Blade Runner 2049 (2017) Kamera: Roger Deakins Musik: Hans Zimmer, Benjamin Wallfisch Darsteller: Harrison Ford, Ryan Gosling, Jared Leto, Ana de Armas Drehbuch: Hampton Fancher, Michael Green Agent K (Ryan Gosling) macht Jagd auf seinesgleichen: künstliche Menschen, sogenannte Replikanten. Während er als Modell der neuen Generation seiner Chefin Leutnant Joshi (Robin Wright) vom LAPD dient, sind seine Ziele Replikanten der alten Baureihe. „Fehlerhaft“ hatten sie es satt, als Sklaven der Menschheit zu dienen, lehnten sich gegen ihre Herren auf und organisierten blutige Rebellionen. Einige von ihnen sind immer noch am Leben und tarnen sich als unscheinbare Bürger. Als K bei einem scheinbar normalen Auftrag ein ungeheures Geheimnis aufdeckt, löst er eine Kettenreaktion aus.
Ridley Scotts Blade Runner war 1982 zwar ein solider Erfolg, konnte sich jedoch nicht als Publikumsliebling etablieren, wie das zum Beispiel bei E.T. – Der Außerirdische der Fall war, der im selben Jahr erschien. Zu sperrig und kühl kam das Science Fiction-Meisterwerk daher, dem die Anerkennung als solches erst Jahre später zuteil werden sollte. Blade Runner (1982) war und ist ein Film, der polarisiert, den man entweder liebt oder dessen Attraktivität auf Massen von Cineasten einem völlig unverständlich bleibt. Und dieses Fazit drängt sich auch nach dem Kinobesuch für den neuen Blade Runner 2049 auf. Ganze acht Leute verließen den Saal bereits nach der ersten Stunde des 164 Minuten-Epos von Denis Villeneuve, während andere mit großen Augen durch ihre 3D-Brille starrten und den Mund vor lauter Staunen über die Kreativität der Kamera gar nicht mehr zubekamen.
Denn er übernimmt das langsame Erzähltempo des Vorgängers und lässt sich viel Zeit, eine Welt zu erschaffen, der er jede Sekunde Laufzeit mehr Leben einhaucht und die schlichtweg umhaut. Es ist beeindruckend, mit welchen Ideen und mit welcher Detailverliebtheit Blade Runner 2049 aufwarten kann. Die unbedeutendsten Szenen sind derart stylisch fotografiert, dass Kameralegende Roger Deakins ein erster Oscar (und das nach Filmen wie Fargo (1996) und Skyfall (2012)) sicher sein dürfte. Auch den obligatorischen philosophischen Fragen – was macht Menschsein aus? – wird visuell genial nachgegangen, wenn zum Beispiel K´s Freundin, die ein Computerprogramm ist, ihr Hologramm mit dem Körper einer Prostituieren synchronisiert, um Sex mit ihrem Geliebten haben zu können. Das Ergebnis ist nicht weniger, als eine der ästhetischsten und zugleich melancholischsten Liebesszenen der Filmgeschichte.
Erst beim Abspann lässt sich, vor allem im Blick auf das überhastete und unbefriedigende Ende, fragen, ob nicht lieber an anderer Stelle eine Straffung gut getan hätte. Und natürlich soll es eine Fortsetzung geben, doch taugt dieser Einwand nicht, um die Schwächen in der Gewichtung hinwegzureden. Dieselbe Frage lässt sich nämlich auch bei der Figurenzeichnung stellen. So ist Ryan Gosling als neuer Blade Runner zwar perfekt besetzt, um ohne Emotion alte Modelle „in den Ruhestand zu schicken“ und ausgerechnet seine virtuelle Liebe Joi (Ana de Armas) bringt mit feinem Spiel die nötige Brise Gefühl in Villeneuves kühle Science Fiction-Welt. Doch Jared Leto als Niander Wallace und sein Sidekick Luv (Sylvia Hoecks) können nur im Rahmen arg begrenzter Möglichkeiten überzeugen. Während man Leto einfach sehr wenig Spielzeit zugesteht, bricht die Entwicklung des vielschichtigen Charakters von Luv plötzlich ab, was ein wenig enttäuscht. Da hilft es auch nichts, dass Harrison Fords Auftritt als gealterter Rick Deckard – bis auf ein paar etwas plumpe Dialoge mit K – voll und ganz überzeugt.
Denis Villeneuve liefert nicht weniger als einen visuell bahnbrechenden Arthouse-Science Fiction ab, der in Look, Atmosphäre und all seiner Sperrigkeit fabelhaft an seinen Ahnen anknüpft und alle Blade Runner-Fans begeistern dürfte; ob er damit langfristig jedoch neue für die Reihe gewinnt, bleibt abzuwarten. Christoph
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