Hach, waren das noch Zeiten, als "Blade" einfach ein cooler Actionheld war. Als Comic-Verfilmung - man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen!
Comic-Verfilmungen!
Nichts gegen Comics, aber im Grunde genommen kurz und einfach der trivialste Scheißdreck überhaupt, eine handvoll säkularisierte Mythen und etwas verbürgerlichte Heldenepik mit einem Schuß von Nietzsches Übermensch, verrührt zu einer mal ganz schmackhaften („The Dark Knight“, „Captain America: The Winter Soldier“…), teils aber auch äußerst unbekömmlichen synthetischen Suppe („The Dark Knight Rises“ oder gar „Spawn“), serielle Kommerzprodukte aus der Fließbandproduktion, mit dem Gehalt einer Schachtel Marlboro Lights oder einer Flasche Heinz-Ketchup.
Und sowas wird dem Publikum heutzutage als Beitrag zum ethnischen oder irgendeinem beliebigen anderen Diskurs vorgesetzt?
Ernsthaft?
Leute, nenene, es gab auch schon vor dem momentan als Nonplusultra abgefeierten, afroamerikanisches Problembewusstsein monstranzartig vor sich hertragenden „Black Panther“ farbige Actionhelden! "Action Jackson", "Beverly Hills Cop", "Shaft", "Bad Boys"…
Und hatten die das nötig, sich großspurig Schlagworte wie "diversity" aufs Banner zu heften? Oder waren diese Filme nicht viel eher von selbst so gut, dass man auch als böser, weißer, heterosexueller Mann ins Kino gegangen ist, die präsentierten Figuren super fand, die DVDs gekauft hat und auf den ganzen Unsinn von wegen Rasse und Hautfarbe schlicht und einfach geschissen hat? Ganz einfach weil all der Nazi- und KuKluxKlan-Gedankenmüll gar keine Rolle mehr gespielt hat?
Ich frage mich manchmal echt, was in den letzten zehn, fünfzehn Jahren schiefgelaufen ist. In Punkto Wiederaufkeimen rassistischen Gedankenguts, aber auch von der anderen Seite her: kann man farbige oder meinetwegen auch homosexuelle Kunstfiguren nicht einfach wieder unbeschwert, ohne pseudotiefgründiges Marketing präsentieren?
Beispielsweise so wie Willem Dafoe in "The Boondock Saints" - der war eben einfach schwul, völlig normal, ohne da irgendwie groß mit dem apodiktischen Zeigefinger so zu tun, als hätte man jetzt wunderwas für einen großartigen Meisterstreich an Aussage und philosophischem Gehalt fabriziert. Durch diese Darstellungsform (Anderssein als Normalität, als etwas, das kurz und einfach alltäglich ist ohne groß diskutiert werden zu müssen) gräbt man dem rechten Gesockse doch meiner Ansicht nach viel effektiver das Wasser ab als durch die - seien wir ehrlich: vor allem bei einem Comicfilm reichlich verlogene und kommerziellem Kalkül entsprungene - Wichtigtuerei, mit der sich Handelswaren inzwischen heuchlerisch vermarkten und mit der die superschlauen Kulturkritiker belegen, dass sie sich von vorne bis hinten verarschen lassen. Außerdem wirkt die beiläufige, unaufgeregte Inszenierung von „diversity“ kurz und einfach unverkrampfter, wohingegen es zumindest mir eher so geht, dass mich das bierernste Getue, die langen Gesichter mit wichtiger Miene, dieses stocksteife Herumreiten auf sozialer Relevanz einfach nur abstößt, obwohl ich weder Rassist, Sexist noch homophob bin.
Lasst die Pädagogik doch einfach dort wo sie hingehört: im Klassenzimmer oder meinetwegen in Filmen wie „Amistad“ oder „Malcolm X“. Den durchschnittlichen Dunkeldeutschen erreicht ihr mit eurer Message sowieso nicht, der wird den „Black Panther“ viel eher sogar gerade aufgrund der euphorischen Besprechungen, die sich gegenseitig an Toleranz zu überbieten versuchen, schon aus purem Trotz als Beleg für die von der „Lügenpresse“ beklatschte „Vernegerung“ (ekelhafte Begriffe, ich weiß) der westlichen Kultur abtun und gar nicht erst anschauen.
Anderes Beispiel, um klarer zu machen, was mich an "Black Panther" bzw. dem Hype darum so stört:
Kennt noch jemand den Steven Seagal-Klopper "On Deadly Ground"? Muss man nicht gesehen haben, es geht darin um einen fiesen Ölmulti, der in Alaska Umweltschmutz veranstaltet und von Steven dafür Dresche kriegt. Eindeutige Aussage, gar nicht schlecht, mit schönen Landschaftsaufnahmen und toller Musik.
Aber dann: nach erfolgreicher Mission hält die Kampfwurst Seagal einen rund zehnminütigen ökologischen Vortrag und macht durch dieses peinliche Dozieren nicht wie beabsichtigt seine Message deutlich, sondern sabotiert den kompletten Film. Ganz einfach deshalb, weil man sich Actiongülle von Seagal garantiert nicht ansieht, weil man sich aufdringlich schulmeistern lassen will. Denn dann kann man auch zur nächsten Podiumsdiskussion vom BUND ohne seine Ersparnisse in eine Kinokarte oder die Leihgebühr zu stecken.
Die Art und Weise, wie aktuelle Themen heutzutage aufbereitet werden, hat aber sehr viel mit Seagals vermessener Selbstinszenierung zu tun - man präsentiert sich gewichtig und wichtig, wird zum Prediger und Propheten - und nervt am Ende doch nur mit all den Phrasen, die das Publikum ohnehin schon zur Genüge aus der Tagespresse kennt. Und das ist der eigentliche Betrug am Zuschauer: anstatt im Rahmen eskapistischen Vergnügens ein Kommunikationsangebot zu machen (das hat, so ekelhaft und politisch der Film auch sein mag sogar Pasolinis "Salo" noch hinbekommen: eine These in den Raum zu stellen und gleichzeitig den Rezipienten dazu aufzufordern, aus dem Gezeigten eigene Schlüsse zu ziehen, kurz: zum Nachdenken anzuregen) wird die "richtige" Interpretation als Antwort auf die ebenso stumpfsinnige wie jegliche Form von Kunstverstand vermissen lassende Lehrerfrage "Was will uns der Autor damit sagen?" gleich mitgeliefert.
So machen dann nichtmal mehr die bunten Abenteuer von Superhelden Spaß, weil der öde Alltag mit all seiner Diskriminierung oder meinetwegen auch Umwelt- oder sonstigen Problemen auf der Kinoleinwand oder spätestens im Feuilleton einfach nur noch lückenlos fortgesetzt und die Freizeit politisiert wird.
Wer das braucht kann sich doch auch einfach diesen unsäglichen Thälmann-Film von der DEFA anschauen.
Alexander
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