Ein EVIL ED Double-Feature
Ein Jahr nachdem George Lucas - mit unübersehbarem Blick auf die Merchandising-Einnahmen - seine an Teddybären erinnernden Ewoks in den Star Wars-Kosmos einführte, hielt er es für angebracht, diesen kleinen Fellknäueln einen eigenen Film zu spendieren, auf den sogleich auch noch eine Zeichentrickserie sowie die unvermeidliche Fortsetzung folgen sollte. Da die beiden Ewok-Filme im Doppelpack auf DVD erschienen und nicht sonderlich tiefgeistig schürfen, habe ich den Neujahrstag damit verbracht, einen dreistündigen Ausflug auf den Waldmond Endor zu unternehmen um meine, nicht gerade guten, Erinnerungen ein wenig aufzufrischen. Dabei wurde mir sehr schnell klar, weshalb „Caravan of Courage: An Ewok Adventure“ und „Ewoks: Battle for Endor“ im Vergleich zu den „Star Wars“-Filmen in meiner Sammlung eher ein Schattendasein fristen bzw. nicht allzu oft herausgekramt werden – denn außer Komplettsammlern oder anspruchslosen Kindern dürften sich wohl nur wenige von diesen TV-Produktionen angesprochen fühlen.
Caravan of Courage: An Ewok Adventure (1984) Kennt noch jemand diese alten Lehrfilme vom „Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht“? In denen so ein märchenonkeliger Sprecher in monotonem Duktus Grütze dahergelabert hat wie: „Die Wacholderwurzel. Es nähert sich der Juchtenkäfer.“?
Denn irgendwann zwischen „The Empire Strikes Back“ und „The Return of the Jedi“ hat die Familie Towani auf Endor eine Bruchlandung hingelegt, die Eltern wurden von einem fiesen Riesen entführt und Cindel und Mace stehen nun wie Hans und Gretel allein im finsteren Wald, sind auf pelzige Helferlein angewiesen und im Grunde genommen kann man sich den Rest schon denken.
Bis die „Karawane der Tapferen“ nämlich endlich einmal aufbricht sind bereits rund 50 Minuten vergangen, womit der Film eine ähnlich stattliche Exposition vorzuweisen hat wie der erste Teil der „Hobbit“-Trilogie – nur mit dem Unterschied, dass eine halbe Stunde später schon wieder Feierabend ist, damit nach der erfolgreichen Familienzusammenführung der Abspann über die Mattscheibe flimmern kann. So wird die kleine Cindel erst einmal krank, ein Heiltrank muss beschafft werden, Mace (die unsympathische Variante des jugendlichen Luke Skywalker) darf ständig zum Ausdruck bringen, dass er die Ewoks doof findet nur um sofort wieder eines Besseren belehrt zu werden, danach kriegen die wackeren Helden vom Dorfschamanen einige magic items spendiert (ratet mal, wer seines sogleich angefrustet in den Wald schmeißt…), nach dem heroischen Auszug aus dem Ewok-Bau wird viel gerastet und obendrein müssen auch noch neue Mitstreiter zum Mitstreiten überredet werden.
Im Versteck des Riesen gibt es dann noch extrem übel getrickste Spinnen zu bestaunen, der obligatorische Heldentod eines Mitstreiters wird lustlos abgehakt und wenn der Erzähler schließlich verkündet, dass „Mut, Treue und Liebe die mächtigsten Kräfte des Universums“ sind ist auch der Moraldidaktik genüge getan.
Naja, wenigstens die Musik orientiert sich stark an den Kompositionen von John Williams, wodurch dieses formal und ideologisch kleinmütige Fersehspiel dann doch noch einen Hauch von Klasse erhält.
Ewoks: Battle for Endor (1985) Der zweite Streich – diesmal unter der Regie von Jim und Ken Wheat, auf deren Konto später immerhin das Drehbuch von „Pitch Black“ gehen sollte – funktioniert hingegen phasenweise geradezu als Kritik an „Caravan of Courage“. Nicht nur, dass der „Kampf um Endor“ ein deutlich temporeicheres, actionorientiertes Abenteuer in den nicht ganz so weiten Weiten des Weltalls geworden ist, insgesamt muss man feststellen, dass der Tonfall der Geschichte wieder etwas ruppiger ausfällt und der Film sich damit ein wenig besser ins Gefüge des Star Wars-Universums einfügt.
Oh nein, das war mal wieder der falsche Film. Da „Ewoks: Battle of Endor“ trotz des radikalen Kurswechsels ein weitgehend familienfreundliches TV-Spektakel ist, werden die beiden selbstverständlich nicht zu Arnold Schwarzenegger und Brigitte Nielsen und auch das Thema Rache wird nicht mehr weiterverfolgt, stattdessen flieht das wicked Gsindel bei der ersten sich bietenden Gelegenheit und findet nach dem Luftkampf mit einem drachenartigen Ungeheuer Unterschlupf beim grummeligen Noa (Wilford Brimley) und seinem flinken Kumpel Teek.
