dunkirkheader(GB, NL, F, USA 2017)


Regie: Christopher Nolan

Darsteller: Tom Hardy, Fionn Whitehead, Damien Bonnard, Aneurin Barnard

 

Jetzt auf DVD/BluRay

 

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Juni 1940.

 

In Dünkirchen ist das gesamte britische Expeditionskorps eingekesselt. Die deutschen Panzer warten vor der Stadt auf den Angriffsbefehl und alles deutet auf eine Gefangennahme von 300.000 englischen und 100.000 französischen Soldaten hin. Da bricht Adolf Hitler die Offensive auf einmal ab – Görings hochmoderne Luftwaffe soll es richten. Am Strand warten die Soldaten derweil auf ein Wunder, während von oben die Bomben einschlagen. Ihre Evakuierung läuft schleppend, weil man in England die kriegswichtigen Zerstörer nicht der Gefahr aussetzen will, die in den Wolken lauert.

d03In diese Situation wirft uns Christopher Nolan in Dunkirk und verfolgt dabei drei Erzählstränge. Da gibt es den Infanteristen Tommy (Fionn Whitehead), der mit einem Franzosen (Damien Bonnard) versucht, einen der rettenden Plätze auf einem Schiff zu ergattern, einen Spitfirepiloten (Tom Hardy), der seine Kameraden vor den deutschen Bombern retten will und einfache Zivilisten, die dem Ruf Churchills folgen, um mit ihren Privatbooten Soldaten über den Ärmelkanal in die Heimat zu retten. Über die Biografien seiner Protagonisten schweigt der Film, selten erfahren wir überhaupt einen Namen. Das Publikum ist platziert auf der Metaebene, nur um wahrzunehmen, wie der Tod alle gleich macht.  Nolan gibt dem namenlosen Soldaten, auf dessen Gebeinen das neue Europa aufgebaut wurde, ein Gesicht. Sein Opfer ist gleichzeitig individuell wie austauschbar. Wer da auf der Leinwand ums Überleben kämpft, ist zufällig und sein Schicksal könnte das eines anderen sein. Dieser fast schon abstrakte Ansatz sorgt für ein unglaublich intensives Erlebnis und lässt nach Filmende Sätze wie „Wir hätten auch 70 Jahre früher geboren sein können“ andächtig durch das Kinofoyer hallen.

d02Das Geschehen ist mit einem krachenden, treibenden Score unterlegt, der einschlagende Bomben und Projektile über Minuten ankündigt und das Publikum in den Kinosesseln zusammenzucken lässt. Nolan schafft Krieg in der Gefühlswelt seiner Zuschauer, eine ständige Unruhe und Wachsamkeit. In knappen 107 Minuten peitscht er das Geschehen durch und gönnt dabei keine Verschnaufpausen. Das ist anstrengend und brutal aber vor allem zeigt es, zu was Film in der Lage sein kann. In Kombination mit dem oscarreifen Produktionsdesign, das für eine ungemeine Authentizität sorgt und der grandiosen Kamera, entfaltet Dunkirk einen Sog in einen permanenten Ausnahmezustand. Besonders die Ästhetik der Luftaufnahmen und –kämpfe bleiben in Erinnerung und lassen das grausame Geschehen, das teils vor wunderschöner Kulisse stattfindet, entrückt erscheinen.

Die ständige Bedrohung, der sich die Soldaten ausgesetzt sehen, ist eine, die im Hintergrund lauert, die nicht greifbar ist und bis auf ein paar Silhouetten in der Schlussszene werden keinerlei Deutsche sichtbar. Die Wehrmacht tritt nur in Form von Bomben und Projektilen auf und verpestet die Luft in Dünkirchen mit Angst. Diese Angst und die Unmöglichkeit der direkten Auseinandersetzung mit dem Feind sind es, die für Zwiespalt zwischen den Schicksalsgenossen sorgen und Situationen auftun, in denen sich jeder selbst der Nächste ist. Das alles ist hervorragend gespielt und kommt zum großen Teil ohne Dialoge aus, was das kriegerische Gefühl der Unpersönlichkeit nochmals stärkt.

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Es ist ärgerlich, dass es ausgerechnet die wenigen Texte sind, die den Zuschauer an mancher Stelle aus dem Erlebnis herausreißen. Wenn ein ölverklebter Soldat aus den Fluten gerettet wird und dann betont lässig sagt „Bringt mich nach Hause“ oder ein Pilot nach einer Notwasserung aus seinem gefluteten Cockpit befreit wird und seinen Helfer dann mit einem „Na, wie geht´s?“ grüßt, wünscht man sich, Nolan hätte sich solche Zugeständnisse an ein Blockbuster-Publikum verkniffen.  

Spätestens beim nächsten Bombeneinschlag sind solche Patzer jedoch vergessen.

  

 

Christoph Laible

 

 

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