Die Bande des Captain Clegg (1962) Captain Clegg / Night Creatures
Regie: Peter Graham Scott Musik: Don Banks Darsteller: Peter Cushing, Yvonne Romain,
HAMMER war nicht nur Horror – das nur, damit wir das vom Tisch haben. Bei „Die Bande des Captain Clegg“, der in Großbritannien einfach nur „Captain Clegg“ hiess und in den USA unter dem weitaus dramatischeren Titel „Night Creatures“ vermarktet wurde, handelt es sich um einen der Ausflüge des englischen Studios in den Bereich des Piratenfilmes. Natürlich – man sollte nicht vergessen, dass HAMMER kein Disney ist – ohne Seeschlachten, säbelfechtende Piraten oder gar Schiffe. Die wenigen Aufnahmen auf See, die uns in der Pre-Title-Sequenz begegnen, sind ein geschickter Mix aus verschiedenen Bildelementen, wobei die sichtbaren Schiffe deutlich aus der Feder eines Matte-Artists stammen. In dieser Einleitungsszene lernen wir den Rücken von Captain Clegg kennen, der gerade einen Mulatten, der ein etwas zu großes Interesse an des Captains Frau gezeigt hat, verurteilt. Prompt werden dem bulligen Glatzkopf, der hinreissend von Milton Reid dargestellt wird, die Ohren aufgeschlitzt, die Zunge entfernt und er gefesselt auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Vorspann und herausragende Piratenmusik von Don Banks, der später noch öfter für HAMMER arbeiten sollte. Nach dieser Entspannung lernen wir den Dorfpfarrer Dr. Blyss kennen, der gerade vor seinen Schäfchen predigt. Dieser wird von Peter Cushing – mit einer gewöhnungsbedürftigen Max und Moritz Gedenkfrisur - gespielt und anhand seiner Performance wird es auch klar, warum er diese Rolle Zeit seines Lebens immer als seine liebste bezeichnet hat. Sie ist genau auf seine Person ausgelegt, obwohl es sich ja um eine Figur der Literatur handelt, und ermöglicht es ihm alle Facetten seiner Kunst auszuspielen – selbst ein schelmisches und liebevolles Lächeln findet sich im Laufe des Filmes auf seinem Gesicht. Das Dorf des Pfarrers befindet sich an der Ostküste England am Ärmelkanal und die hohen Besteuerungen von Alkohol durch die Krone machen es den Bewohnern unmöglich ihren Lebensunterhalt, der zuvor aus Import und Verkauf von französischen Weinen, weiter zu verdienen. Unter der Leitung von Dr. Blyss hat die Dorfgemeinschaft aber mittlerweile ein gut laufendes Schmuggelgeschäft aufgebaut. Denn hinter der Fassade des gottesfürchtigen Seelsorgers verbirgt sich ein echtes Schlitzohr, das – kein großes Geheimnis hier – in Wirklichkeit die Tarnidentität des ohrenschlitzenden und angeblich gehängten Captain Clegg ist. Etwaige Spione, die dem lustigen Gangstertreiben auf die Spur kommen, vertreiben die immer wieder auftauchenden Moorgeister; Skelette, die auf eben so fleischarmen Pferden reiten. Einige frühe Einstellungen dieser „reitenden Leichen“ erinnern tatsächlich an solche aus dem 10 Jahre später entstandenen Film mit den „reitenden Leichen“. Als dann der Steuereintreiber Captain Collier (Patrick Allen) mit seinem Soldatentrupp auftaucht, bekommt der Film teilweise sogar etwas von einer Gaunerkomödie. Speziell dadurch, dass Allens Charakter eben nicht nur ein tumber Bösewicht ist, sondern auf einer intellektuellen Ebene mit Cushings Blyss steht, gibt es hier einige schauspielerische Duelle auf Augenhöhe zu bewundern, die jedem Filmfan das Herz aufgehen lassen. Zusätzlich wirkt das Katz und Maus Spiel der beiden Parteien dadurch, dass man durchaus auch Sympathien für den „Bösewicht“ übrig hat, erheblich spannender. Nebenher können wir noch HAMMER-Ikone Michael Ripper in einer fast schon komödiantischen Rolle sehen, bekommen mit Yvonne Romain was fürs Männerauge (wobei ich mir sicher bin, dass auch Frauen sie hübsch finden werden) und sehen Oliver Reed in einer weiteren seiner frühen „junger Liebhaber“-Rollen. „Die Bande des Captain Clegg“ entpuppt sich somit als eine echte Wundertüte und bietet neben der erwähnten Gaunerkomödie auch einige Horrormomente und, zum Ende hin, sogar noch eine nicht erwartete dramatische Tiefe. Ebenso erstaunlich wie der Film selbst ist seine Entstehungsgeschichte, die in der, dem Bonusmaterial beigefügten, Dokumentation genau erläutert wird und in der, neben der literarischen Vorlage, auch auf den der Produktion vorausgehenden Rechtsstreit mit dem Walt Disney Konzern ein, bei dem sich das Haus der Maus überraschend kompromissbereit gezeigt hat. Dies ist auch ein großes Thema im Audiokommentar der Veröffentlichung, der von Dr. Rolf Giesen, Cushing Spezialisten Uwe Sommerlad und Volker Kronz geführt wird. Der Kommentar ist dieses Mal allerdings erstaunlich trocken geraten, an der fachlichen Kompetenz gibt es aber wie üblich nichts auszusetzen. Zusätzlich findet sich auch noch eine kleine Doku über den Kutschenverleiher George Mossmann, der einige Zeit lang sämtlichen englischen Period-Filmen mittels Gefährten ausgeholfen hat, auf der BluRay – ein schöner Einblick in einen Seitenflügel der Filmproduktion. Ein paar Trailer, diverse Werberatschläge, das Filmprogramm und die übliche Bildergalerie runden das Paket ab. Zusätzlich gibt es noch ein diesmal sogar 28 Seiten starkes Booklet – ANOLIS (diesmal in Zusammenarbeit mit Koch Media) macht den HAMMER-Fan eben rundum glücklich. Genaueres über die Präsentation, technische Details und Verpackung der Veröffentlichung kann Euch aber der Zocki in unten angezeigten Video sagen. Von mir gibt es die fast schon übliche Kaufempfehlung, aber haltet Euch noch ein wenig geld zurück – bald kommt der vampirjagende Captain mit Horst Janson und Caroline Munro... dia
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