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Krieg der Götter

(USA 2011)

Regie: Tarsem Singh

Drehbuch: Charley Parlapanides, Vlas Parlapanides

Darsteller: Henry Cavill, Mickey Rourke, Stephen Dorff, Freida Pinto, Luke Evans, John Hurt

 

 

immortals007Die griechische Mythologie ist schon etwas ganz besonderes. Die Geschichten um Göttervater Zeus, seine Liebschaften, die diversen unehelichen Söhne und Töchter und die Prüfungen, die ihnen auferlegt wurden um göttlichen Status zu erreichen, vermischten sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr mit realen Ereignissen und anderen Göttersagen, so daß heute wohl niemand mehr so wirklich die Urgeschichten zusammenbekommen kann. Seien es nun Odysseus, Herakles/Hercules, Perseus oder Theseus – auch auf der Leinwand griff man gerne und oft in den großen Sagentopf und mixte die bekannten Zutaten immer wieder mit dem Zeitgeist. So tauchte zum Beispiel im Original „Clash of the titans“ eine mechanische Eule auf, die schwer an R2D2 angelehnt war, Lou Ferigno durfte als Hercules gegen Robotmonster kämpfen und den großen Bären ins Weltall schleudern und in den diversen italienischen Sandalenepen vermischten sich christliche und mythologische Gestalten, dass Puristen die Halsschlagader anschwillt.

immortals004Dies nur als kleine Warnung vorab an die zwei Leute, die bei „Immortals“ eine Geschichtsstunde erwarten. Zumindest kann man aber sagen, dass das von zwei echten Griechen verfasste Drehbuch hauptsächlich echte Elemente aus den Heldenepen nimmt. In Kürze zusammengefasst folgen wir hier dem jungen Theseus (Superman, aehhh Henry Cavill), der mit seiner sterblichen Mutter in einem in eine Klippe gebauten Dorf wohnt, dass eines Tages vom bösen Hyperion (Mickey Rourke) überfallen wird, der auf der Suche nach einem magischen Zauberbogen ist, der es ihm ermöglichen kann die Titanen zu befreien. Kurzer Einwurf zur Backstory – noch vor der Götterwirtschaft auf dem Olymp hatten die Unsterblichen gewaltigen Krach untereinander und da sie sich logischerweise nicht wirklich umbringen konnten, wurden die Bösen – Titanen genannten – von Zeus und seiner Truppe tief in einer Höhle angekettet. 

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Dass sie in der Filmversion nun in einer Art übergroßem Kicker in einem Berg stecken nehmen wir mal so hin. Auf alle Fälle bringt Hyperion ganz persönlich Theseus Mutter um, was dieser widerum ebenfalls persönlich nimmt und sich nun daran macht seine Pläne zu durchkreuzen und ihn in die ewigen Jagdgründe zu befördern. Nach etlichen Schlachten und vielen Toten greifen am Ende natürlich die Götter ein und biegen alles zum sozusagen Guten.

Man sieht also, rein von der Geschichte her gibt es kaum einen Grund, den Film wirklich in den Player zu legen und auch was Spannung betrifft braucht man sich über abgekaute Fingernägel keinerlei Sorgen zu machen. „Immortals“ ist halt ein typischer Action-Blockbuster und in diesem Genre dem modernen Superheldenfilm ähnlicher als eine Geschichtsstunde im Stil von Troja oder einem Fantasy-Spektakel wie „Herr der Ringe“.

immortals001Allerdings ist er auch ein Film von Tarsem und dieser in Indien geborene Regisseur ist einer der wenigen modernen Filmemacher, die einen komplett eigenen und wiedererkennbaren Stil haben – und zwar ganz egal in welchen Genre er arbeitet. So war sein Kinoerstling „The Cell“ ein Thriller im Stil von „Sieben“, der allerdings optisch und von der Ausstattung her eher wie ein Bollywood-Film aussah, sein zweiter Film „The Fall“ eine Mischung aus Drama und Märchen in ähnlich überraschender Optik und auch seine Werke nach „Immortal“ (wie z.B. der köstliche „Mirror Mirror“ oder der Techno-Thriller „Self“) waren – ebenso wie seine diversen TV-Arbeiten immer deutlich als Tarsem-Werke erkennbar. Große Bauten, überstylisierte Bilder, viel wehender Stoff, eine ganz eigene Farbdramaturgie und immer wieder Bilder, die man am liebsten ausdrucken und als Poster an die Wand hängen möchte.

