnabel schwer an den Klappmund des „Urmel“ erinnert. Generell ist die Augsburger Puppenkiste in Sachen Realismus allerdings diesem klapperigen Vogel, trotz seiner absurden Punkfrisur, haushoch überlegen. Sollte man dieses (oder besser die beiden unterschiedlich großen) Modell(e) mit einem Wort beschreiben, dann bliebe einem wohl nichts anderes übrig als SCHEISSE zu verwenden. Wie es dazu kommen konnte, dass so etwas auf die Leinwand gebannt werden durfte, darüber gibt es unterschiedliche Theorien, auf die in den beiden mitgelieferten Audiokommentaren genauestens eingegangen wird und die ich hier nicht weiter ausweiten werde. Ich tendiere aber eher zur anekdotischen Version von Dr.Rolf Giesen. Auf alle Fälle ist der Riesenvogel dermaßen einzigartig, dass er leider von der sonst recht guten Qualität dieses B-SciFi-Movies ablenkt, bei dessen Produktion sicherlich, außer den mit den Spezialeffekten beauftragten mexikanischen Technikern, keiner so recht wusste, gegen was er dort anspielen musste. ANOLIS präsentiert den Film wieder in einer mehr als nur angebrachten Version. Die Bildqualität der BluRay ist überraschend gut, es lassen sich keinerlei Hinweis auf Überfilterung und künstliche Bearbeitung des Bildes erkennen. Und auch wenn Dr. Rolf Giesen in seiner Einleitung darauf hinweist, dass man die Fäden an Marionette und Flugzeugen NUR in dieser Fassung so deutlich sieht, wage ich ihm da zu widersprechen, denn selbst in den bisher verfügbaren Versionen auf Youtube und Co. erkennt man deutlich, woran die unbeschreiblichen Modelle befestigt sind und womit sie in Bewegung versetzt werden. Interessant ist vielleicht auch noch, das man bei der Bearbeitung darauf geachtet hat, die Fehler im Material der diversen Stock-Footage-Aufnahmen (und davon gibt es wie gesagt viele) nicht zu bearbeiten und so dem damaligen Filmerlebnis sicher näher kommt. Der englische Ton ist erfreulich rauschfrei und klingt natürlich. Die deutsche Synchronisation stammt aus der in den 90ern erstellten RTL-Fassung und ist dementsprechend recht schwach auf der Brust und irgendwie „falsch“ klingend. Trotzdem muss man dem Sender immer noch dankbar sein, dass sie diese Perle damals endlich dem deutschen Zuschauer nahe gebracht haben. Was die Extras betrifft befinden wir uns – wie immer in der „Galerie des Grauens“ – natürlich auf der Gewinnerseite. Neben der interessanten Super8-Fassung, in der zusätzlich zum Dialog und dem schon im Film vorhandenen Erzähler, erklärende Untertitel noch eine weitere Ebene hinzufügen, gibt es noch die amerikanische und spanische Titelsequenz und den US-Trailer. Natürlich sind wieder zwei Audiokommentare am Start. Wie üblich der vom Kurator der Reihe (und bisher einzigem EVIL ED Ehrenmitglied;) )Dr. Rolf Giesen, der diesmal von Uwe Sommerlad und Ivo Scheloske unterstützt wird. Die beiden kommen aber eher von einer Gästeposition aus zu Wort, da Dr. Giesen wieder einmal mit seinem grandiosen Filmwissen über die B-Movies der 50er und speziell die Situation eines Monsterkids zu dieser Zeit hier in Deutschland, glänzen kann. Speziell seine Ausführungen über Sam Katzman haben mich sehr fasziniert und dafür gesorgt, dass ich mein altes B-Movie Buch nochmals rausgekramt habe. Wie bei allen Giesen-Kommentaren habe ich ihn dann auch, sozusagen als Podcast, unterwegs auf dem Handy gehört. Für den zweiten Kommentar trafen sich Ingo Strecker und Thomas Kerpen und dieses launige Gespräch ist wieder eher der Fan-Kommentar dieser Ausgabe, der sich auch näher am Film entlang bewegt und deshalb mit ihm zusammen genossen werden sollte. Ein prima Spaß, da die beiden auch ab und an mal ins Alberne verfallen. Ingo Strecker hat übrigens auch wieder das hinreißend illustrierte (ich liebe die nachcolorierten Aushangfotos) Booklet verfasst, das die Geschichte des Filmes noch einmal gut zusammenfasst. Es ist ja eigentlich überflüssig, das zu erwähnen aber das Ding ist ein KAUFBEFEHL für jeden, der 50er Jahre Science Fiction etwas abgewinnen kann. Schließen möchte ich noch mit einem Auszug aus dem Strecker/Kerpen Kommentar: (sorry, ich weiss nicht wer von Euch das war)
„...sieht aus, als habe jemand in den 50ern eine Parodie auf Sci-Fi-Filme der 50er gemacht!“
dia
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