Der weiße Hund von Beverly Hills / Trained to Kill / Die Weiße Bestie (USA 1982) Regie: Sam(uel) Fuller Drehbuch: Samuel Fuller, Curtis Hanson Buchvorlage: Romain Gary Musik: Ennio Morricone Darsteller: Kristy McNichol, Paul Winfield, Burl Ives, Dick Miller, Paul Bartel, Marshall Thompson
"Dogs can only see black and white, but not in a racist way!"
Als ich „White Dog“ irgendwann Mitte der 80er erstmals auf Video sah war ich begeistert von Kristy McNichol (lechz!), verliebt in den weißen Schäferhund, der die zweite Hauptrolle spielte und – obwohl es sich um die immer noch einzige legale ungeschnittene Fassung in deutsch handelt – enttäuscht vom geringen Gewaltgrad des Filmes. Das Rassismusthema tangierte mich nur peripher, schließlich war das ein rein amerikanisches Problem, das hier in Deutschland in dieser Form niemals möglich sein würde. Anfang der 2000er bei den diversen TV-Ausstrahlungen bereits war das etwas anders. Frau McNichol mit ihren Schulterpolstern und generell bekleidet mit allen modischen Verbrechen, die die 80er zu bieten hatten und ihre eher dürftige Schauspielkunst fand ich nun eher nervig, wobei ich ihr speziell ihre Rolle als „erfolgreiche“ Schauspielerin einfach nicht abnehmen konnte, der Hund war zwar immer noch schön anzusehen, die ständig hochgeklebten Lefzen allerdings störten gewaltig und was die Gewalt betraf hatte man hier – selbst in den wenigen grausameren Szenen – sogar noch die Schere angesetzt. Allerdings war der Alltagsrassismus mittlerweile leider auch wieder im Land der Dichter und Denker angekommen, so dass sich ein Gruseln ganz anderer Art einstellte.
Und heute?
Nun ja, ehe wir dazu kommen sollten wir vielleicht mal kurz auf die Geschichte des Filmes eingehen. Die junge Schauspielerin Julie (Kristy McNichol), die in einer riesigen Villa auf den Hollywood Mountains lebt, fährt eines nachts einen weißen Schäferhund an, lässt ihn von einem Tierarzt versorgen und entscheidet sich ihn vor dem Tierheim (das in den USA bekanntlich eine ganz andere Funktionsweise als hierzulande hat) und somit dem sicheren Tod zu retten. Wenn sie auch anfangs noch plant, den Hund schnellstmöglich wieder los zu werden, so ändert sich ihre Einstellung doch recht schnell, als der Vierbeiner sie vor einer Vergewaltigung rettet. Alles könnte so schön sein, hätte der Hund nicht ein gewaltiges Agressionsproblem, so bald es um dunkelhäutige Menschen geht. Julie beschließt sich darum zu kümmern und begibt sich zu einem Tiertrainer wo recht schnell festgestellt wird, dass es sich bei ihrem Fundstück um einen sogenannten „White Dog“ handelt, ein Tier also, das bereits im Welpenalter mit Gewalt darauf trainiert wurde schwarze Menschen anzufallen. Der schwarze Tiertrainer Keys (Paul Winfield) versucht nun das Tier, das mittlerweie aus naheliegenden Gründen Jekyll genannt wird, wieder umzupolen, woraufhin Fräulein McNichol glücklicherweise mehr im Hintergrund verschwindet und sich ein wunderbares Schauspielduell zwischen Trainer und Hund entspinnt. Samuel Fuller ist eine dieser Hollywood-Figuren, die immer Wert darauf legten sich gerade davon abzugrenzen. Seine Filme waren immer eine kleine Spur subversiver als andere Produktionen ihrer Zeit und wegen diverser Probleme mit Produzenten und Kritikern wanderte er sogar Mitte der 60er nach Frankreich aus wo er 15 Jahre lang residierte und sich zumeist als Darsteller verdingte, bis er mit seinem nahezu autobiographischen Meisterwerk „The big red one“ wieder international tätig wurde. Zugeben muss man aber auch, dass er niemals ein großer Visionär war – seine Filme sind durchgehend eher trocken inszeniert, große Momente sind – abgesehen von oben erwähntem Werk – eher Fehlanzeige. So ist auch „White Dog“, abgesehen von seinem Thema, eher ein konservativer Film, der seine Geschichte mit gewöhnlichen Bildern erzählt und dessen Spannungskurve eher gemächlich ist. Sicherlich gibt es durchaus einige spannende Sequenzen, zum Beispiel wenn der Hund durch die