Child´s Play (1988) Chucky die Mörderpuppe
Regie: Tom Holland
Drehbuch: Tom Holland, Don Mancini
Musik: Joe Renzetti
Chucky Design: Kevin Yagher
Darsteller: Catherine Hicks, Chris Sarandon, Alex Vincent, Brad Dourif
„Child´s Play ist eine Hochglanz-Erschreck- und Staun-Maschine mit leichten Konstruktionsfehlern, die wesentlich besser funktioniert, als man es erwarten konnte.“ Nagi im EVIL ED Magazin 13/14 (Mai/Juni 1989)
Dem wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, wenn inzwischen nicht fast 30 Jahre ins Land gefahren wären. Zusätzlich sollte man auch bedenken, dass der Film als Abschlußfilm des sechsten „Festival für Science-Fiction, Horror, Fantasy and Thriller in Brüssel“ (so damals der Titel des heute als BIFF bekannten Festivals) und somit drei Monate vor dem Deutschlandstart gezeigt wurde. Außerdem war der Hype um den Film damals auch recht groß, hatte man doch die kompletten Dreharbeiten dank Fangoria und Co. detailliert verfolgen können. Auch der überraschende Erfolg des ein halbes Jahr zuvor in den USA gestarteten Filmes war uns natürlich nicht verborgen geblieben.
Doch seitdem hat sich viel getan – Chucky bekam noch 5 (und bald 6) weitere Auftritte spendiert und ist mittlerweile ein fester Bestandteil der Popkultur, der oft in irgendwelchen Serien und Filmen aus Gründen eines billigen Gags erwähnt wird. Auch der Charakter der Killerpuppe hat sich im Laufe der Jahre erheblich verändert, denn im Gegesatz zu dem, was dem „normalen“ Filmfan beim Auftauchen des Namens im Gehirn rumspukt, war der von einer Killerseele belebte Plastikklumpen bei seinem ersten Auftritt noch kein witziger Vertreter des Mainstream-Horrors, sondern ein durchaus fieser Bursche, der trotz seiner Körpergröße eine echte Bedrohung für die Hauptfiguren darstellte.
De Geschichte dürfte allgemein bekannt sein und lässt sich recht schnell zusammenfassen. Der böse Wicht Charles Lee Ray (Brad Dourif) wird vom Polizisten Mike Norris (Chris Sarandon) in einem Spielzeugladen gestellt und angeschossen. Im Todeskampf transferiert er seine Seele mittels eines Zauberspruches in eine der gerade populären „Good Guy“-Puppen. Diese wird dem sechsjährigen Andy (Alex Vincent) von seiner alleinerziehenden Mutter (Catherine Hicks) zum Geburtstag geschenkt und beginnt nun mit einem Rachefeldzug gegen seine alten Gangsterfreunde und den Polizisten, der ihn zur Strecke brachte.
„Child´s Play“ erschien offensichtlich zu einer Zeit, in der das Horror-Genre durchaus populär war und für die Produktionsgesellschaften Ströme von schnell verdientem Geld bedeutete. Die „Friday the 13th-Serie“ hatte gerade mit Teil VI den Schritt in Richtung Selbstironie unternommen und „Freddy Krüger“ war spätestens seit dem gerade aktuellen Teil IV der „A Nightmare on Elm Street“-Serie komplett zum Horrorclown verkommen, dessen Nachbildungen man sogar bei „Toys are Us“ finden konnte.
Die einfachste Richtung wäre es also gewesen in genau dieser Richtung zu arbeiten. Einfach eine Masse an schicken handgemachten Effekten mit reinbringen und der Killerpuppe eine große Menge opferfähiger Teenager zur Verfügung stellen, die er dann mit einem dem Kill folgenden coolen Spurch um die Ecke bringen konnte und fertig wäre die filmproduktionstechnische Geldmaschine.
MGM/UA unter der Leitung von Produzent David Kirschner entschloss sich aber den Film, trotz der abstrusen Geschichte, ernsthaft anzugehen und eher auf Thrills als auf Humor zu setzen. Als Regisseur verpflichtete man Tom Holland, der bereits durch seine Drehbücher zu „The beast within“ (dt. Das Engelsgesicht), „Class of 1984“ und „Psycho 2“ (der Film der eigentlich nicht hätte funktionieren dürfen) geglänzt hatte und dessen erste Regiearbeit „Fright Night“ ihn drei Jahre zuvor fest im Horrorgenre verankert hatte. Das von ihm und Don Mancini (der sich später zu Chuckys Stammautor mausern sollte) verfasste Drehbuch verzichtete dann auch – neben den fehlenden One-Liners – komplett auf jegliches Fett und setzte auf Non-Stop-Entertainment bei dem dem Zuschauer wenig Zeit blieb, um über Logiklöcher und schablonenhafte Charakterisierungen nachzudenken.
