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The Guardian (1990)
Das Kindermädchen

 

Regie: William Friedkin

Darsteller: Jenny Seagrove, Dwier Brown,
Carey Lowell, Brad Hall

 

 

 Seit 14.07.2017 auf BluRay

Ich liebe Altmeister William Friedkin und seine unangepasste Art Filme zu machen. Werke wie „French Connection“ (1971), „The Exorcist“ (1973), „The Sorcerer“ (1977), aber auch seine aktuelleren Werke wie „Bug“ (2006) oder „Killer Joe“ (2011) kann ich immer wieder sehen. Ich bewundere dabei jedes Mal mit welcher Perfektion Friedkin den Spagat zwischen Hollywood und Arthouse schafft und in all diesen Spannungswerken hinter den vordergründigen Schauwerten und dem atemlosen Tempo auch nicht tiefes Drama verpackt.

Mit anderen seiner Filme, wie „Cruising“ (1980) oder halt dem vorliegenden „The Guardian“ (1990) habe ich mich aus irgendwelchen Gründen immer schwer getan. Ich habe „Cruising“ natürlich noch ein oder zwei Mal auf Video während meiner „Pacino-Phasen“ (welcher Filmfan hat die nicht zwischenzeitlich?)  gesehen – überzeigen konnte er mich allerdings nie.

Mit dem „Guardian“ ist das dann noch etwas ganz Anderes. Hier dauerte es tatsächlich mehr als ein viertel Jahrhundert bis ich überhaupt Mal die Lust verspürte ihn nochmals zu sehen. Sicherlich hatte mir die Pressevorführung damals gefallen und ich hatte dem Film auch eine überwiegend positive Kritik gegönnt, zumal er ja auch unzensiert über die deutschen Leinwände flimmerte. Aber im Video-Zeitalter war der Film lange Zeit nur in einer furchtbaren 4:3-Fassung erhältlich, an den „Genuß“ einer Fernsehausstrahlung war alleine in Bezug auf die zentrale Splatterszene des Filmes (keine Angst, wir kommen noch dazu) nicht zu denken und als der Film dann endlich auf Silberling verfügbar war, galt es andere Lücken im digitalen Bereich zu stopfen – und neue Friedkins zu entdecken.

guard05Worum geht es nun eigentlich in „The Guardian“? In Eröffnungssequenz lernen wir ein junges „Yuppiemäßiges“ Pärchen mit zwei Kindern (eines davon ein vier Wochen altes Baby) und deren Kindermädchen (dessen Gesicht wir nie sehen) kennen. Eines Nachts entführt selbiges das Baby, opfert es einem unheimlichen und scheinbar lebenden Baum, verwandelt sich in einen Coyoten und verschwindet vorerst aus dem Film.

Schnitt – drei Monate später.

Wir lernen nun unser Helden-Yuppiepärchen Phil (Dwier Brown) und Kate (Carey Lowell) kennen. Sie sind gerade erst in eine neue Stadt gezogen, da er einen neuen Job bei einer großen Werbeagentur bekommen hat, da wird sie schwanger. Da sie natürlich beide trotz Kind weiterarbeiten möchten…

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Einschub-Originaldialog:

Er addiert ein paar handgeschriebene Zahlen am Pool, während sie mit dem ein paar Tage alten Baby spielt.

„Ich glaub wir werdens schaffen.“
„Wenn wir beide arbeiten, nicht?

„Deine Eltern haben gearbeitet, meine auch – das ist normal. Es ist gut, wenn er früh weiß, dass man Arbeiten muss.“


…muss natürlich ein Kindermädchen her. Nach einer lustigen „verschiedene Mary Poppins stellen sich vor“-Montage und einem Freak-Accident der präferierten Kandidatin tritt dann auch endlich Camilla (
Jenny Seagrove) auf den Plan. Fortan träumt Phil von Alpen und auch für uns Zuschauer wird schnell klar, das diese Poppins nicht mittels ihres Schirms zaubert und fliegt, sondern eine unheimliche telepathische Verbindung zum gruseligen lebenden Baum hat, der hinter dem Haus im Wald auf neue Opfer wartet und sie netterweise von Camilla, seinem titelgebenden Guardian, auch geliefert bekommt.

