Gojira vs. Mekagojira / Godzilla vs. Mechagodzilla II (Japan 1993) Regie: Takao Okawara Drehbuch: Wataru Mimura, Andrew Smith Musik: Akira Ifukube Darsteller: Masahiro Takashima, Ryoko Sano, Megumi Odaka
„I really believe that this machine is the weapon to defeat Godzilla.” Film Nummer 5 der zweiten Staffel von Godzilla-Filmen (der sogenannten Heisei-Reihe)[1] bzw. der zwanzigste „Godzilla“ bisher sollte ursprünglich zugleich der Letzte sein. In Hollywood streckte nämlich bereits ein berühmter Schwabe seine Finger nach dem Franchise aus, so dass man in Japan keinen Sinn darin sah, zu millionenschwerem CGI-Gedöhns, wie es Spielberg bereits in „Jurassic Park“ vorgelegt hatte, in Konkurrenz zu gehen. Da sich Roland Emmerichs „Godzilla“ dann aber doch noch verzögerte kam alles anders – auf „Gojira vs. Mekagojira“ folgten noch zwei weitere Teile, stattdessen war der Film von Emmerich zumindest aus Sicht der Fans des großen Grünen das Letzte. Hinsichtlich der Handlung schrammt „Gojira vs. Mekagojira“ allerdings auch nur haarscharf an diesem Prädikat vorbei, aber seien wir mal ehrlich: wer schaut sich schon einen Kaijū Eiga wegen der Story an? Im Grunde genommen sind die austauschbaren Plots doch bestenfalls eine notdürftige Begründung für das Aufeinandertreffen schrecklicher Ungeheuer, für entfesselte Zerstörungswut, die im Stil von Wrestling- oder Gladiatorenkämpfen abgefeiert wird. Einen dezenten Hinweis darauf geben ja bereits die mit Ausnahme von „Gojira“ (1984) allesamt mit einem „vs.“ bzw. „tai“ versehenen Titel der Heisei-Reihe, die das monumentale Duell in Überlebensgröße in den Mittelpunkt stellen. Gerade bei den Titeln der Filme mit Mekaogojira bzw. Mechagodzilla war man übrigens besonders kreativ, denn bereits 1974 erschien „Gojira tai Mekagojira“, so dass man für den internationalen Markt noch die römische Ziffer II bemühte obwohl „Gojira vs. Mekagojira“ keine Fortsetzung dieses älteren Films ist. Im Jahre 2002 wurde schließlich „Gojira x Mekagojira“ veröffentlicht, der mit den beiden Vorgängern inhaltlich ebenfalls wenig zu tun hat. Komplett wird die Verwirrung schließlich dadurch, dass „Gojira vs. Mekagojira“ seinen direkten Vorgänger „Gojira tai Mosura“ (den man nicht mit „Mosura tai Gojira“ verwechseln sollte) ignoriert und stattdessen an „Gojira tai Kingu Gidora“ anknüpft. Blickt noch jemand durch? Nein. Gut! Denn ähnlich planlos geht es weiter: Selbst wenn wir uns auf die Heisei-Reihe beschränken und die älteren Godzilla-Filme komplett ausblenden, verwundert es zunächst einmal, dass in Japan überhaupt noch ein Gebäude steht und das Inselreich nicht schon längst zur kompletten Wüstenei umgestaltet wurde. Stattdessen scheint man die Auftritte von Gojira, Biorante, Mosura und Kingu Gidora ziemlich gut weggesteckt zu haben und verfügt obendrein auch noch über die inzwischen ausgehobene Spezialeinheit „G-Force“ zur Abwehr übergroßer Trampeltiere. Wer sich an die immergleichen Aufnahmen schmelzender Spielzeugpanzer erinnert, darf darum das Militär dazu beglückwünschen, dass es sich endlich mal was Neues hat einfallen lassen. Allerdings kommt man bei der G-Force mit der Entwicklung des Kampfjets „Garuda“ nicht so recht voran, so dass man stattdessen aus Teilen des geschrotteten Mekakingugidora das metallene Äquivalent zu Gojira konstruiert, um dem lästigen Vieh endlich mal so richtig eins auf die Mütze zu geben. Nebenbei stolpern ein paar Forscher auf einer abgelegenen Insel über ein Dinosaurier-Ei, das vom bösen Radon bewacht wird.