Poltergeist (2015)
Regie: Gil Kenan
Vorab erst einmal der Hinweis, dass ich grundsätzlich kein Gegner von Remakes bin. Sicherlich gehört es heute schon fast zum guten Ton, bei diesem Thema mit der Aussage „Hollywood hat keine neuen Ideen mehr!“ zu reagieren, aber ich garantiere, dass nahezu jeder, der das hier liest zumindest ein oder zwei Remakes in seiner Lieblingsfilmliste hat. Sei es nun eine der unzähligen Versionen von „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ oder „Dracula“, „Ben Hur“ mit Charlton Heston, John Carpenters „The Thing“-Neuinterpretation oder ein anerkannter Filmklassiker wie „The Wizard of Oz“ – all diese Geschichten wurden bereits in mindestens zwei verschiedenen Versionen auf die Leinwand gebracht. Ohne zu viel vorweg zu nehmen wird das Poltergeist-Remake von 2015 sicherlich nicht dort auftauchen, aber ich dachte mir ich sollte dem Film zumindest eine faire Chance geben. Erstaunlicher Weise beginnt die neue Version der Geschichte der Familie Freeling auch durchaus ansprechend, auch wenn die Namen der Hauptcharaktere (wahrscheinlich auf Grund rechtlicher Probleme) geändert wurden und wir nun einer Familie Bowen beim Einzug ins neue Heim folgen dürfen. Die Konstellation der Familie bleibt die Selbe, wir haben hier den Vater Eric (Sam Rockwell), der sich zwischen zwei Jobs befindet, die Mutter Amy (Rosemarie DeWitt) die scheinbar hauptberuflich Hobbyautorin und Mutter ist und die Kids Kendra (Typ unglücklicher weiblicher Teenager), Griffin (12-jähriger mit Angstpsychose) und Madison (Sonnenscheinchen, diesmal mit dunkler Haarpracht). Auch optisch hat man sich bei der Auswahl der Darsteller schon fast gruselig genau an Tobe Hoopers Klassiker orientiert, wie man auf den Fotos erkennen kann. Leider kommen zumindest die beiden erwachsenen Darsteller nicht im Entferntesten an die Leistungen von Craig T. Nelson und JoBeth Williams heran. Speziell Sam Rockwell, den ich normalerweise sehr gerne sehe, bleibt erstaunlich farb- und leblos und wirkt so, als habe man ihn (mit Geld?) gezwungen an der Produktion teilzunehmen. Die Bowens beziehen also das neue Haus, das sich in einen „spielbergschen“ Vorort befindet und schon kurz darauf kann man sich daran erfreuen, dass das Drehbuch mit einigen neuen – und nicht unbedingt schlechten - Ideen aufwartet. So erfahren wir in nebensächlichen Dialogen, dass das Wohngebiet zwar optisch sehr an Tobe Hoopers Original erinnert, aber die Zeichen der Zeit durchaus spürbar sind – das naheliegende Einkaufzentrum ist bereits geschlossen und viele der kleinen Häuser stehen bereits leer. Ebenso originell wird eine der Klippen des Originalfilmes umschifft, denn wer hat sich nicht schon immer beim Sehen des Originals gefragt, welches perverse Elternteil seinem Kind eine solch gruselige Clownfigur schenkt, wie man sie in Robin/Griffins Zimmer findet. Dieses Mal findet der Junge in einem kleinen Kabinett in seinem unter dem Dach gelegenen Zimmer eine ganze Clownsammlung, deren Herkunft einen schönen kleinen Mystery-Effekt hinzufügt (allerdings – SPOILER – dann in keinster Weise mehr erwähnt wird). Diese und einige andere kleine Veränderungen, die ersten Anzeichen einer übernatürlichen Macht ist diesmal statische Elektrizität, die sich dann auch auf alle elektrischen Geräte im Haushalt auswirkt, machen die erste halbe Stunde des Filmes dann auch durchaus erträglich. Wenn dann endlich Carol-Anne, ´tschuldigung Maddison, durch ihren Wandschrank in die Geisterwelt gezogen wird, verliert der Film jedoch sämtliche Eigenständigkeit und wirkt schon fast unfreiwillig komisch in seinem Bemühen sämtliche Highlights des Klassikers abzuarbeiten und zu „modernisieren“. So wird die Geisterjägerin Talina (die großartige Zelda Rubinstein) durch einen aus dem Fernsehen bekannten Geisterjäger (Jared Harris) ersetzt – was ja schon im Remake von „Fright Night“ überhaupt nicht funktioniert hat - und der flimmernde Fernseher durch den Caro…. aehhh… Maddison Kontakt zu ihren Eltern aufnimmt ist nun - logischer Weise – ein großer Flatscreen-Monitor, der aber trotz allem Bildrauschen und sichtbare Zeilen beherrscht. Ebenso lächerlich wirkt dann die Neuinterpretation der einzigen Splatterszene des Originals, die nicht nur erheblich harmloser daher kommt, sondern in der neuen Version auch überhaupt keinen Sinn mehr hat. Wir erinnern uns schließlich gerne daran, dass die Geschichte mit dem „kleinen Steak“ und dem anschließenden Gesichtspeeling dem „ungläubigen Thomas“ der Parapsychologentruppe widerfuhr, was ihn logischerweise dann zu einem Gläubigen machte. Im Jahr 2015 ist es halt Sam Rockwell, der sich über das Waschbecken beugt und bei dem irgendetwas passiert, dass man nur als Spiegelung im Wasserhahn ahnen kann. Offensichtlich bewirkt das bei seinem Charakter, der natürlich bereits davon überzeugt ist, dass seine geliebte Tochter in den Händen von Geistern ist, nichts und die Wirkung auf den Zuschauer ist ähnlich beeindruckend. Am schlimmsten wirkt es sich aber aus, dass der „rote Faden“ der Originalgeschichte (der angeblich umgebettete Indianerfriedhof) zwar in einem Dialog nebenher erwähnt, aber nicht weiter verfolgt wird – das Drama neben der Haupthandlung, das einen wichtigen Teil der Wirkung von „Poltergeist 1982“ ausmachte, wird einfach ignoriert. Da ist es fast schon folgerichtig, dass das „Ende nach dem Ende“, das mich zumindest damals im Kino sehr überrascht hat, nicht wie im Original nach einer Durchschnaufpause, sondern direkt im Anschluss der Rettung von Caro….Mist….Maddie und dem ersten Verlassen des Hauses stattfindet und in zwei bis drei Minuten abgehandelt ist. So ist „Poltergeist 2015“ im Endeffekt nicht nur ein weiteres total überflüssiges Remake, sondern – und das ist viel schlimmer – eine komplett verdummte Version eines Horrorfilmklassikers. An Stelle des gut durchdachten und perfekt inszenierten Filmes, bekommen wir hier eine auf ungefähr 90 Minuten herunter gerechnete Version, die in keiner Szene auch nur im Entferntesten spannend oder originell ist. Das ist besonders schlimm und unangenehm, wenn man bedenkt, dass sich in der ersten halben Stunde – wie gesagt – durchaus originelle Ansätze finden lassen, die – hätte man sie weiter verfolgt oder durchdacht – eine neue und interessante Version des Klassikers möglich hätten machen können. Wirklich schade, denn zumindest optisch und von den Effekten her ist der Film tatsächlich gelungen.
dia
|
- Hauptkategorie: Film