Regie: John McNaughton Vorlage: Clive Barker Drehbuch: Mick Garris Darsteller: Derek Cecil, Jill Morrison, Jon Polito, Steve Bacic
„Haeckel´s Tale“ ist schon ein seltsamer Eintrag der „Masters of Horror“-Serie, denn alleine von den dahinter steckenden Talent besehen müsste es sich um die beste Episode der gesamten Serie handeln. Dem ist aber nun tatsächlich ganz und gar nicht so - eher könnte man die Folge unter „Naja, netter Versuch“ einordnen. Woran das nun aber liegt gilt es im folgenden Text – für den ich mir Unterstützung beim Regisseur John McNaughton geholt habe – zu ergründen. Grundsätzlich bietet es sich natürlich erst einmal an mit der zu Grunde liegenden Kurzgeschichte (wobei hier das KURZ tatsächlich mal wörtlich zu nehmen ist) von Clive Barker zu beginnen, die im Jahr 2004 in der Anthology „The Mammoth Book of the Best of Best New Horror“ von Stephen Jones erschienen ist und bei der es sich um einen der wenigen Ausflüge Barkers in den reinen Horrorbereich in diesem Jahrtausend handelt. Sein Haeckel ist ein junger Arzt, der zu einer Gruppe von jungen Wissenschaftlern gehört, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts, regelmässig in einem Lokal in Hamburg treffen um sich über die Neuigkeiten ihrer Zunft auszutauschen. Zum Ende eines feuchtfröhlichen Abends hin erzählt Haeckel dann die Geschichte von seiner Begegnung mit einem „Necromancer“ (Totenerwecker), der – um die Gelüste einer jungen Frau zu befriedigen – auf einem Friedhof alle Toten erweckt, damit sie dieser zu Diensten sein können. Das Finale der Geschichte ist somit eine teilweise recht eklige Orgie in der nicht nur komplette halbverweste Leichen, sondern auch einige Leichenteile sich mit der jungen Dame vergnügen und in deren Verlauf auch eine Nebenfigur zombiegerecht entleibt wird. Am Ende befinden wir uns dann wieder in der Kneipe, in der die Anwesenden die Geschichte tatsächlich glauben, aber Haeckel von nun an trotzdem mit anderen Augen sehen. Wie von Barker gewohnt ist das Ganze mitreissend geschrieben und erzeugt auch eine schöne gothische Atmosphäre, die halt gegen Ende hin mit den sehr drastischen Schilderungen kollidiert. Leider aber ist das Ganze auch nicht sonderlich spannend und die Glaubwürdigkeit lässt am Ende halt sehr zu wünschen übrig. Denn – mal ganz ehrlich – auch im 18. Jahrhundert hätte ein ernst zu nehmender Wissenschaftler diese Räubergeschichte zumindest hinterfragt. Es handelt sich dementsprechend bei Weitem nicht um eines der besten Werke Barkers und es würde eher in seine Anfangszeit mit den „Büchern des Blutes“ passen. Wahrscheinlich war das auch der Hauptgrund, weshalb Drehbuchautor Mick Garris die komplette Rahmenhandlung umstrukturierte. So ist es in der TV-Episode nun eine Necromancerin, die einem potentiellen Kunden die Geschichte von Haeckel erzählt, um ihn vor der geplanten Erweckung seiner kürzlich verstorbenen Geliebten zu warnen. Zusätzlich machte Garris aus Haeckel selbst auch noch einen am Frankenstein-Mythos interessierten jungen Arzt, der alleine aus diesem Grund schon ein gesteigertes Interesse an den Handlungen eines ihm zufällig über den Weg laufenden Necomancers namens Montesquino hat. Von diesem Punkt an hält sich die Geschichte dann bis nach der Orgie auch nahezu wortgetreu an die Vorlage (verlegt die Handlung allerdings aus Kostengründen aus dem deutschen Mischwald nach New England), um dann bei der Rückkehr in einem fast schon „Twilight Zone“-mässigen Twist zu enden, der allerdings für gewitzte Horrorfans – wie wir es nunmal sind – bereits meilenweit vorhersehbar ist. Trotzdem verbessert das Script die Grundgeschichte alleine durch diesen kleinen Kniff ungemein und lässt den Zuschauer befriedigter zurück als die Vorlage. Als Regisseur der Episode war eigentlich – dank der Zombie-Thematik - George A. Romero vorgesehen, der aber, aufgrund zeitlicher Probleme dank der Dreharbeiten zu „Land of the Dead“ der Serie fern bleiben musste und so griff man auf John McNaughton zurück, der sicherlich kein sogenannter Zombie-Regisseur ist, aber ein sicheres Händchen für atmosphärische Umsetzungen eher außergewöhnlicher Stoffe hat. Über seinen Einsatz als „Romero-Ersatz“ erzählte er mir folgendes:
Vielleicht war das auch besser so, denn auch wenn Romero sicherlich nicht der schlechteste Regisseur ist, so hatte er doch kein wirkliches Händchen für die geforderte gothische Atmosphäre der Vorlage und ihr viktorianisches Setting. McNaughton hingegen schafft mit den zur Verfügung stehenden Mitteln beim Zuschauer in der ersten Hälfte der Episode ein nahezu Hammer-mässiges Gefühl. Dazu hatte er mir folgendes zu sagen:
Aber nicht nur der Friedhof, sondern auch die Hütte in der die leichenaffine Dame mit ihrem viel zu alten Ehemann lebt und die diversen Szenen im Wald wirkten erstaunlich überzeugend, was vielleicht auch an den Schauspielern lag, die teilweise sicherlich wegen ihres „altenglischen“ Aussehens gecastet wurden.
Wie viel Einfluss hatte McNaughton denn eigentlich auf das Casting selbst?
Wenn man all das zusammen nimmt, erklärt das auch, warum die Episoden von „Masters of Horror“ teilweise so unterschiedlich wirken. Die Regisseure hatten erstaunlich viel Mitsprachrecht und durften in vielerlei Hinsicht ihre Vision umsetzen. Bei „Haeckel´s Tale“ speziell führt das zu einer atmosphärisch dichten ersten Hälfte, allerdings scheint die Zombie-Orgie (die im direkten Vergleich mit der Vorlage, speziell im Bezug auf die sexuellen Handlungen, eher zurückhaltend inszeniert ist) fast schon aus einem anderen Film zu stammen. Das mag aber auch daran liegen, dass man solcherlei graphische Darstellungen in einem eher „hammeresquen“ Film eher nicht erwartet. Im Schlußabschnitt der Episode kehrt die Story aber wieder zu ihren Wurzeln zurück und auch McNaughtons durchaus vorhandener tiefschwarzer Humor blitzt dort nochmal kurz auf. Somit ist „Haeckel´s Tale“ also nicht das erwartete Highlight der Serie, aber bewegt sich im Mittelfeld einer grundsätzlich überdurchschnittlichen Produktion. Zum Schluß habe ich John noch zu seinen Erfahrungen bei den Dreharbeiten und dazu wie er die gesamte Serie einordnet befragt:
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Wer sich nun „Haeckel´s Tale“ zulegen will, sollte allerdings tunlichst darauf achten zur Black Edition zu greifen, da sämtliche anderen in Deutschland veröffentlichten Versionen um einige Gewaltspitzen erleichtert wurden. dia
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