(USA 2018) Regie: David Leitch Drehbuch: Rhett Reese, Paul Wernick, Ryan Reynolds Darsteller: Ryan Reynolds, Josh Brolin, Morena Baccarin, Zazie Beetz
„Deadpool 2“ beginnt mit dem erfolgreichen Selbstmord unseres Helden, geht dann in einen James Bond Vorspann über und wechselt in eine - natürlich von Deadpool kommentierte – Rückblende. Wäre er eine Star Wars-Episode würde das Internet über den Film herfallen und ihn wegen seiner Nähe zum ersten Teil in der Luft zerreissen. Auch darüber macht Wade/Deadpool (Ryan Reynolds) natürlich seine Witze, wie auch über alle relevanten popkulturellen Ereignisse seitdem der Orginalfilm vor gerade mal zwei Jahren das Superheldengenre gefühlt revolutioniert hat. Zwar hatte der Humor mit den „Guardians of the Galaxy“ bereits in Marvel-Universum Einzug gehalten, der Splatteranteil in „Blade“ war 1998 bereits bedeutend höher und er war auch dementsprechend nicht der einzige R-Rated-Film mit einem Superhelden aus dem Marvel-Universum, aber „Deadpool“ war der erste Film, in dem eine Superheldenstory mit Humor und Brutalität erzählt wurde. Wir sind jetzt mal so nett und decken über Tromas „Toxic Avenger“ (1984-2000) das Mäntelchen des Schweigens. Zumindest aber war bei „Deadpool“, sowohl im Comic als auch im Film, die wirkliche Neuerung, dass der Held sich durchaus bewusst war, in einem absurden Comic-Universum zu existieren und oftmals die vierte Wand durchbrach, um den Zuschauer direkt anzusprechen. Das genau ist es nämlich, was unseren rot-schwarz gewandeten Helden so liebenswert und seine Welt so unwiderstehlich macht. Sicherlich hat Fox/Marvel sich mit Logan im letzten Jahr leichter getan, nachdem die Zahlen des letzten R-Rated-Films so erfreulich waren und sicherlich wäre Thor-Ragnarok weniger lustig geworden, wenn der „Merc with a mouth“ nicht im Jahr zuvor die Klappe aufgerissen hätte, aber seine persönlichen Ansprachen an den zahlenden Besucher sind tatsächlich sein einziges wirkliches Alleinstellungsmerkmal. So beeindruckte der Film damals auch beim ersten Kinobesuch ziemlich, bei mehrfacher Sichtung auf BluRay wurde aber eine sehr schnelle Abnutzung deutlich. Denn so fröhlich und frisch das Ganze erst daherkam, die schwache Story ohne wirkliche Höhepunkte oder interessante Figuren neben Deadpool selbst machten die weiteren Besuche in der Welt von Wade irgendwie langsamer als erwartet. Im Gespräch mit Kollegen vor der Pressevorführung wurde mir schnell klar, dass ich nicht alleine mit diesem Empfinden war, auch bei den Kollegen hatte sich die erste Begeisterung schnell in eine „Ist mir ähnlich egal wie ein weiterer Transformer Teil“-Stimmung verwandelt. Interessanter Weise schafft es Deadpool 2 aber recht schnell, diese düstere Grundeinstellung in eine ziemliche Jubelstimmung zu verwandeln. Wie bereits eingangs erwähnt nutzt der Film ja auch zu Beginn die gleiche Struktur wie sein Vorgänger, allerdings verspricht uns Deadpool selbst schon an dieser Stelle, dass uns im weiteren Verlauf ein Familienfilm erwartet. Und tatsächlich – nach dem ersten Akt ändert sich sowohl die Erzählstruktur als auch der gesamte Aufbau des Filmes. Plötzlich befinden wir uns in einem Heist Movie, in dem Deadpool sich ein eigenes Team aus Superhelden zusammenstellt, was in der Mitte des Filmes zu einer wirklich herrlichen und komplet außergewöhnlichen Actionszene sorgt, die nicht nur visuell überraschend inszeniert ist, sondern vor allem auch die Lachmuskeln zu harter Arbeit bringt. Auch das Finale, dass beim ersten Teil doch wieder ein typisch generisches Actionspektakel und in dieser Form austauschbar und schnell vergessbar war, ist im zweiten Teil bedeutend ruhiger, kleiner und charakterbezogen gehalten. Mehr möchte ich über den Inhalt, den ihr Euch zu großen Teilen ja aus den unzähligen Trailern zusammensetzen könnt auch nicht sagen – ich kann nur betonen, dass es Fox/Marvel diesmal viel besser gelingt Deadpools Alleinstellungsmerkmale herauszustellen und nicht versucht wird sich an die bedeutend erfolgreicheren Disney/Marvel-Filme anzuhängen. Die popkulturellen Anspielungen kommen wie aus der Pistole geschossen und einige gingen sogar über meinen Kopf hinweg, Deadpool ist nicht mehr die einzig interessante Figur im Film und durchlebt im Laufe der Handlung tatsächlich eine interessante Entwicklung, an deren Ende er zwar immer noch ein Großmaul, aber zumindest ein respekiertes Großmaul ist. Zusätzlich präsentiert der Film noch einen tollen Bösewicht, der bisher noch nicht gespoilert wurde, eine interessante Information für Barbra Streisand Fans, Peter und die wahrscheinlich beste und witzigste Post Credit Szene, die jemals über die Leinwand geflimmert ist. Am Ende saß ich demnach mit einem ziemlich breiten Grinsen im Kino, allerdings werden erst weitere Kinobesuche zeigen in wie fern der Film tatsächlich Beine hat, das hat mich die Erfahrung mit dem ersten Teil gelehrt. Totzdem kann ich natürlich einen Besuch des Filmes nur empfehlen, den „Deadpool 2“ vermeidet die Hauptfehler seines Vorgängers und konzentriert sich auf eine nachvollziehbare und spannende Handlung und die Entwicklung seiner Hauptfiguren. Klar gibt es auch einige Actionhighlights (die besprochene Szene in der Mitte und das Ende haben genug Bumm-Bumm um den einfach gestrickten Filmfan zu befriedigen), aber der Film ist bedeutend mutiger als man es erwarten konnte und nimmt sich auch Zeit für andere Dinge.
Dia
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