[2] Außerdem schaut kurz darauf auch noch Godzilla vorbei um sich mit Radon zu klopfen, so dass das Forscherteam mit dem Ei in der Tasche dezent den Rückzug antritt. Wieder daheim in Japan brütet man es aus, so dass der von eigens zu diesem Zwecke bemühten findigen Marktforschern ausgebrütete „Ach wie süüüß!“-Effekt zum tragen kommt, denn dem Ei entschlüpft kein geringerer als Gojira Junia, ein knuffiges Kerlchen mit großen Kulleraugen, das zwar genauso sehr nach Plastik aussieht wie der Rest der Effekte, damit aber gut in die bewährte Gojira-Ästhetik hineinpasst, die so etwas wie Realismus noch gar nie anstrebte bzw. mit einem gewissen Stolz auch in den 90ern noch so altbacken daherkommt wie anno 1954. Und kaum ist der Kleine aus dem Ei gepellt schaut auch schon wieder Godzilla vorbei. Statt mit Radon klopft er sich nun allerdings mit Mechagodzilla, der nach einigen Anfangserfolgen vorerst wieder in der Werkstatt landet, während das Militär ein weiteres Ei der eher fiesen Sorte ausbrütet. Eine Telepathin hat nämlich mittels Kontakt zum Babygodzilla herausgefunden, dass Big G wie die meisten prähistorischen Reptilien über zwei Gehirne verfügt. Weshalb man sobald der Mecha wieder läuft Godzilla mittels Baby herbeilocken will, um den Mann mit den zwei Gehirnen im Gummikostüm dadurch endgültig loszuwerden, dass man eines davon irreparabel beschädigt. Dieses Osterei nennt sich dann „G-Crusher“ und selbstverständlich funktioniert der ganze tolle Plan schon deshalb nicht, weil zwischendurch auch noch Radon durch ein Kinderlied (!) zum Fire-Radon geupgradet wird und zum unverzüglichen Angriff auf Japan übergeht. Damit ähnelt das Drehbuch (sofern es eines gab) frappierend den Geröllhäufen, die Godzilla, Radon und Mechagodzilla bei ihren Aufeinandertreffen hinterlassen. Da wurde einfach mal alles bunt durcheinandergeworfen – Telepathie nebst einer Schule für „hochbegabte“ Kinder, in der nur noch Professor Xavier als Gastdozent fehlt; ein Godzilla-Baby, weil von schlauen Leuten eruiert wurde, dass derlei die Reihe für das weibliche Publikum attraktiver machen würde;[3] eine etwas lahme Liebesgeschichte, ein designtechnisch generalüberholter Mechagodzilla (der aus rationaler Sicht schon in den 70ern eine Schnapsidee war) und selbstverständlich die obligatorischen Stadtverschönerungsmaßnahmen von Männern im Gummikostüm bzw. im Metallic-Panzer. Und dabei holpert dieses monströse Ei so dermaßen vor sich hin bzw. über die stichworthafte Geröllhalde aus konfus ausgebreiteten Handlungsversatzstücken, dass man sich mit Blick auf die zahllosen inneren Unstimmigkeiten eigentlich nur noch darüber wundern kann, weshalb der Film trotzdem reichlich gute Laune verbreitet. Denn wenn man die unfreiwillige Komik bzw. bürokratische Fragen über beispielsweise die komplexen Verwandtschaftsverhältnisse des Schuppengezüchts einmal außen vor lässt muss man zugeben, dass die Action zumindest nach Gojira-Maßstäben recht ansehnlich geraten ist. Es geht eine Menge zu Bruch und die Fights, die