Regie/Drehbuch: Brad Anderson Sound-Designer: Kris Fenske Darsteller: Chris Bauer, Laura Margolis, David Allan Pearson
Larry Pearce (Chris Bauer) ist Manager in einem Call-Center und zu Beginn der Episode gerade in diesem Job noch voll funktionsfähig. Seit dem plötzlichen Tod seines 7-jährigen Sohnes leidet er nämlich an einer unerkannten und von ihm nicht wahrgenommenen Psychose. Sämtliche Kontakte mit anderen Menschen und ganz speziell mit seiner Frau, die von einer erneuten Schwangerschaft träumt – werden von ihm nur noch als lästige Pflichtübungen abgehandelt. Einzig und alleine während der Stunden im Büro, in denen es seine Aufgabe ist die Agents zu überwachen und in den stillen Stunden in seiner Werkstatt, in der er in Erinnerung an sein Kind und glücklichere Zeiten Schiffsmodelle bastelt, scheint er wirklich „wach“ zu sein. Dieser Zustand verschlimmert sich nur noch als sein Gehör plötzlich partiell Probleme bereitet und er beginnt, zumeist unangenehme, Geräusche extrem laut wahrzunehmen. Seine kleine Störung weitet sich im Laufe des Filmes zu einer echten Geisteskrankheit aus die – wir befinden uns schließlich in einer „Masters of Horror“-Episode – zu grauenhaften Konsequenzen führt/führen muss. „Sounds like“ ist vielleicht die am wenigsten beliebte Episode der Serie, da sie sich der normalen, bis zu diesem Zeitpunkt über 16 Folgen eingeführten, Serienstruktur komplett verweigert. So verzichtet sie zum Beispiel – bis auf eine, dafür aber besonders eklige, Szene – komplett auf den gewohnten Splatterfaktor und auch die integrierte Sexszene läuft komplett ohne nackte Brüste ab und ist generell nicht angenehm zu schauen. Dafür dürfen wir über 50 Minuten dem langsamen Zerfall eines durchaus sympathischen Charakters zusehen, dessen dürftiger Rest an „Normalität“ ihm von Tag zu Tag mehr entgleitet. Das ist eine Art von Horror, die dem Normalzuschauer sicherlich weniger zusagt, als eine knackig splatterige Zombie-Saga oder der fünfhunderste Wald- und Wiesenkillerfilm, die aber gleichzeitig zeigt, wie weit sich die Genregrenzen ausloten lassen. Zu verdanken haben wir diese unangenehme Filmperle Regisseur Brad Anderson, der ebenso für das Script verantwortlich war. Anderson selbst ist mir im Jahr 2001 erstmals aufgefallen, als ich – mehr oder weniger durch Zufall – seinen psychologischen Geister-Horrorfilm „Session 9“ sehen durfte. Bereits an diesem Werk schieden sich die Geister. Während die Splattersüchtigen den Film als eher uninteressant einordneten und sich mit der eher langsamen und puzzlemässig verschachtelten Erzählweise nicht anfreunden konnten, traf mich der Film, der übrigens komplett in einer verfallenen Nervenheilanstalt gedreht wurde, in meinem Gruselzentrum. Alleine der Gedanke an eine der zentralen Szenen, in denen die Dialogzeile: „What are you doing here?“ eine wichtige Rolle spielt, lässt noch heute die Haare auf meinem Unterarm Discotänze aufführen. Auch Andersons Folgewerk „The Machinist“, dass den meisten nur als der Film mit dem dünnen Christian Bale bekannt ist, spielt gekonnt mit düsteren Urängsten und hat ebenso wie sein Vorgänger und eben auch „Sounds like“ einen sympathischen Protagonisten, der versucht ein Trauma aus der Vergangenheit komplett zu unterdrücken und gerade dadurch einem unausweichlich bösen Ende entgegenschlittert. Da kann man fast schon von einem eigenen Stil des Regisseurs sprechen. Ebenso ist Anderson ein Meister, wenn es darum geht mittels geschickter Kombination von Bild und Ton subtilen Schrecken zu erzeugen, was in den ersten beiden Filmen teilweise noch sehr bemüht und teilweise unpassend wirkt, aber in „Sounds like“, bei dem er ja – wie bei der Serie üblich – komplette kreative Freiheit geniessen konnte, zu Hauptelement und einem der tragenden Pfeiler der Geschichte wird. Was er hier, in enger Zusammenarbeit mit dem Sound-Designer Kris Fenske, erschaffen hat ist eine Tour de Force für den Zuschauer und lässt sich am besten unter Kopfhörern geniessen. Leider versandete Andersons vielversprechend erscheinende Karriere in den letzten Jahren ein wenig im TV-Bereich, wo er sicherlich – unter anderem in der unterschätzten Serie „Fringe“ – für einige herausragende Folgen sorgte, ihm aber die Möglichkeit fehlte, seine Visionen komplett und unbeeinflusst umsetzen zu können. „Sounds like“ ist sicherlich nicht die richtige Episode um als nette Feierabend-Unterhaltung mal nebenbei zu laufen, um ihre Qualitäten wirklich zu erfassen muss man sich schon komplett in die Welt des verstörten Protagonisten fallen lassen, und das ist sicher auch mit einer der Gründe (abgesehen natürlich vom fehlenden Sex- und Gewaltfaktor) warum sie nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen hat. Wer auf ruhiges und eher im Hinterkopf funktionierendes Grauen Wert legt bekommt aber einen wirkungsvollen 55 Minuten Schauder geboten, der noch lange nachwirkt. dia
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