Straßen irrt und ein schwarzes Kind beinahe in sein Blickfeld gerät und auch die wenigen Attacken des Hundes sind mit deutlichen Horrorelementen gewürzt, aber meist dominiert halt das Dramaelement und dabei schwächen mittelmässige Leistungen von Frau McNichol, die hier versuchte ins ernstere Fach zu wechseln, und einigen Darstellern in kleineren Rollen das Filmerlebnis doch sehr ab. Das Rassimus-Tehma allerdings reißt den Film schnell aus der Mittelmässigkeit heraus, denn so absurd die Idee eines auf Schwarze dressierten Hundes den Zuschauern (und auch mir) in den Achtzigern noch erschien, so klar wird dem Rezipienten heute – auch in Hinsicht auf die immer noch schwelende „Kampfhund“-Debatte – dass es sich sehr wohl um eine unbequeme Wahrheit handelt, dass es Menschen gibt, die ihre Hunde bewusst zu Waffen machen. In den USA führte die Thematik bereits nach dem Dreh dazu, dass der Film erst einmal eine Dekade auf Eis gelegt wurde und erst Mitte der 90er im Kabelfernsehen erstmals zu sehen war, denn Rasissmus sollte es generell im amerikanischen Mainstreamkino nicht geben. Blacksploitation war ok – da ließ sich Geld mit verdienen – aber Finger in offene Wunden zu legen, das sollte nicht die Aufgabe im Hollywood der Reagan-Aera sein. Zusätzlich sprachen sich allerdings auch schwarze Organisationen gegen den Film aus, die darin die Idee, dass sich Rassismus „entlernen“ liesse sahen und speziell das – zugegeben recht schwache – Ende bemängelten, auf das ich hier jetzt natürlich nicht näher eingehe. Aber was bringt uns der Film denn heute, in einer Zeit, in der weltweit ein gewaltiger politischer Rechtsruck zu erkennen ist und eindeutig rechtsradikale Parteien selbst in Deutschland mehr als 13 % aller Wählerstimmen bekommen? In einer Zeit, in der die Schuld für sogenannte „Kampfhunde“-Attacken immer noch beim Tier und nicht beim Halter gesucht wird und der Rassismus hierzulande zwar nicht generell auf Schwarze, dafür aber auf Menschen anderer Religionen und solche, die unter Lebensgefahr bei uns Zuflucht suchen zielt. Da muss ich tatsächlich zugeben, dass „White Dog“ mittlerweile erheblich schmerzhafter und näher wirkt, denn all das, was man früher noch mit „Ach die Amis sind halt bekloppt und dumm“ abtun konnte ist heute auch hier in der Bevölkerungsmitte angekommen. Und wenn man genau hinsieht, dann merkt man auch, dass es Fuller nicht darum ging die Umerziehung eines Hundes zu zeigen, sondern darum auf Misstände hinzuweisen, die gerade zur Entstehungszeit des Filmes gerne unter dem Teppich gehalten wurden. Man sollte schließlich nicht vergessen, dass es gerade einmal zwei Jahre zuvor in Miami zu großen Rassenunruhen gekommen war, die mit 17 Toten, hunderten Verletzten und mehr als 1000 Festnahmen endeten. Deutlich wird Fullers Intention vor allem in einer Szene, in der der wirklich Schuldige an der „Programmierung“ des Hundes zum Ende des Filmes hin auftaucht und sich als „netter Opa“ mit seinen zwei Enkelinnen im Schlepptau und eben nicht als ein im Trailer Park geborener Redneck mit einem Hirn von Walnussgröße entpuppt. So erweist sich „White Dog“ trotz seiner diversen inszenatorischen Schwächen, als durchaus und in schrecklicher Weise immer noch aktuell – vielleicht hierzulande aktueller als je zuvor. Wer den Film sucht, sollte unbedingt auf die unten verlinkte Version von EUREKA zurückgreifen, die ihn in einem wunderschönen Full-HD Transfer und absolut ungeschnitten präsentiert und mit einem 48-Seitigen Buch daherkommt in dem unter anderem ein langes Interview zwischen Samual Fuller und dem Hund zu finden ist. Bei einem Preis von unter 10 € kann man kaum etwas falsch machen.
Dia Kleiner Hinweis: Im Film gibt es auch Gastauftritte von Marshall (Daktari) Thompson, Paul Bartel und Dick Miller, die das Projekt damals auch offen unterstützt haben und immer wieder in Interviews darauf eingegangen sind, dass der Film ein Release verdient hätte. |
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