ja ohnehin die Höhepunkte eines Godzillafilms darstellen, fallen dank der Kontrastierung von Technik und urwüchsiger Natur (bzw. durch die „Doppelgänger“-Funktion von Radon vs. Garuda / Godzilla vs. Mechagodzilla) ziemlich abwechslungsreich und spektakulär aus. Die musikalische Untermalung von Altmeister Akira Ifukube, die jedem Monster ein eigenes Leitmotiv zuordnet, unterstützt dabei den aufgefahrenen Größenwahn nach besten Kräften, so dass es am Ende geradezu bedauerlich ist, dass sich der auf der formalen Ebene ausgetragene Konflikt zwischen vorzeitlicher Natur und artifiziellen „Monstern“ aus Metall nicht auch auf der inhaltlichen Ebene wiederfindet. Dort versteigt man sich in den Dialogen zu müßigen Spekulationen darüber, ob es irgendwann eine neue Ära der Dinosaurier geben könnte und schließt mit Blick auf die ins Meer watschelnden großen und kleinen Godzillas mit dem Spielberg-Zitat „Das Leben findet einen Weg“, weil man trotz aller Technikhypertrophie im Grunde genommen dann doch froh darüber ist, dass der Mechagodzilla nun zumindest so lange schrottreif herumliegt bis sich das nächste Riesenmonster nach Japan aufmacht. Von diesem harmonischen Schlussbild abgesehen hat man jedoch über den Großteil der Laufzeit schlichtweg ständig das Gefühl, dass man sich im Grunde genommen zwei Filme gleichzeitig anschaut, da sich die einzelnen Komponenten von „Gojira vs. Mekagojira“ praktisch in andauerndem inneren Widerspruch zueinander befinden. Das fängt bereits beim Eierfund an: Gojira Junia gehört zu einer anderen Dino-Gattung als Gojira und ist auch nicht mit Radon verwandt. Also von wem stammt dann das Ei? Von Columbus? Und warum haben Radon und Gojira so großes Interesse an Junia? Immerhin wird den ganzen Film über nicht einmal klar, ob sie aus Beschützerinstinkt angelockt werden oder dem Kleinen am Ende gar noch schaden wollen. Für weiteres Stirnrunzeln sorgt in diesem Zusammenhang schließlich auch das Selbstopfer Radons. Einerseits gibt er Godzilla so richtig Zunder, andererseits heilt er dann mal eben so den inzwischen mit defektem zweitem Gehirn reichlich siech darniederliegenden grünen Giganten mit seiner Strahlung und verglüht dabei, ohne dass dieser Sinneswandel erklärt oder sonstwie nachvollziehbar gemacht wird. Sind die also am Ende doch irgendwie alle miteinander verwandt oder verschwägert? Eine gewisse paranormale Verbindung scheint ja durchaus zu bestehen, denn immerhin bemüht man einen telepathischen Kinderchor - in Summe scheinen aber schöne Musik und mysteriöse Eierfunde einfach ein Steckenpferd von Regisseur Takao Okawara zu sein, denn beides gab es (dramaturgisch ein wenig schlüssiger) bereits in „Gojira tai Mosura“. „Gojira vs. Mechagojira“ hingegen ist sich nicht einmal schlüssig darüber, wie die Sympathien verteilt werden. Klar, Junia ist einfach niedlich und dem kleinen Minira aus „Kaijū-tō no Kessen: Gojira no Musuko“ durchaus ebenbürtig wenn es um den Knuddelfaktor geht. Die Menschen hingegen sind einmal mehr beinahe komplett zu vernachlässigen, obwohl der Film zu Beginn suggeriert, dass Mekagojira bzw. seine Piloten im Vordergrund stehen. Tatsächlich bleibt das Militär aber in der gewohnten Mischung aus Inkompetenz und Heimtücke stecken - immerhin will man Junia als