guard03Zuerst müssen mal drei böse Buben dran glauben, die ihr und dem Baby im Wald auflauern und fiese Dinge mit beiden vor haben. Es kommt zu einer prima Zerquetsch-, Zerreiß- und generell Splatterorgie für einige Sekunden, danach nimmt der Film wieder das gewohnt Tempo auf. Auch andere Nebenchraktere müssen den Film noch ungewollt verlassen, weil sie dem Baum-Kindermädchen-Symbioten auf die Schliche zu kommen drohen und im Finale darf Mary Poppins sogar ohne Schirm noch fliegen lernen, ehe der Baum mittels einer Kettensäge blutigst verstümmelt wird.

Tja, wie sag ich´s meinem Kinde?

Also so richtig toll ist „The Guardian“ ja nun wirklich nicht. Sicherlich gibt es die ein oder andere Friedkinsche Sequenz, speziell wenn die Handlung sich um den Baum herum verlagert kommt durchaus eine dichte (Studio-)Atmosphäre auf und einige der Alptraumszenen sind visuell auch äußerst beeindruckend inszeniert. Man erkennt die Handschrift eines Meisters, aber die Einflüsse des Studios sind ebenso deutlich.

guard06Aber das ist auch kein Wunder, denn nach dem kontrovers diskutierten „Cruising“ (1980) und dem von der Kritik geliebten und vom Publikum ob seiner Düsterheit verhassten „Rampage“ (1987), galt Friedkin als Kassengift – als jemand, der seinen Zenit in den 70ern erreicht hatte und weder für die bunten 80er, noch für die hippen 90er geeignet zu sein schien. Also forderte man nach den ersten Testvorführungen „More Gore“ und „More Action“ und passte den Film an den Modegeschmack der Zeit an. Ein Schicksal, das im selben Jahr auch noch William Peter Blatty ereilen sollte, dessen Verfilmung seines eigenen Buches „Legion“ genau so betitelt in Produktion ging, dann aber letztendlich als „The Exorcist III – Legion“ und mit einem aufgesetzten Exorzismus am Ende in die Kinos kam und unterging.

Überdeutlich sind diese Eingriffe an der Splattersequenz zu Beginn des zweiten Filmdrittels erkennbar, die vollkommen unmotiviert wirkt und deren „Opfercharaktere“ wirken, als wären sie von einem 5-jährigen (mit einer zugegeben dreckigen Phantasie) geschrieben worden. Auch die gesamte Einleitungssequenz des Filmes wirkt seltsam deplaziert und hätte im letzten Filmdrittel als Erinnerungsszene eingesetzt erheblich mehr Sinn gemacht. Da dies dann auch zusätzlich das Geheimnis um den „Guardian“ in der ersten Filmhälfte verstärkt hätte, kann man schon fast sicher sein, dass diese Szene auf vorher an dieser Stelle im Drehbuch zu finden gewesen war.

guard02Nun könnte man fast auf den Gedanken kommen, dass ein kleiner FanCut des Filmes diese Probleme leicht beseitigen könnte, aber das würde leider nicht den Elefanten im Raum beseitigen. Der ist nämlich Darsteller Dwier Brown , der sichtlich mit nahezu jeder geforderten Reaktion überfordert ist und nur ein Mal im gesamten Film überzeugend rüber kommt. Leider ist das die Szene, in der er wild mittels einer Kettensäge auf einen Baum los geht – ich überlasse es jetzt dem Leser sich de passenden Witze dazu auszudenken.

Wie bereits erwähnt, ab und an schimmert die Genialität von William Friedkin durch und dann schafft der Film es den Zuschauer für wenige Augenblicke vergessen zu lassen, was für einen unausgewogenen Haufen Mist er sich gerade ansieht. Am Ende bleibt allerdings ein übler Nachgeschmack, der sicher dafür sorgen wird, dass erst einmal einige Zeit vergehen wird, bis ich wieder Lust auf diesen Film habe. Als nächstes steht erst mal wieder „Rampage“ auf der Liste.

 

dia

 

 

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