(USA 1976) Regie: William Girdler Drehbuch: Harvey Flaxman, David Sheldon, Andrew Prine Darsteller: Christopher George, Andrew Prine, Richard Jaeckel, Joe Dorsey
Im Horrorkino der späten 70er Jahre vollzog sich durch die finanziellen und kritischen Erfolge von Filmen wie „The Exorcist“ (1973) und „Jaws“ (1975) eine interessante Wandlung. Waren es zuvor noch die jungen Wilden aus den Randgebieten des „young american cinema“ gewesen, die mit grenzüberschreitenden Werken wie „The Texas Chainsaw Massacre“, „Night of the living Dead“ oder „Last House on the left“ Eckpfeiler setzten und die Latte in Bezug auf Gewaltdarstellung und visuellem Terror höher legten, wurde schnell klar, dass es nun möglich war, mit wenig kreativem Aufwand eine Menge Geld einzufahren. So konnte nun also der Teufel in „Abby“ oder „Magdalena“ einfahren oder sich in „The Omen“ gleich in die hohe Politik schwingen (wobei dieser Film sogar ein wenig mit für die Welle von Slashern verantwortlich war, die dann die frühen 80er dominieren sollten und heutzutage fast schon wieder aktuell ist) und nahezu alles was kreuchte und fleuchte durfte sich im Zuge der Jaws-Mania in Sachen Amoklauf versuchen. Einige Beispiele für die letztere Welle haben wir auf diesen Seiten ja bereits im Zuge unsererer „Nature gone wild“-Reihe gewürdigt, der hier zubesprechende menschenfressende Riesenteddy ist aber gleichzeitig das unverschämteste und eines der unterhaltsamsten Rip-Of von Steven Spielbergs Meisterwerk. „Grizzly“ beginnt, nach einem wunderschön gefilmten Vorspann, in dem wir einem Hubschrauber bei einem Flug über einen amerikanischen Nationalpark folgen, mit einem doppelten Teaserkill, bei dem unser titelgebender Bär in bester Slashermanier zwei junge Frauen ins Jenseits befördert. Hier bereits können wir erstmals die Grizzly-Cam (subjektiv und in einer Höhe von gefühlt sechs Metern schwebend) und die Bärenkräfte unseres tierischen Killers – mit nur einem Hieb trennt er einen menschlichen Arm chirurgisch vom Frauenkörper und zerlegt eine kleine Hütte – kennenlernen. Als Held und Brody des Filmes bekommen wir nun Christopher George vorgestellt, der nicht Polizeichef von Amity sondern Rangerchef im Park ist. Ebenso vorhanden ist ein Hooper, der hier Scotty (Richard Jaeckel) heisst, ein Bärenforscher ist und auch schonmal im Fell eines solchen durch den Wald schleicht. Logisch, dass es auch einen Quint namens Don (Andrew Prine, der immer so aussieht wie ein junger Steve McQueen) gibt, der hier den die Orca ersetzenden Hubschrauber fliegt und ein Vietnam-Trauma hat. Nach einigen weiteren Bärenattacken tauchen auch die blutgeile Presse und die wilden Amateurjäger auf, die für Chaos im Park sorgen. Ebenso sämtlichen Klischees folgend, weigert sich der Bürgermeister/Parkleiter, selbst nachdem deutlich wird, dass es sich bei dem tierischen Killer nicht um den lieben Meister Petz sondern um einen echten Ursus horriblus (und nicht Lupus horriblus, wie ihn vielleicht andere Autoren bezeichnen würden) handelt, den Strand (ups – ich meinte Park) zu schließen. Nachdem der Bär dann noch einige weitere Camper, Ranger, ein Pferd und sogar ein Kind mittels seiner Superkräfte zerteilt hat, machen sich unsere drei Helden auf den Weg um ihn auf See – aehh im Wald zu stellen. Am Ende wird der haarige Koloss, der dann nur noch 3 Meter Hoch ist, überraschender Weise gesprengt - Musikeinsatz, Nachspann, Ende. Es ist schon erstaunlich, wie nahe – und teilweise schamlos - sich der Film in Sachen Dramaturgie und Charaktere an seinem Vorbild orientiert, speziell wenn man bedenkt, dass Regisseur William Girdler gerade einmal zwei Jahre zuvor betreffs „Abby“, seinem Blaxploitation-Remake vom „Exorcist“, einen Prozess gegen die allmächtigen Warner-Brüder verloren hatte. Wenn man aber mal wohlwollend über diese Ähnlichkeiten hinwegsieht, muss man zugeben, dass „Grizzly“ ein durchaus unterhaltsames kleines Werk ist, dass zumindest recht kompetent gespielt und gefilmt ist und das kann man von den meisten „Jaws im...