Davon gab es allerdings tatsächlich so einige, was mir nach einigen Jahren Pause, bei der aktuellen Wiedersichtung des Filmes deutlich auffiel. So ist zum Beispiel die Figur von Andys Mutter definitiv nur aus diesem Grunde alleinerziehend, dass sie direkt von Chris Sarandon als typischem 80er Jahre Polizisten angeflirtet werden kann. Der fehlende Vater im Leben des Kindes wird mit nicht einmal einer einzigen Zeile erwähnt und scheint auch nicht wirklich eine Lücke darzustellen.
Ebenso absurd erscheint es, dass Chucky, der ja zu Beginn des Filmes noch Wert darauf legt NICHT enttarnt zu werden, sich Andys Babysitter als erstes Opfer „erwählt“. Nicht nur, dass dieser Mord in der Wohnung seiner Besitzer geschieht, er hat auch keinerlei Sinn in der Geschichte, sondern dient offensichtlich nur dazu, den Zuschauer in der nötigen Einleitungsphase des Filmes bei der Stange zu halten. Diese Art der Abkürzung zieht sich dann auch durch den ganzen Film, einer logischen Nachbetrachtung hält er also definitiv nicht stand.
Aber ist das wirklich ein Nachteil?
„Child´s Play“ hat eine absurde Grundsituation, die dem Zuschauer innerhalb der ersten zehn Minuten präsentiert wird. Ähnlich wie bei „Indiana Jones and the crystal skull“ (Ja, es gibt – im Gegensatz zu Bielefeld – tatsächlich einen vierten Indiana Jones Teil) ist auch hier der Beginn des Filmes eine Art „Indy im Kühlschrank“-Moment. Wenn man schon über die Transferierung einer Seele in eine Puppe stolpert, kann man sich den Rest des Filmes ersparen.
Wenn man aber in der Lage ist über diese Hürde zu springen, dann fällt auch die Akzeptanz anderer minimaler Probleme leicht genug und man kann sich – und hier muss ich Nagi nochmals zitieren – dieser „Hochglanz-Erschreck- und Staun-Maschine“ hingeben und die „leichten Konstruktionsfehler“ außer Acht lassen.
Denn „Child´s Play“ ist ein gutes Beispiel für eine knackige Thrillerinszenierung ohne jeglichen Ballast. Ohne auf die damals geldbringenden Latexorgien oder erotischen Thrillerkomponenten zu setzen, will der Film einfach nur unterhalten und – auf nette Art und Weise – Angst erzeugen und in beiderlei Hinsicht kann man das Endergebnis als gelungen bezeichnen.
Zusätzlich ist die Killerpuppe erfreulich selten wirklich zu sehen, meist beschränken sich ihre Auftritte in der ersten Hälfte des Filmes auf kurze Einstellungen mit nahezu unmerklichen Bewegungen und selbst wenn Charles Lee Ray dann im vollen Killermodus angekommen ist, nutzt er doch eher Versteckmöglichkeiten um seine Angriffe durchzuführen, was bei einer Körpergröße von noch nicht einmal einem Meter auch sinnvoll erscheint.
Auch in Sachen Splatter hält sich der Film erstaunlicherweise sehr zurück. Sicherlich gibt es das ein oder andere Mal Blut zu sehen, aber dies sind schnelle Schockmomente, die bewusst kurz gesetzt sind, um das Tempo der Handlung nicht zu zerstören.
Im Finale wird Chucky dann auch terminatorgerecht und endgültig zerlegt – zumindest war es das, was Regisseur Holland immer wieder in Interviews erwähnte. „Child´s Play“ sollte ein definitives Ende haben, das eine Fortsetzung zu einem nahezu unmöglichen Unterfangen machen sollte.
Wie gut das geklappt hat erzählt Euch dann der Alexander in seiner Kritik zu „Child´s Play 2“.
dia
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