immortals005Und auch wenn sich „Immortals“ offensichtlich von der Farbpalette und der Anzahl der nackten männlichen Oberkörper - mit 6 – 8-Packs - her an Zack Snyders damals gerade populären „300“ orientiert so ist auch er ein echter Tarsem und erstickt fast in seiner eigenen Schönheit, selbst dann, wenn er deutlich häßliches wie das von Narben entstellte Gesicht von Bösewicht Mickey Rourke zeigt. Diese Selbstverliebtheit st es dann auch, die dafür sorgt, dass der Film eben nicht spannend, sondern „nur“ visuell beeindruckend daherkommt.

Zwei Punkte aber heben ihn deutlich über den sonstigen Fantasyfilm heraus, der uns seit „Herr der Ringe“ bekannt ist. Da ist zum erstem Mal der Einsatz des 3D-Systems (hier wieder einmal mehr Real 3D), dass hier tatsächlich für einen Mehrwert sorgt. Denn um es ganz ehrlich zu sagen hat mir der Fim beim ersten Sehen in keinster Weise imponiert sondern erschien mir eher wie ein 08/15-Werk, halt eine Auftragsarbeit eines damals gerade auf einer Welle der Popularität schwimmenden Regisseurs, der auf dem Weg in Richtung Blockbuster- Auftragskiller war. Nun allerdings, in der plastischen Fassung, erkannte ich die Stärke seiner Vision und seine eigene Handschrift viel deutlicher.

immortals009Sicherlich ist vieles von dem was sich auf dem Bildschirm (oder der Leinwand) abspielt deutlich vor einem Blue-Screen entstanden – im Gegensatz zu „The Fall“ hatte Tarsem hier keine 5 Jahre Zeit um für seine gewünschten Bilder um die ganze Welt zu reisen -, aber seltsamerweise stört das nicht sondern macht deutlich, dass diese Künstlichkeit der Bilder tatsächlich so gewollt ist, aber eben erst durch die Tiefenwirkung wie geplant funktioniert.

Der zweite Punkt ist der extreme Gewaltgrad des Filmes. Wo „300“ ab und an mal etwas Blut und das ein oder andere abgehackte Körperglied zeigte, präsentiert uns „Immortals“ eine wahre Orgie der Zerstückelung, lässt in einer zweiminütigen Sequenz mal den guten Aries mit seinem Hammer eine zweistellige Zahl von Köpfen in Zeitlupe zertrümmern und deren Überreste sich plastisch über den Zuschauer ergiessen und das fast 30-minütige Finale, in dem die Titanen sich mit den gelb strahlenden Göttern kloppen ist eine wahre Freude für Freunde zerstückelter Körper.

immortals003Sechs Jahre bevor „Logan“ und „Deadpool“ bewiesen haben, dass es tatsächlich ein Publikum für R-rated Superheldenfilme gibt, waren Tarsems mit Superkräften ausgestattete Götter schon mehrere Schritte weiter – und das ungeschnitten mit einer FSK-Freigabe ab 16 Jahre, was selbst heute noch verblüffend erscheint.

Trotzdem ist es natürlich schwer eine wirkliche Empfehlung auszusprechen, da sich der Film wie gesagt in Sachen Spannung und Drehbuch sehr schwer tut, wer aber – so wie ich – ab und an einfach mal einen visuellen Overkill braucht, wird von „Immortals“ gut bedient. Sicherlich ist der Film bei Weitem nicht das stärkste Werk in Tarsems Filmografie, mich als Fan seines Stils konnte er – allerdings wie gesagt nur in der plastischen Version – trotzdem überzeugen.

 

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