(USA 1978) Regie/Drehbuch: Harry Kerwin & Wayne Crawford Darsteller: Wayne Crawford, William Kerwin, Roberta Leighton, Bert Freed, Jason Evers
„Papa, die nehmen Wasserproben!“ “Für wen?“ “Für die Universität.“ “Die hätte man schon vor Jahren in Brand stecken sollen.“
Im beschaulichen Palm Cove geschehen gar merkwürdige Dinge; einige Sportfischer verschwinden und der allgemeine Ton in dem Städtchen ist rau, die Leute streitlustig. Meeresbiologe Mike Canfield vermutet den Ursprung im naheliegenden Chemiewerk (wo sonst?) und nimmt mit einigen Studenten im Meer vor dem Werk Wasserproben. Doch das passt dem Besitzer Papa Jack nun gar nicht, also schickt er seinen leicht debilen Sohn Bubba mit dem Wachschutz, um die nervigen Ökos zu begrüßen. Bevor man sich die ungebetenen Gäste vornehmen kann, ist aber ärgerlicherweise schon die Polizei in Person von Sheriff Williams vor Ort, um die (oder eher gesagt den, denn die Studenten sind plötzlich komplett uninteressant) Landfriedensbrecher in Gewahrsam zu nehmen. Aber das gibt dem Öko-Aktivisten Gelegenheit, gleich mal mit Liza, der süßen Tochter des Sheriffs, anzubandeln. Und während sich die Lage weiter verschärft, weil die Leute beginnen, aufeinander loszugehen, und am Strand tausende angefressener Fische angeschwemmt werden, kommt Mike einem Forscher auf die Spur, der im Auftrag einer verschwörerischen Organisation durch die Senkung des Blutzuckerspiegels nicht nur Tiere sondern auch Menschen manipulieren will...
„If the real thing don't do the trick/You better make up something quick/
Wie wir wissen, war das Killerfisch-Gewerbe nach dem Erfolg des Spielbergs weißer Bestie von Amity schon bald überfüllt wie ein stinkiger Badesee während einer Hitzewelle. Und da die Variationsmöglichkeiten von „Knorpelfisch reißt blutige Stücke aus tumben Schwimmern von 5 bis 50“ eher überschaubar sind, kamen findige Filmfritzen flugs auf den Trichter, nicht nur keinen Hai als Monster darzustellen, sondern die ganze Chose auch mit anderen Genres oder am besten gleich vorliegenden Trends zu kombinieren. Roger Cormans B-Movie „Piranha“ hatte es bereits vorgemacht und aus dem zähnefletschenden, riesigen Ungeheuer einen riesigen Schwarm kleiner selbiger und aus dem Tierhorror gleich einen Öko-Horror geformt, in dem böse Militärs fähige Wissenschaftler mit Hang zur Frankenstein'scher Gefahrenblindheit zu abnormen Experimenten verleiteten, die in einer ungewollten Katastrophe mündeten, in der Menschen als Frischfutter für fiese Fische fungierten. „Barracuda“ hängt sich genau hier ran und ist somit, nur drei Jahre nach dem Original, bereits ein Abklatsch von einem Abklatsch. Aber einfach nur schnöde abzuschreiben hielten die Macher Kerwin und Crawford für dann doch zu einfach, und gewichteten und dichteten die verwendeten Elemente einfach etwas um. Ihr Film spielt wieder im/am Meer, sie verzichten auf eine große Fressorgie für ihre Monster und rücken die Krimi-/Verschwörungsplotte in den Mittelpunkt des Interesses. Das führt dazu, dass die titelgebenden, hechtähnlichen Raubfische, die zuvor auch nur für eine handvoll wenig beeindruckender, aber tödlicher Attacken gut waren, in der zweiten Hälfte des Films komplett außen vor bleiben und wir uns mit der wirren Ermittlungsarbeit vom Ökofritzen Mike und Sheriff Williams begnügen müssen. Die kommen dabei einer ominösen Organisation auf die Spur (die sich scheinbar nur als „mafiös“ beschreiben lässt), die durch einen perfiden Plan die Menschen dahingehend manipulieren wollen, freiwillig länger zu arbeiten. Das schlägt dem Fass nun wirklich den Boden aus! Der Tierhorror-Teil in diesem Trashfilm erstreckt sich also nur auf die ersten gut 45 Minuten, wo wir einige wenige und kurze, schlecht inszenierte Angriffe auf Menschen, sowie etwas angespültes Strandgut, wie menschliche Skelette und halb-gefressene Fische, bestaunen dürfen. Öko Mike zofft sich mit dem Besitzer des Chemiewerks Papa Jack (die natürlich etwas ins Wasser lassen, was da nicht hingehört, aber auch nur Teil einer viel größeren Verschwörung sind), der ausgerechnet seinen geistig minderbemittelten Sohnemann Bubba, der wahrscheinlich schon mit dem Posten eines Parkplatzwächters überfordert wäre, mit den Sicherheitsangelegenheiten beauftragt hat. Das soll wohl lustig sein, lässt den Blick des geneigten Zuschauers aber nur beschämt zum Boden gleiten. Vor den Schlägern des Unternehmers gerade noch gerettet, wird Mike, wie sollte es anders sein, erst einmal eingesperrt. Doch in „Barracuda“ ist der