“- und „Jaws mit...“-Filmen nun nicht gerade behaupten. Die Chemie zwischen den drei menschlichen Hauptcharakteren stimmt, was vielleicht auch daher rührt, dass sie in genau dieser Kombination zuvor bereits in einigen anderen Filmen vor der Kamera standen, der Nationalpark in Georgia ist ein visuell interessanter Austragungsort für den Kampf Mensch gegen Bestie und die Entscheidung fast den gesamten Film über „hide the monster“ zu spielen und bis auf eine einzige Einstellung auf echte Bären zurückzugreifen erweist sich – obwohl sicherlich dem mangelnden Budget verschuldet – als durchaus positiv. Zusätzlich bringt der Film auch noch reichlich deftigen – und netterweise auf Schock inszenierten - Splatter auf die Leinwand. Sicherlich ist es recht unglaubwürdig, dass ein Bär – egal wie groß – einem Pferd den Kopf mittels eines einzigen Schlages vom Rumpf trennen kann, dank geschickter Arbeit des Cutters funktioniert eine solche Szene aber trotzdem. Addiert man jetzt noch den Tabubruch hinzu, den Angriff des Ursus-patoren auf einen kleinen Jungen in drastischen Bildern zu zeigen, so ist sicher verständlich warum der Film damals eine prima Mundpropaganda bekam. Sicherlich war William Girdler, der leider bereits 1978 im Alter von nur 30 Jahren (ironischerweise bei einem Hubschrauberunfall) verstarb, kein Meisterregisseur, aber er hat mit jedem seiner Filme eine deutliche Steigerung durchgemacht und hätte vielleicht mal ein wirklich großer Name im phantastischen Kino werden können. Er verfügte über ein gutes Auge, hatte ein geschicktes Händchen in Sachen Dramaturgie und nach allem was man in Interviews über ihn hört, war es für Schauspieler ein Genuss mit ihm zusammenzuarbeiten. Natürlich ist „Grizzly“ keine neue Erfahrung in Sachen Suspense und Charakteraufbau, aber dank der schönen Naturbilder, den gut getimten Schockmomenten und dem geschickt eingeflochteten Hang zur Selbstironie funktioniert er auch heute noch recht gut und erheblich besser als so manch anderer „Jaws-Ploitation“-Film. Die BluRay aus dem Hause Krekel, die in der Reihe „Classic Cult Collection“ veröffentlicht wurde und bei den Amazonen für nicht einmal 10 € zu bekommen ist, steht der seltenen, teuren und streng limitierten US-Version in Sachen Bild und Ton, sowie Extras in nichts nach. Zusätzlich bietet sie sogar noch einiges an speziell für den deutschen Markt erstelltem Material, unter anderem ein paar Zeitungsausschnitte und die beiden Super 8 Versionen des Filmes. Einzig und alleine die deutschen Untertitel, die ich aus Gründen guter Nachbarschaft bei meiner nächtlichen Sitzung mitlaufen liess, sind teilweise an den Haaren herbeigezogen und haben manchmal nur recht wenig mit dem gesprochenen Text zu tun. Die deutsche Synchronisation entspricht rein hörmäßig der deutschen Kinofassung, ist – wie damals halt üblich – aufwendig produziert und verzichtet wohltuend auf Rainer Brandtsches Geschnoddere. Allerdings ist speziell in den vielen Hubschrauberszenen deutlich, dass man sich nicht die Mühe gegeben hat den Sound dort anzupassen, d.h. obwohl sich die Figuren mittels Kopfhörer und Mikro verständigen, klingen sie als ständen sie in einer Synchronbox. Aber das ist halt das typische Jammern eines Uraltfans, der mittlerweile eben nur noch Originalfassungen guckt und hat nichts mit der überragenden Qualität der Veröffentlichung zu tun, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Dia
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