diener03nippeldiener03Jean Rollin Collection No. 3

Les Démoniaques (1972)
Dienerinnen des Satans

Regie: Jean Rollin

Darsteller: Joëlle CoeurJohn Rico,
Lieva LonePatricia Hermenier


Von Wicked-Vision in drei Covervarianten erschienen

 

 

Filme von Jean Rollin sind; nennen wir es „speziell“.

Mit 20 Jahren, also im besten Splatterfilmalter, stieß ich auf zwei Werke des Filmemachers. Hierbei handelte es sich um Lady Dracula und Foltermühle der gefangenen Frauen, die mir beide von der heimischen Horrorvideothek unterm Ladentisch (beide Filme sind beschlagnahmt) angeboten und ans Herz gelegt wurden.

Ach ja, ich erinnere mich noch genau wie ich hinterher den Laden niederbrennen wollte.

Ich sah damals einfach nur zwei dilletantisch zusammengeschusterte Langweiler mit Laiendarstellern und lachhaften Effekten.

Wie konnte man so was verbieten?

Und vor allem, wie konnte man mir diesen Schund empfehlen?

Doch ich war einfach noch nicht reif genug für Rollin.

diener01Zumal der damalige Videotitel der Foltermühle dem Zuschauer Legastheniezombies (bei denen man nur kurz „i“ schreien durfte) beim Schänden versprach. Doch es gab keine Zombis (!). Stattdessen sah man verseuchte Psychos mit Kotze im Gesicht, die einer Schaufensterpuppe die Rübe runterhauten. Immerhin wurde wie versprochen geschändet, aber da sah man in der Pornoecke mehr. Hinterher brauchte ich zwei Portionen Romero um wieder runterzukommen.

Von der Frau Gräfin Dracula fang ich gar nicht erst an. Die Poesie und Schönheit dieses Machwerks entdeckte ich erst viel später.

Tatsächlich bekam ich meine erste positive Erfahrung mit Herrn Rollin erst beim Erwerb der 2005 erschienenen Collectors Edition von Redemption zu „Les Démoniaques“, um den es, welch Zufall, hier heute geht.

Denn endlich gibt’s den Film auch in deutscher Sprache mit einer erstklassigen Retrosynchronisation, die durchaus aus den Siebzigern stammen könnte.

diener04Doch kommen wir zunächst zum Film, der als Einstiegs-Rollin prädestiniert ist.
Warum? Nun, weil er im Gegensatz zu einigen anderen seiner Streifen tatsächlich eine „normale“ Handlung besitzt statt die Protagonisten einfach in bizarre Situationen zu werfen. Auch wird beinahe unnatürlich viel gesprochen. Der gute Herr ist sonst meist kein Mann vieler Worte.

Hauptfiguren sind vier Strandräuber, die sich besser John Carpenters The Fog - Nebel des Grauens hätten ansehen sollen. Dies ging 1974 allerdings noch nicht, geschweige denn Ende des 19. Jahrhunderts, dem Zeitpunkt der Handlung. Also locken die drei Jungs und das eine Mädel Schiffe per falschem Leuchtfeuer in ihr Verderben, um hinterher reiche Beute zu machen.

Gleich zu Beginn sehen wir ein brennendes Schiffswrack. Ein Erzähler schildert uns die Situation und stellt uns die bösen Buben und Bubinnen vor, während diese in die Kamera starren. Dabei übt sich der Anführer der Bande, genannt der Kapitän (John Rico), im wild grimassieren. Ich kann ihm bescheinigen, das hat er drauf!

Als bei ihrem aktuellen Beutezug plötzlich zwei überlebende Mädels im Walle-Walle-Nachthemd aus dem Wasser waten und um Hilfe betteln, machen unsere Tunichtgute das, was man von einem Rollin-Film erwartet. Sie schänden die Schiffbrüchigen. Ach ja, und sie töten die beiden. Das haben die Bitches aber auch nicht anders verdient. Immerhin wollten die Vier sich ungestört mit Goldketten behängen. und der Kapitän wollte seine Mitarbeiterin Tina (Joëlle Coeur), die uns vom Erzähler mit den Eigenschaften „wild und pervers“ vorgestellt wird, gerade vernaschen.

