Teil 3
Denkt man an die Geschichte des 3D-Filmes, dann hat man das Gefühl, als wären die 60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts in dieser Hinsicht eher „flach“ besetzt gewesen. Aber dem ist tatsächlich nicht so. Sicherlich war der Hype der 50er etwas abgeflacht, die großen Studios setzten auf ebensolche Bildformate und Leinwände und der Zuschauer freute sich, dass er endlich keine Brillen mehr im Kino tragen musste. Doch so ganz tot war der plastische Film noch nicht. Speziell dadurch, das nun in den Studios überflüssiges Equipment frei – und für eine Handvoll Dollar – erreichbar wurde verlagerte sich die Produktion von 3D-Filmen in den Untergrund oder ins Ausland. Dass dies bei der Suche nach dem vierten D (dem Drehbuch) nicht sonderlich hilfreich war, dürfte jedem Leser klar sein. Trotz dem gab es auch in diesen Jahren einige Filmperlen und eine Entwicklung, die es zu beleuchten gilt. Beginnen möchte ich mit „The Mask“ aus dem Jahr 1961, der auch als erster kanadischer Horrorfilm in die Geschichte eingegangen ist und in dem sich der Bösewicht, wider Erwartens, nicht bei seinen Opfern entschuldigt, sondern sie in eine Art Traumwelt versetzt, in die die Zuschauer mittels rot-grüner Pappbrillen folgen können. Dem Konzept geschuldet beschränken sich die 3D-Sequenzen auf einige – allerdings dementsprechend dramatische – Minuten und das mehrfache Auf- und Absetzen der Brillen war nicht unbedingt das, was sich das Publikum erwünscht hatte. Trotzdem war der Film auch international ein moderater Erfolg und wurde bei Kritikern durchaus positiv aufgenommen. Ehe es zu weiteren „Movies abutt Horror“ im Land der netten Menschen kommen sollte, mussten dementsprechend noch einige Jahrzehnte vergehen. In Spanien bemühte man sich 1968 dem Publikum die Brusthaare von Paul Naschy dreidimensional zu präsentieren. „La Marca del Hombre-lobo“, der in deutsch zu „Die Vampire des Doktor Dracula“ und in der englischen Fassung zu „Frankensteins bloody Terror“ wurde, war der erste Film, in dem Paule den geschundenen Werwolf Waldemar spielte und damals eine der aufwendigsten Produktionen des spanischen Kinos. Leider wurde er nur im Enstehungsland und hierzulande in der Originalfassung, das heißt in 70mm und in farbigem 3D gezeigt. International wurde der Film nur in verschiedensten Stümmelfassungen vermarktet, war so gut wie nie in 70 mm und niemals in 3D zu sehen, was wohl auch der Grund dafür ist, warum er bis heute auch nur in flachen Versionen für den Heimkinomarkt zur Verfügung steht. Da wird es tatsächlich mal Zeit, dass sich eines unserer Kleinlabels darum bemüht, denn bereits in der flachen Version erkennt kann man deutlich, dass hier der Kirmesfaktor auf die Spitze getrieben wurde und unser Paule sich größte Mühe gibt, das Publikum von der Leinwand aus zu erreichen. Wie bereits in der Einleitung erwähnt bemühten sich nun auch andere – und exotischere Länder – darum auf den plastischen Zug aufzuspringen. Am verblüffendsten sind hier vielleicht zwei koreanische Filme namens „Im Ggyeok-Jeong“ und „Mongnyeo“, die ebenfalls 1968 entstanden. Der Erstere, der auch als „A man of great strength“ international eine kleine Auswertung erfuhr, handelt es sich scheinbar um eine Art Robin Hood Geschichte im Korea des 16. Jahrhunderts. (Ja, Oliver Krekel, es gab bereits vor deinem 3D-Meisterwerk einen Versuch den Rächer der Enterbten plastisch auf die Leinwand zu bringen. Aber keine Angst - wir kommen noch zu dir. :) ) Das Plakat weist zumindest auf einen knallbunten Film mit schicken Kostümen und den damals üblichen Kampfszenen hin. „Mongnyeo“ hingegen ist eines der üblichen asiatischen Geisterdramen, die es nicht erst seit den 90ern gibt und dürfte einige Erscheinungen haben, die über den Köpfen des Publikums schweben. Leider lässt sich über diese beiden Filme wenig in Erfahrung bringen, aber sie hatten sicherlich auch keinen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des plastischen Kinos. Wichtiger, wenn auch wahrscheinlich nicht qualitativ hochwertiger, war da schon „The Stewardesses“, der im Jahr 1969 erstmal nackte Brüste in plastischer Form aus