Passend dazu erfährt man von den Bösewichten, dass ihr König Terak nach der Macht sucht und sich dazu der Kräfte der Hexe Charal bedient (Siân Philips in einer Variation der Ehrwürdigen Mutter aus „Dune“). Nur ist mit der Macht diesmal lediglich eine Energiezelle gemeint, die den Betrieb eines Raumschiffs ermöglicht, was den „Kampf um Endor“ vielseitig interpretierbar macht, zumal die Gebrüder Grimm Wheat offenlassen, was genau Terak mit dieser Energiequelle eigentlich anstellen will (klar sollte sein: nichts Gutes!). Gewissermaßen nimmt er jedenfalls das Bestreben von Schurkenstaaten wie dem Iran oder Nordkorea, in den erlauchten Kreis der Atommächte aufzusteigen, vorweg, gleichzeitig lässt der Film keinen Zweifel daran, dass überlegene und obendrein gefährliche Technologien in den Händen westlich geprägter Menschen dann doch besser aufgehoben sind, weshalb auch die Ewoks (denen ja die Rolle des kindlich-naiven Naturvolks zufällt) am Ende nur traurig danebenstehen dürfen, wenn Cindel mit Noa gen Heimat düst.
Dadurch passt „The Battle for Endor” sichtlich besser ins Kontinuum der “Star Wars”-Filme. Obwohl nach wie vor noch einige märchenhafte Elemente vorhanden sind (unter anderem kann sich Charal mit einem magischen Ring in einen Raben verwandeln), die nicht so recht ins Gesamtbild passen wollen, und trotz des bereits in „Caravan of Courage“ deutlich modifizierten Waldmonds, auf dem es nun auch Wüsten, Riesenhöhlen oder heruntergekommene Ritterburgen gibt, gelingt es den Wheats besser, sich an die Atmosphäre und Stimmung der originalen Sternensaga anzugleichen, da (abgesehen vom Leerlauf im Mittelteil des Films) ständig etwas los ist und die Balance zwischen Märchen bzw. Fantasy und Science-Fiction insgesamt wieder ausgewogener ausfällt.
Doch auf der anderen Seite haben wir eben die in „Caravan of Courage“ eingeführte Towani-Family und die Kompromisslosigkeit, mit der sich Jim und Ken Wheat bereits in den ersten Minuten der meisten Familienmitglieder entledigen macht überaus deutlich, dass man diese vermeintlichen Hauptfiguren als eher lästig empfand. Entsprechend plump sind darum auch die Szenen mit Cindel inszeniert. Sieht man über diesen möglicherweise geschlossenen Kompromiss hinweg, gibt es für eine TV-Produktion jedoch nicht allzu viel zu meckern. Zwar sehen die Stop-Motion-Kreaturen ein wenig zu sehr nach Gummi aus, den Sets fehlt die Größe und Detailfreude, die man aus den Kinofilmen gewöhnt ist und Raumschlachten gibt es wie bereits im ersten Teil der Ewok-Reihe ebenfalls nicht zu sehen, aber wenn man sich einmal damit abgefunden hat, dass auf Endor alles eine Nummer sparsamer ausfällt und deutlicher auf die Sehgewohnheiten des amerikanischen TV-Publikums zugeschnitten wurde (weshalb der böse Terak nicht ganz so böse sein darf und auch einen vergleichsweise faden Abgang spendiert bekommt), kann man den „Kampf um Endor“ immerhin noch als eine Art Light-Version von „Return of the Jedi“ betrachten, die sich für den sprichwörtlichen verregneten Sonntag eignet. In Summe demonstrieren jedoch beide Ewok-Filme vor allem, dass man den Reiz von „Star Wars“ nicht einfach so mal kurzerhand mit schwächerer Technik und holperiger Dramaturgie auf den Fernsehschirm übertragen kann. Obwohl man beiden Filmen in Deutschland sogar eine Kinoauswertung spendierte und George Lucas den Ton von „Caravan of Courage“ bei der Erstaufführung simultan auch im Radio ausstrahlen ließ, weil im Gegensatz zu heutigen Heimkino-Soundanlagen die meisten Fernseher in den 80er Jahren nicht einmal Stereo-Ton zu bieten hatten, ist nicht zu übersehen, dass hinter den Ewok-Abenteuern letztlich nichts anderes stand als der Versuch, mit gerade populären Kuschelkaspern Geld zu scheffeln. Aus ökonomischer Sicht ist das nicht verwerflich, nur sollte man sich als Kunde darüber im Klaren sein, dass man nicht mehr, aber auch nicht weniger geboten bekommt als das filmische Äquivalent zu einer Darth-Vader-Kaffeetasse. Meine hatte ich übrigens bei der Sichtung dieses Double-Features streckenweise bitter nötig und Reviewschreiben geht ohne sowieso nicht. Da sage noch einer, dass Merchandising-Artikel keinen Sinn haben!
Alexander
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