Beim Schänden verhalten sich die Piraten allerdings nicht gerade wie Profis. Einer von ihnen scheint so stolz auf seinen roten Strampelanzug (mitsamt passender Mütze) zu sein, dass er diesen auch beim Vergewaltigen lieber anbehält. Es ist aber auch sicher kalt nachts am Strand.

diener06Die beiden Opfer werden übrigens verkörpert von Lieva Lone und Patricia Hermenier, deren Filmographie hiermit auch beendet wurde. Schauspielerisch kein Verlust, optisch allerdings schon.

Nach getaner Arbeit geht’s für den Kapitän und seine Tina dann wieder frisch ans (Fick-)Werk. Und das ist großes Glück, auch für den Zuschauer, denn Joëlle Coeur ist beim nackisch rekeln eine Augenweide. Kein Wunder, dass die Filmographie dieser Dame Titel wie Die fröhlichen Holzfäller der nickenden Fichten beinhaltet.

Doch kurz darauf bereut Captain Iglo seine Taten (nicht das Ficken, das Schänden). In der heimischen Dorfkneipe bekommt er plötzlich Visionen von seinen beiden Opferinnen. Das wilde Grimassieren kehrt natürlich auch in sein Gesicht zurück.

Und tatsächlich wandeln die benachthemdeten Mädchen immer noch durch die Gegend. Von tot keine Spur. Die Plünderer kommen ihnen zwar schnell auf die Spur, was Tina jedoch beinahe mit dem Leben bezahlt.

Im Eifer des Gefechts können die Mädchen an Land zu ein paar Ruinen flüchten. Dort treffen sie auf einen rothaarigen Clown. Ein bizarrer Moment, der typisch Rollin mit Tüdelü-Musik untermalt und beinahe ohne Worte auskommt.

Der Clown ist übrigens auch weiblich und führt beide direkt zum Teufel, der die Ruinenlandschaft sein zuhause nennt. Diesem dürfen sie selbstredend nur nackidei gegenübertreten. Dafür hilft er dann aber auch bei der Rache an den Strandräubern. Der Preis dafür ist willenloses rumgevögel mit dem Belzebub. Einfach schön.

Ob und wie die Rache aussieht und wieviel nackte Haut es sonst noch so zu sehen gibt, müsst ihr schon selbst herausfinden.

diener08Doch kann ich dort erneut nochmals zur Vorsicht aufrufen. Man kann Jean Rollin nur lieben oder hassen. Etwas dazwischen gibt es nicht (oder ist zumindest schwer vorstellbar). Seine Filme wirken wie ein farbreduzierter LSD-Trip mit wenigen Worten. Overacting gehört da zur Tagesordnung. Wer das nicht mag, ist fehl am Platze.

Mir persönlich gefällt der Film allerdings sehr, wenn es auch nicht mein Liebster aus Rollins Filmographie ist. Generell kann man sagen, dass seine frühen Filme wunderschön sind (zu den unter Pseudonym gedrehten Pornos kann ich mich jedoch nicht äußern). Zum Ende seiner Karriere und seines Lebens drehte Jean Rollin leider nur noch auf Digitalkamera, was seine letzten Werke optisch leider allzu amateurhaft wirken lies. Das ist hier jedoch, wie bereits erwähnt, nur schauspielerisch der Fall.

diener05Neben einer gelungenen Synchronfassung wartet die Wicked-Vision-Jean Rollin-Collection mit drei verschiedenen, wunderhübschen Covern auf, die einem die Wahl schwer machen.

Der Film wurde vom Original-Kameranegativ neu abgetastet und sieht bombastisch aus. Hinzu kommt, dass wir hier die weltweit längste Fassung vorliegen haben.

Ein 24-seitiges Booklet, Interviews, Trailer, Outtakes sowie eine Einleitung und ein Audiokommentar des Meisters und eine später entfernte Sexszene runden die Edition ab.

Fazit:

Man kann Rollin lieben oder hassen, die Edition ist ein Schmuckstück, das in keiner Sammlung fehlen sollte. Dämoninnen in Nachthemden, wie falsch kann man da bitte liegen?

Chrischi

 

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