Chopping Block (2016) oder Neues aus Amazonien
Regie/Buch: Joshua Hull Darsteller: Jas Sams,
Jetzt auf Amazon-Prime
Eines direkt vorab: Mit Sicherheit wird in 20 Jahren niemand „Chopping Block“ als einen vergessenen Genre-Klassiker bezeichnen und auch in Listen mit den besten Filmen der 2010er Jahre wird er wahrscheinlich eher weniger auftauchen. Das liegt aber nicht an der Qualität diese kleinen amerikanischen Indie-Filmchens, sondern eher daran, dass ihn kaum jemand zu Gesicht bekommen haben wird. Das allerdings ist sehr schade, denn bei diesem Film handelt es sich um eine kleine aber feine Perle der schwarzen Komödie. Es geht in Kürze um eine Gruppe von fünf Bürohengsten zwischen 60 und 17 Jahren, die – da ihr Abteilungsleiter lieber feiert als arbeitet – auf einen Schlag entlassen werden und aus Rache und finanzieller Not beschließen, die Tochter des Chefs zu entführen. Gerade als sie sich dazu entschlossen haben zuzuschlagen, begegnen sie der Tochter zufällig auf der Straße. Leider ist die junge Frau aber nicht mit flanieren oder joggen beschäftigt, sondern taumelt blutüberströmt und voller blauer Flecken über die Straße. Trotzdem ergreift unsere Crew die Chance und nimmt sie mit – zumindest kann sie sich ja nicht mehr wehren. Mehr zu verraten wäre jetzt eigentlich schon ziemlich blöde und deshalb macht es AMAZON auch direkt im Teasertext. Versucht diesen also wenn möglich zu ignorieren, wenn – und falls - ihr den Film anclickt. Im Gegensatz zur eher reißerischen Werbung ist „Chopping Block“ nämlich tatsächlich eher ein Film, der durch seine Charaktere und deren herrliche Dialoge miteinander lebt und nicht das versprochenen Splatter-Massaker. Hier allerdings trumpft das Drehbuch von Joshua Hull richtig auf. Zuerst einmal ist die Gruppe sehr interessant ausgewählt und bietet durch das unterschiedliche Alter und dementsprechend auch Lebenseinstellung der Figuren (vier Männer und eine Frau) genug Möglichkeiten für schnippische Gespräche, die dann von den, trotz ihrer Unerfahrenheit recht guten, Schauspielern auch noch überzeugend zum Zuschauer gebracht werden. Natürlich sitzt nicht jeder einzelne Gag hundertprozentig, aber über die gesamte Laufzeit hinweg gibt es erstaunlich viele Treffer ins Schwarze (und zwar farblich genau in dieser Richtung). Das Ensemble erinnert teilweise tatsächlich an die Protagonistengruppe von Dan Harmons genialer Comedy Serie „Community“ und ebenso wie in dieser, ist der Humor hier auch voller Anspielungen auf die Popkultur und bewegt sich teilweise im absurden Bereich. Das ist dann auch der Grund, warum der Film nicht langweilig wird oder sich langsam anfühlt, obwohl es mehr als die Hälfte der Laufzeit dauert, bis es zur eigentlichen Entführung kommt. Von diesem Zeitpunkt allerdings „passiert dann auch mal was“ um es mal in kevinistisch zu sagen und am Ende gibt es dann auch noch ein paar recht deftige handgemachte Splattereinlagen, die aber heutzutage sauber mit einer FSK16 die Regale erreichen würden. Was uns jetzt dann auch mal zu AMAZON-Prime bringt, in deren Angebot der Film jetzt ohne großes TamTam aufgetaucht ist. Generell scheinen die Amazonen, im Gegensatz zum großen Konkurrenten Netflix, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und setzen mittlerweile bevorzugt auf weltweite Lizenzen. Das führt dann dazu, dass man auf Prime – ein wenig gezieltes Suchen vorausgesetzt – zeitweise ungeschnittene Fassungen von Klassikern wie „Squirm“ oder „Toxic-Avenger“ finden konnte, natürlich nur in der Originalfassung und mit teilweise hanebüchener englischer Untertitelung (Bei „Chopping Block“ lief diese ab der Mitte komplett asynchron ab und war voller Fehler). Leider verschwinden diese Filme aber auch recht schnell wieder aus der Liste, deshalb ist dementsprechend ein glückliches Händchen erforderlich. EVIL ED wird versuchen Euch auf dem Laufenden zu halten, aber alles kriegen wir leider auch nicht mit – wir sind aber per Mail oder Facebook erreichbar. Alles in allem ist „Chopping Block“ die zu investierenden 82 Minuten auf alle Fälle wert, wen man auch nur ein wenig für rabenschwarzen Humor, schräge Figuren und schnippische Dialoge übrig hat. dia
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