In „Kill Switch“ / „The Cloverfield Paradox“ geht es darum, dass findige Wissenschaftler das Energieproblem der Erde dadurch lösen, dass sie mittels einer phallischen Konstruktion Energie und Masse, scheinbar aus dem Nichts, schaffen. Da allerdings auch in Science Fiction Filmen der Masseerhaltungssatz gilt, stellt sich kurz nach dem Einschalten der jeweiligen Maschine heraus, dass diese „kostenlose“ Energie aus einem Paralleluniversum, bzw. einer Paralleldimension stammt und alleine durch die Existenz des „Energiesaugers“ beide Universen in Gefahr sind. Die Helden beider Filme werden nun in die jeweilige Paralelwelt versetzt und erleben das Chaos in dieser aus erster Hand, wobei die im Cloverfield-Teil es etwas einfacher haben, da sie auch weiterhin im Weltall bleiben. Somit geht es im Rest der Filme darum dieses Problem mittels Ausschalten, bzw. nochmaliger Einschaltung der Maschinen in den Griff zu bekommen, ehe in beiden Dimensionen alles den Bach runtergeht. Irgendwie ist es immer seltsam, wenn man komplett unvorbereitet über Filme stolpert, die nahezu zwillingmässig daherkommen. Natürlich ist das kein komplett neues Phänomen – man denke nur an die Dubletten „Armageddon“/“Deep Impact“ oder „Vulcano“/“Dante´s Peak“, die einander so ähnlich waren, dass sie in der Erinnerung miteinander verschmelzen (was speziell in Bezug auf die beiden letzteren eine durchaus amüsante Zweideutigkeit beinhaltet). Allerdings war es speziell bei diesen „Zwillingen“ offensichtlich, dass sich hier ein findiger Produzent in der Produktionsliste eines anderen Studios umgesehen und einen Schnellschuß rausgehauen hatte, um ein wenig Profit abzugreifen. Dies kann man bei unseren heutigen beiden Werken eigentlich nicht vermuten, da doch zumindest einer von ihnen komplett ohne Vorabwerbung gestartet ist und unter großer Geheimhaltung produziert wurde. Oder? Begeben wir uns also mal auf Spurensuche... Bei „Kill Switch“ vom Holländer TimSmit (der sich gerne selbst so schreibt) handelt es sich um die Langfilmversion seines Kurzfilmes „What´s in the box“ aus dem Jahr 2009. Bereits dort nutzte er die Egoperspektive mit einem eingeblendeten HUD um seinen Protagonisten – und somit uns – hautnah in eine Welt des kompletten Chaos zu werfen. Dank grandioser und tatsächlich realistisch wirkender Spezialeffekte (TimSmit ist hauptberuflich SFX-Techniker) gelang das auch recht gut. Offensichtlich aber hat er sich bei diesem Werk auch deutlich von „Coverfield“ (2008) beeinflussen lassen und präsentiert halt ebenso einen „Katastrophenfilm aus der Bodenperspektive“. Ebenso erklärt der Kurzfilm auch so gut wie nichts – man bekommt zwar mit, dass es sich beim Auslöser der Katastrophe um den Turm am Rande von Amsterdam handelt, weder wird dem Zuschauer aber erklärt, um genau was es sich handelt, noch in welcher Form (abgesehen von den wenigen Dingen die der Held mitbekommt) es sich genau ereignet. Für die Langversion strickte TimSmit dann eine interessante Handlung darum und fügte einige Charaktere hinzu, die dem Film das Fleisch geben. So beginnt der Film mit – sozusagen – normaler Kameraarbeit und erst wenn unser Held die Dimension/Welt wechselt sehen wir alles aus seiner Sicht. Die Verbindung der beiden Welten/Dimensionen wird logisch erklärt und die katastrophalen Verwüstungen in beiden stehen jeweils in einem kausalen Zusammenhang. Zum Beispiel wird in Welt 1 ein Boot in den Sog des Turmes gerissen und fällt in Welt 2 aus dem Himmel. Dank der Zusatzinformationen im HUD bekommt man als Spieler (ups – Zuschauer) auch noch mehr geboten, als unbedingt nötig und ein Einsatz der Pausentaste beweist, dass auch dorthin viel Kreativität geflossen ist. Auch die Entscheidung den Film in und um Amsterdam herum zu drehen erweist dich als sehr gelungen, da die Stadt noch lange nicht „totgefilmt“ ist. Sicherlich ist die Egoperspektive nicht unbedingt angenehm, allerdings sorgt sie dafür, dass man die Effekte nur immer genau so lange zu sehen bekommt, wie es glaubhaft bleibt. Interessant bei „Kill Switch“ ist, dass sich nahc relativ kurzer Zeit herausstellt, dass die einzig mögliche Lösung des Problems ein großes Dilemma darstellt, da man zur Rettung einer Welt/Dimension die jeweils andere zerstören muss. Allerdings befinden sich in diesem Spiegeluniversum, verdeutlich natürlich durch spiegelschriftliche Schilder und Schriften, keine schnurrbartzwirbelnden Bösewichte wie in Star Trek, sondern Figuren, deren Agenda durchaus nachvollziehbar ist. Für einen Film, der laut Aussagen