Call of Duty WWII, Battlefield 1
Im vergangenen Monat habe ich die Singleplayer-Modi von Battlefield 1 und Call of Duty, also namentlich, so weit die furchtbarsten Konflikte der Menschheitsgeschichte betroffen sind, den Vorzeige-Videospielen zum Thema zerstreuende Kriegsführung, gespielt. Schlimmer noch, ich fand im Konsum der beiden Games eine intellektuell stimulierende Erfahrung, die einen durchaus genaueren Diskurs, zur aufkeimenden Thematik der kulturellen Wertigkeit der interaktiven Medien, verdient hat. Die Budgets und Möglichkeiten von Videospielen haben in den letzten zehn Jahren ein derart enormes Wachstum erfahren, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis man mit einem grob verantwortungslosen „Man schießt halt auf Soldaten, weil das ja nur ein krudes Videospiel ist.“ nicht mehr davon kommen konnte. Mit jedem Zentimeter den sich Echtzeitgrafiken aus dem „Uncanny Valley“ hinauf kratzen, wächst mit der visuellen Qualität auch die Responsibilität derer die Realität mit ihnen abbilden.
Battlefield 1 erzählt keine zusammenhängende Geschichte, sondern gründet seine Kampagne auf kurze Vignetten. Kurze Einblicke in den Kriegsalltag. Meist nicht länger gehalten als 24 Stunden. Zum einen gibt dieses Format Dice die Möglichkeit verschiedene Szenarien auf dem gesamten Erdball an den Spieler zu vermitteln, und zum anderen die Freiheit, sich insbesondere den legendären Erscheinungen des ersten Weltkrieges anzunehmen. Man fliegt zusammen mit den wagemutigen Aviatoren in spektakuläre Luftschlachten, lernt die gepanzerten Anzüge der mythischen Arditi in den Alpen kennen und kämpft letztlich sogar an der Seite von T.E Lawrence um die Freiheit Arabiens.
Mit Sicherheit nicht die neueste Erkenntnis, über die Schrecken der französischen Fronten, aber eine die in Battlefield 1, ob ihrer Interaktivität, eine neue Form der Eindrücklichkeit erreicht. Auch ein Punkt, den man fraglos gemacht hat, um der etwas leichteren Kost der restlichen Level einen historischen Stachel zu verpassen.
Call of Duty WWII erzählt die Geschichte eines einzelnen Schicksals. Man begleitet eine Gruppe junger Männer, von der Landung in der Normandie bis zur Überquerung des Rheins. Ähnlich wie Battlefield 1 bezieht sich Call of Duty WWII hierbei auf Interviews, um eine genaue Darstellung der Ereignisse zu gewährleisten. Freilich hat WWII hier den Vorteil noch lebende Teilnehmer des zweiten Weltkrieges ausfragen zu können. Und so malt das Spiel auch eine sehr viel realistischer anmutendes Bild der Ereignisse. WWII ist, was im speziellen für den COD-Franchise ein wahres Novum ist, kein Spiel über Heldentaten. Es ist ein Spiel über Krieg. Dreckig, anstrengend, moralisch fragwürdig und letztlich wenig glorreich.
Speziell im direkten Vergleich mit Battlefield 1 lässt sich diese unterschiedliche Designphilosophie erklären. Einen Mann in Battlefield 1 zu erschießen fühlt sich fast unwirklich gut an. Die Waffen geben ein befriedigendes „Pfumb“ von sich, der Getroffene fällt theatralisch zu Boden. Vielleicht gibt es noch eine leichte Blutwolke. Alles fühlt sich mehr an, wie aus einem John Woo Film. Anders Call of Duty WWII. Töten fühlt sich hier wie ein wirklich grausamer Akt an. Der Getroffene schreit, es ist überall Blut und die Animationen lassen einen nie vergessen, dass die Person hier verrecken wird, wenn der Spieler bereits weitergezogen ist. So machen Shooter selbstverständlich keinen Spaß. Aber Unterhalten ist auch, wenn überhaupt, äußerst selten das Ziel dieses Games.
Ich wiederhole diesen Satz jetzt schon seit einigen Jahren. „Videospiele müssen, ähnlich wie Filme, nicht zwingend Spaß machen um eine bedeutende Erfahrung zu sein.“ Schließlich sagt auch niemand, dass Elephant Man ein schlechter Film sei, weil die Gagdichte zu gering ausfällt. Wenn überhaupt bewegt sich das Massenmedium Videogame zunehmend in eine höhere kulturelle Bedeutsamkeit. Und eine ernste Thematik, wie die der beiden Weltkriege, behandeln zu können, gehört zu dieser Entwicklung dazu. Es gilt schließlich auch zu bedenken, dass viele junge Menschen, egal ob wir das nun wollen oder nicht, Ihre erste mediale Konfrontation mit der komplexen Thematik Krieg, über ebendiese Videogames machen werden. Das ist eine enorme Verantwortung, welcher sich Spiele wie Battlefield 1 und Call of Duty WWII dankenswerter Weise zunehmend bewusster werden.
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