Sheriff ein netter, aufgeschlossener Mensch (mit einer überaus hübschen Tochter), der nach anfänglicher Abneigung Mike bei der Wahrheitsfindung unterstützt. Lustigerweise bleibt der Ökologe gleich mal im Knast wohnen, um vor Ort weiter arbeiten zu können. In der zweiten Hälfte bemüßigt der Film dann einen Schwenk, der ihn tatsächlich hätte interessant machen können, wenn man sich denn die Mühe gemacht hätte, ihn sorgfältig auszuarbeiten. Kerwin und Crawford versuchen hier tatsächlich, das ganze in Richtung Paranoia-Kino zu lenken. Die Menschen im Ort verhalten sich merkwürdig gereizt und (zumindest zwei) gehen gewalttätig und aus nichtigen Beweggründen aufeinander los. Öko Mike entdeckt in Barrakuda-Kadavern Chemikalien, die er nicht identifizieren kann, aber wohl Einfluss auf Mensch wie Tier hat (die Begründung, warum die Barrakudas auf alles losgehen, was ihnen zwischen die Zähne kommt, löst allerdings ein starkes Knirschen in selbigen aus). Der Verantwortliche ist schlussendlich jemand, der zuerst komplett unverdächtig schien (weil wir eben auch nichts über ihn wissen). Zwischendurch (eigentlich schon recht früh, doch ist das lange Zeit halt nicht von Belang) wirft man dann einen Killer ins Spiel, der im Auftrag der Geheim-Organisation alle unliebsamen Mitwisser vorsorglich eliminiert; stilecht mit Schalldämpfer auf der Pistole und so. Das sind alles Zutaten für zünftiges, doppelbödiges Thriller-Kino, nur hat die Sache einen Haken; all das wirkt beliebig in den Topf geworfen, denn das Script gibt sich nicht die Mühe, die Sache über die Spielzeit konsequent aufzubauen, geschweige denn, es zu einem sinnvollen Ende zu bringen. Regisseur Harry Kerwin (der seinen Bruder William mit einbrachte, der davor ein Regular von Herschell Gordon Lewis war und u.a. die Hauptrolle in „Blood Feast“ und „2000 Maniacs“ spielte) und Hauptdarsteller Wayne Crawford arbeiteten hier zum vierten und letzten Mal, Kerwin verstarb im Jahr darauf mit nur 48 Jahren an Lungenkrebs, zusammen. Crawford schrieb, wie meist, mit am Script und übernahm gleichzeitig die Hauptrolle, hier zeichnet er auch als Regisseur für die Unterwasser-Aufnahmen verantwortlich. Ausgehend von dem Ergebnis, werde ich wohl davon absehen, mir ihre anderen drei Werke davor, zwei Grindhouse-Krimis und eine Cheerleader-Klamotte, zu Gemüte zu führen. Die beiden wussten offensichtlich, dass die Eckpfeiler ihrer Story schon damals keinen mehr hinterm Ofen hervorlocken würden und haben sie dementsprechend aufgepeppt, wobei die Idee eines Thriller durchaus ihren Reiz hat, hätte ihnen denn ernsthaft der Sinn danach gestanden, wirklich einen gut erzählten Spannungsfilm zu drehen. So ist der Film einfach nur ein unausgegorener Mischmasch, nicht mehr als die Summe seiner (eher dürftigen) Ingredienzien, der so spannend ist wie ein „Tatort“, den man mit aller Gewalt darauf prügeln wollte, hip zu sein. Im Endeffekt bietet der Streifen damit weder Fans des Tierhorror noch des 70s-Grindhouse etwas ansprechendes; er ist ein Kuriosum, aber eines der uninteressanten Sorte. Es ist belangloser Trash, nicht mehr.
Zahnlos in Deutschland In hiesigen Gefilden schwamm „Barracuda“ schon immer mit einer Freigabe ab 12 Jahren rum. Die FSK hielt die blutigen Angriffe der Killerfische und auch die wenigen Body-Props und Fischkadaver für nicht bedenkenswert, allerdings ließ die Video-Auswertung das komplette Bad Ending missen. In den Ausstrahlungen im TV wiederum setzte man bei allen Fisch-Attacken die Schere an, um sie um einiges am sich im Wasser verteilenden roten Lebenssaft zu bereinigen, dafür schenkte man dem geneigten Zuschauer das auf dem Heimkinomarkt verweigerte Ende. Diese Fassung lief übrigens schon diverse Male am Nachmittag. Als dann die Veröffentlichung in digitaler Form als DVD von Laser Paradise anstand, konnte man darauf hoffen, trotz der weiter bestehenden Freigabe ab 12 Jahren, den Film vielleicht sogar in ungeschnittener Form präsentiert zu bekommen, doch offensichtlich bediente man sich hier am TV-Master, was heißt, dass der Film hier wieder in den blutigen Tatsachen beschnitten ist und es immer noch keine vollständige deutsche Fassung zu sehen gibt, weder im TV noch auf DVD oder Video. Das mag kurios sein, vielleicht auch unschön, aber mir persönlich ist es letztendlich egal, denn sollte ich wieder einmal Lust auf „Barracuda“ haben, kann man sich sicher sein, dass dann gleich der Song von Heart aus den Boxen dröhnen wird. Horny
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