(Hongkong/Japan 1992) dt. Mutant City Regie: Tai Kit Mak Drehbuch: Hark Tsui,Hideyuki Kikuchi Darsteller: Leon Lai, Michelle Reis, Jacky Cheung
Als ich „Wicked City“ im Jahr 1987, also 5 Jahren bevor der vorliegende Film entstand, in seiner Anime-Version das erste Mal sah, war ich richtig begeistert. Die animierte Verfilmung der Romanserie von Hideyuki Kikuchi entpuppte sich als erstaunlich komplexe Geschichte über eine Welt in der Dämonen in Menschenverkleidung die normale Gesellschaft unterwandert hatten und einen großen Putsch planten. Es gab eine geheime Polizeiorganisation, die den Kampf gegen die Dämonen aufnahm, aber es gab auch Dämonen und Menschen, die nach einem friedlichen Zusammenleben strebten. Visuell bot der Film ebenso einiges Neues. So gab es hier erstmals tentakelbewehrte Monster (ja, noch VOR Urotsukidôji) zu sehen, die Gewaltdarstellung war zwar nicht so übertrieben wie in „Fist of the North Star“, aber trotzdem recht deftig und das SciFi Setting nahm auch schon einiges vorweg, was dann fast zehn Jahre später mit „Ghost in a shell“ in den internationalen Mainstream eingehen sollte. Bei der hier vorliegenden Realverfilmung, die in deutsch zu „Mutant City“ wurde, gab man sich dann auch reichlich Mühe so viel wie möglich von der animierten Vorlage in die „echte“ Welt zu retten und betrieb dabei einen nicht unerheblichen Aufwand. So verpflichtete man den damals gerade durch seine Auftritte in „Swordsman“ und den „Chinese Ghost Story“-Fortsetzungen zum Star gewordenen Jacky Cheung für eine der Hauptrollen, Tsui Hark schrieb das Drehbuch für den Film um und übernahm auch noch einen Posten als Executive Producer und in Sachen Spezialeffekte fuhr man alles auf, was damals möglich war. So gibt es unter anderen wirklich großartige praktische Make-Up Effekte zu bewundern, wenn sich in der ersten großen Actionsequenz des Filmes, die übrigens nahezu Einstellung für Einstellung aus dem Anime übernommen ist, eine junge Frau in ein Spinnenwesen verwandelt oder wenn sich die dämonische Hälfte eines Darstellers als eine Art Echsenwesen entpuppt. Leider wird aber auch allzu oft versucht, die gerade modern gewordenen CGI-Morphing Effekte aus großen US-Produktionen zu verwenden. So werden mehrfach discountermäßige Varianten zu den Flüssigkeitseffekten aus „The Abyss“ präsentiert und selbst für eine „Hommage“ an „Terminator 2“ ist man sich nicht zu schade. Zusätzlich nimmt der Film durch die eher absurden Transformationen schon vieles von dem vorweg, was erst ein Jahrzehnt später mit Filmen wie „Tokio Gore Police“ zu uns schwappen sollte und ist seinen finalen Szenen, bei denen es um ein Hochhaus und ein darauf zukommendes Flugzeug geht schon nahezu prophetisch. Die Geschichte selbst ist noch mehr überfrachtet, als die der animierten Version und so darf man ein ziemlich großes Stück des Filmes über einer Dreiecksgeschichte folgen, die zwar toll gespielt ist und uns die Charaktere näher bringt, aber das Filmtempo immer wieder zum erliegen bringt. Das mag allerdings auch daran liegen, dass die zahlreichen Actionpassagen mit so viel Phantasie und Talent inszeniert sid, dass man sich wünscht, sie würden niemals enden. Selbst wenn die Kulissen an vielen Stellen offensichtlich aus Pappe sind und man die Drähte, an denen die Schauspieler durch die Gegend gezogen werden deutlich erkennen kann, gelingt es Regie, Schnitt und Choreographie in Zusammenarbeit immer wieder, selbst die irrwitzigsten Einfälle glaubhaft zum Zuschauer zu bringen. Ja, selbst deutlich zu erkennende Barbiepüppchen-Stuntmänner haben mich nicht gestört, im Gegenteil sie vergrößern noch den Charme dieser kleinen B-Film-Perle. Anzumerken wäre vielleicht noch, dass die deutsche Synchro aus den Dämonen der Originalversion „Reptiloiden“ macht (wahrscheinlich war der nahende „Jurassic Park“ damals der Grund dafür). Auf der DVD von Schröder-Media kann man zwar die kantonesische Originalversion anwählen, an das Hinzufügen deutscher oder englischer Untertitel hat man beim DVD-Mastering wohl irgendwie nicht gedacht. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt, den ich an der Scheibe hab, denn wieder einmal hat Schröder ein gutes Händchen bewiesen und einen fast vergessenen Klassiker aus dem Archiv befreit. Die Bild- und Tonqualität ist dem Medium entsprechend, ein Upscaling für ein eventuelles BluRay-Release hätte keinerlei Vorteile. Als Extras gibt es neben einem Trailer auch noch die etwas längere internationale Fassung mit englischer Synchro in schlechter VHS-Qualität – eine nette Beigabe, die es aber nicht gebraucht hätte, um mich von diesem Release zu überzeugen. Kaufbefehl – aber schnell zuschlagen, denn dieses Release ist auf 2000 Exemplare limitiert und bereits seit dem 6. April 2017 im Handel. dia
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