vom Regísseur in nur vier Tagen abgedreht wurde und dessen Budget wahrscheinlich nicht höher lag als das einer durchschnitttlichen TV-Episode einer Blockbuster Serie, erweist sich „Kill Switch“ als erstaunlich effektiver Science Fiction Film, der – abgesehen von den zahlreichen Actionszenen – auch noch genug Herz hat und seine Geschichte ernsthaft, spannend und mit tollen Effekten garniert, erzählt. Der von NETFLIX mit einem tollen Werbestunt promotete „Cloverfield Paradox“ nutzt zufällig die gleiche Grundidee, verpflanzt den Energiesauger aber direkt ins Weltall. Das ist tatsächlich eine weitaus logischere Idee, aber das wars dann auch schon mit denselben in diesem Werk, das mit einem Budget von 45 Millionen $ (wobei da sicherlich der World Bowl Spot und andere Teaserwerbungen nicht einberechnet sind) mindestens zwanzig Mal so teuer war wie „Kill Switch“. Auf einer Raumstation im Orbit leben sechs Astronauten, die sich durchgehend nur mit Nachnamen anreden, deren Aufgabe es ist den vom deutschen Wissenschaftler Schmidt (!) (Daniel Brühl) Energiesauger „Shepard“ (!) in Betrieb zu nehmen, was immer wieder scheitert. Der erste Test gelingt ihnen, nachdem sie herausgefunden haben, dass man das Gerät belüften, bzw. abkühlen sollte – nach über einem Jahr... Naja, es kracht es zischt und ZAPP finden sich unsere Helden in einem Paralleluniversum wieder und haben plötzlich ebenso ein neues Besatzungsmitglied an Bord. Glücklicher Weise kommen Schmidt und Co. recht schnell auf den Trichter, dass man einfach nur einen nochmaligen Versuch starten muss, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Haehh??? Ach ja, Film... Wer sich nun fragt, was das Ganze mit „Cloverfield“ zu tun hat, fragt richtig. Sicherlich hat unsere Hauptprotagonistin Hamilton (Gugu Mbatha-Raw) eine Backstory. Sie hat ihre zwei Kinder durch einen Unfall verloren und ihren Mann auf der Erde zurückgelassen. Diesen Mann sehen wir nun immer wieder dabei, wie er auf der Erde erlebt, wie alles den Bach runtergeht. Er sieht den Schatten eines Cloverfield Monsters, rettet ein kleines Mädchen und versteckt sich mit diesem in einem Prepper-Bunker. So weit hergeholt wie die Verbindungen in diesem Nebenstrang auch sind, viel schlimmer ist es, dass spätestens nach der zweiten Szene dieser Art es selbst dem letzten RTL2-Zuschauer klar sein wird, dass diese nichts – aber auch absolut garnichts – mit dem Hauptstrang der Geschichte zu tun haben. Hier wird halt deutlich, dass das Drehbuch bereits einige Jahre unter dem Titel „God Particle“ auf vielen Produzententischen gelandet war und letztendlich 2012 von „Bad Robot“ gekauft und zu einem „Cloverfield“-Film umgestrickt wurde. Da die Timeline der Filmserie eh undurchschaubar ist und die Verbindung zwischen „10 Cloverfield Lane“ und dem Originalfilm ebenfalls recht dürftig war, sollte ich den Film vielleicht besser als eigenständiges Werk sehen, aber auch hier fällt das Urteil nicht unbedingt besser aus. „Kill Switch“ bedient sich visuell beim Actionnfilm und beim Egoshooter, erzählt aber seine erstaunlich tiefsinnige Geschichte dabei recht unaufgeregt und nachvollziehbar. „Cloverfield Paradox“ erzählt im Grunde die selbe Geschichte, verlegt das Ganze (nahezu komplett) ins All, bzw. auf die enge Raumstation und versucht über weite Strecken ein Thriller zu sein. Leider aber ist jeder Plot-Twist meilenweit vorhersehbar, jede Spannungssequenz nur durch dämliche Entscheidungen irgendwelcher Abziehbildfiguren begründet und sämtliche Charakterisierungen in der Qualität von „Der Wissenschaftler/Der Deutsche“, „Die Computerspezialistin“ und „Der Russe“ gehalten. Um so etwas wie Tiefgang vorzutäuschen ist übrigens scheinbar auf der Parallelerde der kalte Krieg nicht friedlich ausgegangen, so dass der Russe und Daniel Brühl sich an die Gurgel gehen dürfen. Aber keine Angst – das wird recht schnell wieder fallengelassen und die durch Korridore-Hetzerei kann weiter gehen. „Das Kill Switch Paradox“ ist sicherlich, dass dise beiden Filme beweisen, dass weniger Geld und mehr Kreativität manches Mal tatsächlich bessere Ergebnisse hervorbringen, als Produktionen, die nur aufgrund von aggressivem Marketing und der Zugehörigkeit zu einer Franchise als „Must sees“ wahrgenommen werden. Abr halt – das ist ja gar kein Paradox, das wissen wir in unserem Innersten doch bereits seit Jahren. Macht Euch mal die Mühe und schaut Euch die beiden Filme auf NETFLIX/bzw. Amazon Prime nacheinander an, das ist – egal in welcher Reihenfolge – eine Erfahrung.
Dia |