Was die von Spielberg ins Leben gerufene Dinofilmserie betrifft, so habe ich den ersten Film mit Genuss im Kino gesehen und die anderen beiden mit eher langen Zähnen zur Kenntnis genommen. Die Geschichte war einfach am Ende von Jurassic Park zu Ende erzählt, von dieser Seite gab es dann auch keine Überraschungen mehr.
Blieben also nur die Spezialeffekte. Dort war das Original sozusagen richtungweisend, weil Spielbergs Techniker es fertig brachten, sowohl mechanische als auch computergenerierte (CG) Effektszenen perfekt zu kombinieren. Leider war das weder den Zuschauern noch den Studiobossen klar. Spielbergs Computersaurier (insgesamt 6 Minuten im Bild) sorgten dafür, dass wir in den Folgejahren mit immer mehr und mehr sogenannten CGI Effekten bombardiert wurden. Wo der Meisterregisseur den Computer nur als Hilfsmittel einsetzte, wenn es gar nicht anders mehr möglich war eine Sequenz zu drehen und geschickt durch nachträgliche Farb- und Belichtungskorrekturen eventuelle Schwächen ausglich, werden heutzutage komplette Filme vor grünen Leinwänden aufgenommen. Mit ein paar simplen Mausclicks wird dann der Rest dazugedichtet. Das kann funktionieren, zumeist sind die Ergebnisse allerdings so übertrieben, dass der Effekt ins Auge fällt und die Illusion schnell dahin ist. Natürlich könnte man jetzt anmerken, dass auch die Stop-Motion-Aufnahmen in Klassikern wie „King Kong“ (1933) oder in den Werken von Ray Harryhausen leicht durchschaubar sind, aber diese dienen dazu, eine Geschichte zu erzählen und waren geprägt von einer handwerklichen Kunstfertigkeit, die man heute so gut wie gar nicht mehr sieht.
So, das musste einfach mal raus.
Jetzt aber zur Jurassic Welt des Jahres 2015. Was hier an Story vorliegt lässt sich kurz und schmerzlos zusammenfassen. Der titelgebende Saurierpark existiert bereits seit zehn Jahren und um mehr Besucher anzulocken hat man sich dazu entschieden, mittels Klon-splicing eine neue Dinosaurierart künstlich zu erzeugen. Dieser Supersaurier – eine Mischung aus dem Tyrannosaurus Rex und dem allseits beliebten Velociraptor – bricht nun aus und metzelt sich blutgierig durch Mensch und Saurier. Sicherlich gibt es noch einige Subplots mit bösen Militärs und bedrohten Kindern, aber im Endeffekt geht es in „Jurassic World“ nicht um Drama oder die hohe Kunst des Filmemachens, sondern darum möglichst viele Christen den Löwen vorzuwerfen.
In dieser Beziehung kann man den Film dann auch als durchaus gelungen ansehen. Die Kämpfe Monster gegen Monster erinnern an klassische Saurierfilme wie „King Kong“ oder „Lost World“ und wenn es den humanoiden Lebewesen an den Kragen geht, dann hat man teilweise das Gefühl in einem richtigen Splattermovie zu sitzen. Natürlich wird auf übermäßige Blutfontainen und zerstückelte Körper verzichtet, aber das auch nur so gerade eben. Speziell eine Sequenz in der die Assistentin der Heldin ihr Leben aushaucht macht deutlich den Eindruck vor der Vorlage bei der MPAA erheblich länger (oder zumindest etwas anders) gewesen zu sein. Eventuell steckt hier sogar noch eine sogenannte Unrated Fassung in den Archiven.
Generell sind die Monsterszenen – wie zu erwarten war – sehr schön anzusehen und bieten eine Vielfalt an unterschiedlichen Highlights. Seien es ruhige Szenen, in denen man Saurier auf einer grünen Wiese grasen sieht, ein Streichelzoo mit Triceratops-Babys oder die diversen Kämpfe Monster gegen Monster und Monster gegen Militär. Die ILM-Effekt Techniker hatten eine ganze Menge zu tun und bis auf ein paar kleine Einstellungen, in denen die Künstlichkeit der Bilder überdeutlich wird, bekommt man das, was man sehen will. Auch wenn es um die Darstellung der Wut und die Nahrungsaufnahme des eigentlichen Hauptdarstellers geht, ist „Jurassic World“ wirklich recht ansehnlich und unterhaltsam.
