Die Taschendiebin (2016) Regie: Chan-wook Park Darsteller: Tae-ri Kim, Min-hee Kim,
seit 8. Juni 2017 auf DVD/BluRay
Wer bei Chan-wook Parks neuestem Werk auf eine weitere Rachestory analog seiner „Vengeance-Trilogie“ oder einen weiteren Film hofft, in dem er die Grenzen eines bekannten Grenres austestet, wird überrascht sein. Aber bei „Ah-Ga-Ssi“ (so der original koreanische Titel) handelt es sich auch nicht um einen Tennisfilm. Wenn man überhaupt die Genre-Messlatte anlegen möchte, dann ist „The Handmaiden“ (so der internationale Titel) am Ehensten noch ein Gaunerdrama mit einer sehr starken erotischen Komponente. Nicht also das, was man vom koreanischen Meisetr erwartet, aber das ist es ja auch, was ihn zum Meister macht.
Das ist aber eh nur die Einleitung der erstaunlich komplexen Geschichte, bei der es um den koreanischen Heiratsschwindler Fujiwara (Jin-woong Jo) geht, der die reiche Japanerin Lady Hideko (Min-hee Kim) ausnehmen will und sich deshalb als japanischer Geschäftsmann ausgibt. Um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen und bereits vorab die Situation „auszubaldowern“ schickt er Sook-Hee vorab als Dienstmädchen zu der Lady. Aus Sook-Hees Sicht lernen wir nun das Leben von Hideko kennen, die bei ihrem Verlobten, einem alten japanischen Grafen lebt, der versucht mittels seiner Lebensart und seiner Umgebung (einem Landhaus im japanisch-englischen Stil) ein Teil beider Mächte zu sein. Hideko erstickt in Depressionen, ihre einzige Aufgabe im Haus ist es den Geschäftsfreunden des Grafen erotische Literatur vorzulesen. Sook-Hee bringt nun sozusagen etwas Farbe (und Erotik) in das Leben der eher mausgrauen Lady und so erfährt der Zuschauer auch ein wenig mehr um ein düsteres Geheimnis, das sie umgibt.
Es folgt eine Einblendung „Teil 2“ und wir befinden uns wieder am Ausgangspunkt der Geschichte, die wir nun aus einem anderen Blickwinkel erzählt bekommen. Nicht nur diese, an Rashomon erinnernde, Erzählstruktur ist es, die in Chan-wook Parks Film an die Meisterwerke von Akira Kurosawa erinnert. Die wunderschöne Ausstattung, speziell in dem Landhaus des Grafen, die opulenten Kostüme und Einstellungen, die man sich ausdrucken und rahmen möchte, der ganze Film ist eine einzige Verbeugung des Meister aus Korea an den Meister aus Japan, ohne allerdings den eigenen Stil zu vernachlässigen. Bei Park gibt es wie üblich keine wirklich sauberen Helden, das Figurenquartett im Zentrum des Filmes betrügt, belügt und übervorteilt sich gegenseitig, ihr einziges Interesse scheint dem eigenen Vorteil zu gelten. Aber auch das ist nicht die Wahrheit, wie sich dem Zuschauer nach und nach während dieser 140 Minuten langen, aber in keinster Weise langweiligen, Reise erschließt.
Ebenfalls erwähnen muss man noch den fantastischen Soundtrack von Yeong-wook Jo dessen Main-Title nach dem Sehen des Filmes so schnell nicht mehr aus euren Ohren verschwinden wird. Nebenstehend findet ihr dazu mal eine Playlist. Die Bildqualität ist schon bei der mir als Pressemuster vorliegenden DVD großartig, aber ich empfehle natürlich trotzdem des Griff zur BluRay, da der Film von seinen großartigen Bildern lebt. Koch Media hat hier übrigens auch bei der Synchro ein glückliches Händchen bewiesen und präsentiert den Film neben einer deutschen und einer unsynchronisierten Fassung auch noch in einer deutsch-japanischen Variante an, in der nur die koreanischen Teile synchronisiert wurden und somit die Sparchbarriere zwischen den Charakteren, die einen großen Teil der Atmosphäre mit verantwortet, bestehen bleibt. Dafür ein ganz spezieller Dank von mir an denjenigen, der das zu verantworten und so weit mitgedacht hat. Zusätzlich findet sich auf der Scheibe noch ein – leider sehr kurzes – Making of, ein Bericht von der Cannes-Premiere und einige Infotafeln, Trailer und Bildergalerien. Aber vielleicht kommt da ja noch was nach.
Ich bin begeistert. Dia
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