Köder für die Bestie missbrauchen - und der aufgrund von starkem Overacting stets etwas linkisch wirkende Azuma (Masahiro Takashima) kann daran als eine Art von Vermittlerfigur nur wenig ändern. Naja, immerhin steuert er einige Ideen zur Verbesserung von Mechagodzilla bei, aber unter „Hauptfigur“ stellt man sich für gewöhnlich dann doch was anderes vor, zumal Azuma keine Entwicklung im eigentlichen Sinne durchmacht und auch keinen nennenswerten Erkenntnisgewinn aus seiner Begegnung mit Godzilla & Co. verzeichnet.[4] Somit bleibt unterm Strich eine etwas gewöhnungsbedürftige Kombination aus ziemlich düsteren, zumeist bei Nacht stattfindenden Monsterkämpfen und einer eher auf Familienfreundlichkeit zusammengebastelten fragmentarischen Story vom verlorenen Ei. Ein Film, der an keiner Stelle so richtig rund läuft sondern mit merklichem Sand im Getriebe einfach so vor sich hineiert, allerdings ohne dabei langweilig oder gar zum Ärgernis zu werden (selbstverständlich nur sofern man diesen zur etwas speziellen Kunstform erhobenen Balgereien in stets als solchen erkennbaren Miniaturlandschaften etwas abgewinnen kann – Godzilla-Verächter hingegen bekommen eine Menge Gründe für ihre Abneigung und viel Munition für Hasstiraden geboten, aber gilt das nicht für alle Godzilla-Filme?). Und passend zum durchwachsenen Gesamteindruck des Films haben (selbstverständlich!) auch die deutschen Veröffentlichungen ihre kleinen Schönheitsfehler. Beispielsweise scheint die DVD von Marketing auf einigen Playern nicht so richtig laufen zu wollen, die Discs von Splendid (DVD und Bluray) hingegen verrichten wenigstens diese Arbeit tadellos. Allerdings scheint man dort lediglich das amerikanische Master verwendet zu haben, denn der Film beginnt mit dem Tri-Star-Logo und vom Abspann fehlt bis auf einige Copyright-Hinweise jede Spur, außerdem muss man mit der schlechten deutschen oder der ganz schlechten amerikanischen Synchronisation vorlieb nehmen, denn auch die japanische Original-Tonspur glänzt durch Abwesenheit. Da eine verbesserte Neuauflage ausgerechnet dieses Films aber vermutlich noch länger auf sich warten lassen dürfte muss man als Komplettsammler eben in den sauren Apfel beißen oder auf Importe aus Fernost zurückgreifen. Bei simpler Neugierde auf japanische Trivialfilmunterhaltung gibt es jedoch deutlich lohnenswertere Anschaffungen, beispielsweise aus dem Hause Anolis. Alexander Jäger [1] Benannt nach der Regierungsdevise des aktuellen Tennōs. [2] Freundlicherweise heißt der Vogel nun auch in der deutschen Synchronisation Radon; in den 50ern verunstaltete man das fliegende Monster von Osaka noch zu „Rodan“ und verschleierte damit sowohl seine Zugehörigkeit zur Gattung Pteranodon als auch seine Radioaktivität. [3] Judith Butler beißt derweil in die heteronormative Matrix. [4] Auf einen ursprünglich geplanten Plottwist um einen als Mechagojira-Pilotin getarnten Androiden, der den Konflikt von Natur und menschlicher (Zweit-)Schöpfung eventuell vertieft hätte, hat man zu guter Letzt dann übrigens doch noch verzichtet; angesichts der hoffnungslosen Motiv-Überfrachtung hätte diese Idee aber wohl auch nicht mehr Schaden angerichtet als ein randalierendes Ungetüm in Tokyo.
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