(USA/D 2000) Regie: Tarsem Singh Drehbuch: Mark Protosevich Kamera: Paul Laufer Musik: Howard Shore Darsteller: Jennifer Lopez, Vincent D'Onofrio, Vince Vaughn, Dean Norris
Nun ist das allerdings nichts wirklich Neues, auch Ridley Scott wurde nach „Alien“, „Blade Runner“ und „Legend“ mit diesem Namensschild geschmückt, nach dem finanziellen Misserfolg des letzteren an den Kinokassen hingegen musste er sich seinen Namen erst wieder zurück verdienen und mit kleineren Budgets aber größeren Ideen arbeiten. Da ihm das gelang geniesst er jetzt die Narrenfreiheit des alten Genies und darf filmische Meisterleistungen wie „Alien-Cofefenant“ auf die Menschheit loslassen. Kommen wir jetzt aber zu Tarsem Singh (oder kurz Tarsem, wie er sich gerne im Vorspann bezeichnen lässt), dessen Karriere wir in den nächsten Wochen etwas näher beleuchten werden. Der 1961 in Indien geborene Regisseur begann seine Karriere in den 90ern mit Werbefilmen und Musikvideos und hinterliess in beiden Bereichen einen bleibenden Eindruck. Speziell seine Arbeiten für R.E.M. (und hier insbesondere das nebenstehende Video zu „Loosing my religion“) sorgten für Aufsehen, so daß es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, bis er ins Filmgeschäft einsteigen würde. Die große Chance gab ihm dann New Line Cinema im Jahr 1999. Mit einem - für damalige Verhältnisse - riskanten Budget von 33 Millionen $ veranschlagt und mit – der damals gerade auf der obersten Leiter des Stardoms balancierenden – Jennifer Lopez und dem grandiosen Vincent D´Onofrio besetzt, sollte Tarsem einen Thriller im Stil des damals sehr erfolgreichen „Seven“ kreieren.
Um nun das gefangene Opfer noch retten zu können entschließt man sich zur Verwendung einer modernen Technik, die es einer Wissenschaftlerin (Jennifer Lopez) ermöglicht, in das Gehirn eines komatösen Patienten virtuell einzudringen und eine Art Kommunikation mit ihm aufzubauen.
Immer wieder schafft es Tarsem den Zuschauer zu überraschen und immer wenn er denkt den Gipfel der visuellen Verwirrung und des Erfassbaren erreicht zu haben, setzt der Film noch einen drauf. Deutlich merkt man dabei auch die Prägung des Regisseurs durch den Bollywood-Film, oft erstrahlt alles in leuchtend bunten Farben, die Figuren und Kostüme werden genutzt wie Flächen auf einem Gemälde, schwebende bunte Stoffbahnen teilen die Bilder oder dienen gar als komplette Kulisse.
Unterstützend wirkt hier ebenso die Musik von Howard Shore, der hier – kurz bevor er mit der „Lord of the Rings“-Trilogie endgültig in den Olymp der kommerziell erfolgreichsten Filmkomponisten aufsteigen sollte – nochmals einen an seine Frühzeit mit Cronenberg erinnernden, wenig eingängigen/schrägen, Soundtrack vorlegte. Zusammen mit der Art wie der Einstieg in das Killergehirn erfolgt, den irrsinnigen Bildern und der atonalen Musik ergibt sich somit ein ähnlicher Sog wie damals in Ken Russels „Altered States“ (1980), den ich dementsprechend als Double-Feature-Film empfehle.
Außerdem ist das Detail, das letztendlich zur Auflösung des Falles führt, eines, das man mit vernünftiger detektivischer Arbeit schon Tage zuvor – und ohne die Hilfe von Frau Lopez wunderschönem Hintern - hätte entdecken können. Dann allerdings hätten wir auf die wunderschönen visuellen Ideen von Tarsem (und einige Einstellungen von Frau Lopez Hintern) verzichten müssen und das kann ja wirklich nicht der Sinn der Sache sein.
Somit entpuppt sich „The Cell“ als ein Erstlingswerk, dass zwar einige Schwächen, aber auch einen ganz eigenen Stil hat. Dass dies hauptsächlich Tarsems Verdienst ist, sollte sich sechs Jahre später bei seinem zweiten Langfilm „The Fall“ zeigen, den wir im Laufe der nächsten Woche an dieser Stelle besprechen werden.
Dia
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