Wenn der Film sich allerdings um seine kleineren Darsteller kümmert ist das Ergebnis eher dürftig. Chris Pratt präsentiert seinen Charakter, eine Mischung aus Wildhüter und Tierpfleger, als übercoolen Alleswisser und –könner ohne Fehl und Tadel, dem wirklich alles gelingt und der zu jeder Situation den passenden Plan hat. Auch wird er nicht müde darzulegen, dass es sich bei den Sauriern im Park um Lebewesen mit Gefühlen handelt. Anders sieht das die von Bryce Dallas Howard verkörperte PR-Chefin/Managerin/Irgendwas des Parks, die andauernd die armen Klonsaurier als Investitionen bezeichnet. Sie übernimmt, wenn es um die von „Starlord light“ vorgeschlagene Notschließung und Evakuierung des Parks geht, dann auch schnell die Rolle des Bürgermeisters von Amity. Allerdings verliebt sie sich dann auch zügig in den feschen Burschen, so dass dieser sich andeutende Konflikt im Sande verläuft.
Das Quartett der Guten vervollständigen zwei Brüder von ungefähr 11 und 14 Jahren, die aus der in Scheidung befindlichen Familie von Frau Howards Schwester stammen. Sie sind, um aus dem familiären Kriegsschauplatz entfernt zu werden, zur Schwägerin in den Park verurlaubt worden sind und dienen in der Hauptsache dazu verfolgt und gerettet zu werden. Auf Seite der Bösen spielt Vincent D'Onofrio einen Militär, der die von Starlord nahezu gezähmten Saurier auf Kampfeinsätze drillen will. Ein wahrlich böser Wicht also, bei dem es eigentlich nur fehlt, dass er einen zwirbelfähigen Schnurbart trägt.
Hier mehr auf die dürftige Story einzugehen, würde die wenigen Überraschungen des Filmes verraten. Es fällt auch so schon schwer genug, zwischen den, glücklicherweise reichlich vorhandenen, Dinoszenen das Interesse am Film aufrecht zu erhalten. Als Auftragskiller im Regiestuhl fungiert hier ein nahezu unbekannter Newcomer namens Colin Trevorrow, der in der Traumfabrik momentan als der nächste Spielberg gehandelt wird. Bei „Jurassic World“ beweist er, dass er, unter Führung eines starken Produzententeams, gut mit Bauklötzen spielen kann. Zuvor hatte er nur einen Kurzfilm, eine Kurzdokumentation, einen TV-Film und das nette, aber nicht besonders bemerkenswerte, Indie-Drama „Safety not guaranteed“ ( deutscher Titel „Journey of Love“, 2012) abgeliefert, so dass es sehr unwahrscheinlich erscheint, das die Produzenten Marshall/Spielberg ihn wegen seiner Kreativität und seinem eigenen Stil verpflichtet haben. Da sich „Jurassic World“ nun innerhalb kürzester Zeit unter die Top 3 der erfolgreichsten Geldmaschinen aller Zeiten eingereiht hat, ist es auch kein Wunder, dass Disney Trevorrow nun auch für den Abschlußfilm der neunteiligen Star Wars Saga verpflichtet hat. Ob es eine gute Idee ist einen Regisseur ohne jegliches eigene Profil auf einen solchen Posten zu befördern wird sich zeigen, darf aber bezweifelt werden.
Alles in allem bietet „Jurassic World“ somit genau das, was man erwarten durfte. Sinnfreie Unterhaltung mit nett anzusehenden Effekten - Tiefgang, Spannung und glaubhafte Charaktere muss man sich wegdenken. Die nächste Fortsetzung ist für 2018 angekündigt und einer Sache darf man sich heute schon sicher sein: Die Beinahe-Katastrophe, die die Grundlage für „Jurassic World“ bietet, wird als nichtig abgetan und es wird ein neuerlicher Unfall im Park geschehen. Man darf gespannt sein, wie die Klötzchen diesmal gestapelt werden.
RATING:
IMDB 7,2/10
Mein Rating 5,5/10