Bei der diesjährigen Wrestlemania hat die WWE versucht den Job des Aushängeschilds, welcher die letzten Jahre, mit finanziell eher durchschnittlichem Erfolg, von John Cena gemacht wurde, an ihren neuen handverlesenen Schützling Roman Reigns zu übergeben. Aufgrund der wirklich spektakulär schlechten Reaktionen der offiziell 100.000 Fans im Publikum, darf dieser Plan wohl als vorerst gescheitert angesehen werden.
Aber Warum?
Warum verwandelt ein The Rock, dessen Leistungen, aufgrund seines beulenpestartigen Muskelzuwachses der letzten Jahre, auch seit Ewigkeiten furchtbar sind, das gesamte Stadion in einen Hexenkessel, während Roman Reigns lediglich die akustische Rückkehr der Vuvuzelas herauf beschwört? Reigns Problem ist ein völlig unzeitgemäß geschriebener Charakter, welcher keinerlei Resonanzfläche für ein modernes Publikum bietet.
Man sollte vorab erwähnen, dass sich die WWE mit der Kreation von John Cenas Nachfolger von vornherein in einer schwierigen Situation befand. Cena war, wie bereits erwähnt, eine Karriere von eher durchwachsenem Erfolg gegeben. Man wollte damals (2004) einen Helden für Kinder erschaffen. Eine Art Superman 2000. Einen Typen der Kids beibringt, dass es einen Unterschied zwischen richtigem und falschem Handeln gibt. Zu Cenas Verteidigung muss man feststellen, dass Niemand den Job besser hätte machen können. Cena verkörperte den perfekten Mann so ideal, dass seine zweitgrößte Fanbase traditionell aus Frauen von 20 bis 45 Jahren bestand. Leider fand Cenas Mischung aus Shazaam und Fabio nur wenig Anklang in der männlichen Hauptzielgruppe. Genau diese Zielgruppe wollte man nun mit Reigns zurückgewinnen, allerdings ohne die, sich über die Jahre als ebenfalls sehr zahlungsfähigen herausstellenden, Horden an Frauen und Kindern zu verprellen.
Eigentlich konnte dieser Plan nur schief gehen.
Man wollte Cenas Grundgerüst nehmen und die Kanten hineinschleifen, die schon in den 80ern und 90ern jeden Jungen zwischen 10 und 17 Jahren begeistert haben. Eine härtere Version von John Cena!
Das Problem ist nur, dass die 80er und 90er nun schon ziemlich lange vorbei sind. Der hochgezüchtete „America Fuck Yeah“-Patriotismus der Reagan-Jahre, welcher Arnold Schwarzenegger, Sly Stallone und eben auch Hulk Hogan zu Weltstars machte, ist genauso Geschichte wie die siffigen Rebellen der Spätneunziger, von Kid Rock bis Stone Cold Steve Austin. Am obenstehenden Satz fällt auf, dass die beiden größten Wrestling-Stars aller Zeiten, direkte Kinder eines Sie umgebenden Zeitgeistes waren. Ihre Aggression und Härte eine Reaktion auf die Welt, ihr Sprechen definierende Maskulinität einer gesamten Generation Heranwachsender. Jeder große Wrestling-Star der letzten 50 Jahre (mit Ausnahme des Undertakers, dessen kokettieren mit der Sterblichkeit des Menschen ein solch menschlich typisches Labsal einer Grundangst bietet, dass sein Charakter auf eine mittlerweile drei Dekaden umspannende Halbwertzeit zurückblicken kann) ist folglich gewissermaßen ein Kind seiner Zeit.
Mit Roman Reigns reagiert die WWE nicht auf das Grundgefühl der Gegenwart, sondern lediglich auf die Fehler der firmeninternen Vergangenheit. Erschwerend hinzu kommt, dass kaum etwas in den letzten 10 Jahren mehr ins Wanken geriet, als das hochstilisierte Bild des Mannes. Der Stereotyp des „Kerls“, welcher „Malochen“ geht, abends bei nem „Bierchen“„Fussi“ schaut und an Auto oder Motorrad schraubt, ist im Jahr 2016 dermaßen deplatziert, dass selbst der „Fast and the Furious“ Franchise einiges an Ironie benötigt, um „Dickes Auto und dicker Bizeps“ an die werberelevante Zielgruppe vermarkten zu können. Der Hauptdarsteller in den ersten drei Transformers-Filmen ist Shia Lebouf. Es gibt vier „Pirates of the Caribbean“ Filme wegen Jack Sparrow. Manliness ist dead! Aggression und Härte laut WWE-Definition sind nicht nur veraltet, sondern obendrein noch albern.
Reigns wurde also letztlich ein langweiliger Typ mit veralteten Macho-Allüren. Wie ein Buchhalter in einer Midlife-Crisis. Irgendwo zwischen dem Sänger von Rammstein und Jörg Pilawa. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass die Buhrufe in absehbarer Zeit aufhören.
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