der Leinwand schweben liess und sofort zu einem Klassiker wurde, der die nächsten zehn Jahre des 3D-Kinos nicht unerheblich beeinflusste. Denn mal ganz ehrlich, das war es doch, was der Zuschauer sehen wollte – nacktes Fleisch. Dem Trenchcoat und Sonnenbrillen Kinogänger machte es logischerweise auch nichts aus dass zwischen ihm und der Leinwand noch eine Plastikbrille nötig war – NackeDREI-D wurde der „heiße Scheiss“ in den 70er Jahren, da war es auch egal, wenn die inhaltliche, schauspielerische und technische Seite der meisten dieser Filme eher dürftig waren. Die Büchse der Pandora war geöffnet worden und in der Folge konnte man Filme mit Titeln wie „The four dimensions of Greta“ (1972, Regie: Pete Walker) oder „The Playmates“ (1973) auf der Leinwand bewundern. Wenig überraschend, war diese Art der plastischen Erregung besonders hierzulande sehr beliebt und so durfte man die, damals noch knackigen Körper von Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann gleich in mehreren Werken in voller runder Schönheit bewundern. In Erinnerung bleiben da unter anderem das Remake von „Stewardesses“, das unter dem originellen Titel „Die Stewardessen“ bereits 1971 erschien und natürlich der trefflich betitelte „Liebe in drei Dimensionen“ (1973), der sich in späteren Jahren auch in der flachen Version auf Video noch einigen Erfolges freuen durfte, da er sich als überraschend unterhaltsame Sexkomödie entpuppte. Leider konnte ich dazu kein 3D-Bild finden, aber Ingrid ist auch in flacher Form plastisch genug. Den meisten Eindruck machte allerdings ein anderer 3D-Film, der neben dem Tabubruch des nackten Fleisches auch noch etwas gänzlich Neues auf die Leinwand zauberte. Der je nach Quelle und Interview entweder komplett von Anthonio Margheriti oder Paul Morissey gedrehte (und mittlerweile mit beiden Regisseuren verschlagwortete) „Flesh for Frankenstein“ (1973) präsentierte, zwischen den ziemlich expliziten Sexszenen auch noch härtesten Splatter (gestaltet von Carlo Rambaldi). Ich rede hier nicht von ein wenig spritzendem Blut, wie es damals im Horrorkino üblich war - der hierzulande als „Andy Warhols Frankenstein“ vermarktete Film zeigte Dinge, die eigentlich zu einem Filmverbot geführt hätten, wäre bei einer Warhol Produktion nicht der Kunstanspruch seltsamerweise anerkannt worden. Wobei man zugeben muss, dass diese Einstellung schon etwas seltsam erscheint, denn abgesehen vom herrlichen Set-Design, den prima overactenden Schauspielern – allen voran natürlich der Gallenblasen fickende Udo Kier und der sich scheinbar nur nackt wohlfühlende Joe Dallesandro – und dem beißend satirischen Unterton des Filmes, handelt es sich doch um einen Splatterfilm der besonders harten Kategorie. Seien es nun eine lang ausgespielte blutige Köpfung mittels einer Heckenschere oder die wunderbare Szene in der Kiers Eingeweide über dem Publikum schweben, „Flesh for Frankenstein“ lässt keine Chance aus den Zuschauer zu schockieren und ist auch heute noch überraschend effektiv, auch wenn sein Schwesterfilm „Blood for Dracula“ (der allerdings nur in flacher Form gedreht wurde) sich als der rein technisch und storymässig bessere Film erweist. Trotzdem, solltet ihr mal die Chance bekommen, den Film in seiner dreidimensionalen Fassung zu sehen, dann solltet ihr sie ergreifen, auch wenn die verwendete Technik – und vor allem die Unfähigkeit des Kameramannes damit umzugehen – für einige Doppelbilder und Irritationen sorgt, da man immer wieder gezwungen wird neu zu fokussieren um den Effekt nicht zu verlieren. Aber das sind Probleme, über die ich im nächsten Teil noch berichten werde. Zum Abschluss gibt es als feines Schmankerl noch ein Bild aus einem Film namens „Heavy Equipment“, das deutlich macht, dass auch in anderen Genres mit dem plastischen Film experimentiert wurde. Ja, der Titel ist gewollt zweideutig und ihr werdet ihn nicht in der IMDB finden. :) Bis nächste Woche dia
Teil 2 – Eine neue Welt (die 50er Jahre) Teil 4 - Alles fliegt dir um die Ohren (die 80er Jahre)
Coming Soon: Teil 5 - Der Guckkasten ist zurück (nach Avatar)
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