(Dänemark / Frankreich / USA 2016) Auf die Augen..immer auf die Augen
Wer die Filmografie des dänischen Regisseurs Nicolas Winding Refn bis jetzt verfolgt hat, konnte schnell erkennen, dass es sich bei dem Dänen um einen der wenigen heutigen Regisseure handelt, der sowohl eine klare Handschrift hat, als auch eine ebensolche Entwicklung und Verfeinerung derselben bei jedem neuen Film zu erkennen gibt. Nach den noch sehr nordisch und sowohl hurmovoll, lebensnah und realistisch gehaltenen Filmen wie der "Pusher Trilogie" sowie Bronson oder dem kühlen "Walhalla Rising", begann Refn mit "Drive" und "Only God forgives" sich nach und nach von der realistischen Darstellung zu verabschieden und strebt nun heute den Stil des absoluten Kinos an: Nicht mehr um die Darstellung einer Handlung primär geht es ihm, sondern nur noch um die Befriedigung der Sehlust, des puren Kinos um seiner selbst willen. The Neon Demon spielt in der schillernden Welt der Models und der Mode in Los Angeles, voll von Neid, Missgunst und der Schönheit als einzig wichtiges Attribut. Die junge Jesse (Elle Fanning) kommt in diese Welt, möchte Model werden und gerät an die Maskenbildnerin Ruby (Jena Malone) und deren Modelfreundinnen Sarah und Gigi. Jesse fasziniert durch das gewisse Etwas, durch die Unverbrauchtheit und das noch nicht totgesehene Gesicht. Sie hat direkt Erfolg, den sie aber dank ihrer Modelfreundinnen nicht lange geniessen kann. Die Handlung des Films ist spartanisch, Dialoge sind oft kurzgehalten und was Refn tatsächlich wichtig ist, wird schnell klar: Ein visuelles Überrumpeln, eine Überstrahlung des Sehens, ohne direkte Chance der Deutung oder geistigen Durchdringung. Klar klingt das stark nach Arthouse Film und tatsächlich gleitet der Film oft ins pure künstlerische hinein. Das mindert aber nicht die Strahlkraft. Wie Refn inzwischen versteht mit Licht, Farbe und Perspektive umzugehen und aus jeder Szene ein Kunstwerk schafft, dass aber dann in seiner Schönheit oft so hohl und leer wie die zu oft fotografierten Models wirkt, ist schon beeindruckend. Und wenn dann Elle Fanning, mit ihrem wunderhübschen aber natürlichen und völlig unverbrauchtem, lebendigem Wesen in diese Welt der erstarrten Schönheit tritt und der Zuschauer langsam ihren immer nähernden Tod miterlebt, kommt auch der Horror dieser Welt zutage. Als Jesse ihren ersten Catwalk absolviert, erscheint ihr der Neon Demon, eine durch drei Dreiecke symbolisierte Erscheinung, die das repräsentiert, nach dem alle Personen in Refn Film streben. Und nicht nur verfällt Jesse dem Demon, sie wird selbst zu ihm. Ihr wird bewusst, wie sehr sich jeder nach ihrer reinen Schönheit verzehrt und wähnt sich schon quasi als eine Göttin. Das lassen ihre Konkurrentinnen aber nicht zu. Sie wollen selbst den Demon ihn sich spüren und erreichen das auch auf sehr blutigem und unappetitlichem Weg. Dass es in der heftigsten Szene des Films wiederum um ein buchstäblich menschliches Auge dreht, verdeutlicht zum Ende nochmal Refns Absicht des totalen Augenkinos. Wirkliche Bewegung oder Action gibt es wenig in diesem Film. Oftmals arbeitet Refn mit starren Tableaus oder mit Slowmotion. Die Bilder brennen sich so besser und deutlicher auf die Netzhaut. Mein Fazit: Die Topbesetzung, Cliff Martinezs pumpender und die Oberflächlichkeit dieser künstlichen Welt unterstreichender Technoscore und die Kamerarbeit von Natasha Braier machen The Neon Demon zu einem lohnenswerten Ausflug abseits der ausgetretenen Genrepfade. Für mich war der Film mal wieder ein Augenöffner. Frank Rinsche
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