EVIL ED spielt: Mad Max (NES)
1990 - Mindscape
Es basiert auf einem Film-Franchise und hat eine sandige offene Spielwelt nach der Apokalypse, die man zu Fuß oder mit dem Auto erkundet. Man tötet Feinde, die einem begegnen, hat eine Auswahl an Waffen und liefert sich hitzige Straßenschlachten. Es enthält einen generischen Max Rockatansky, der weder Tom Hardy noch Mel Gibson auch nur ansatzweise ähnlich sieht. Die Rede ist natürlich vom Videogame Mad Max, das 1990 für das NES erschien.
NES? 1990?
Richtig, es geht nicht um das 2015er Warner-Game, in dem wir die Welt von Mad Max auskundschaften und zwischen fahren, sammeln und killen vereinzelte Checkpoints sichern, die NES-Version verzichtet auf die Checkpoints und konzentriert sich auf fahren, sammeln und killen.
Mein Vorteil bei dieser Review: ich muss mich nicht mit Engines, Hardware, DLCs und Patches beschäftigen. Es ist ein NES-Game - what you see, is what you get! Und was man sieht und kriegt sind 8 Bit und nostalgische Gefühle in Erinnerung an jene Zeit, als der Walkman keine Rückspulfunktion und David Hasselhoff eine ernstzunehmende Karriere hatte.
Dass Lizenzgames in der Ära des NES meist Gurken waren (man denke an eine Firma aus New Jersey, die mit ihrem Regenbogenlogo fast jeden Film der 1980er in Videospielform vermasselt hat), wissen wir spätestens seit James Rolfe als der Angry Video Game Nerd unterhaltsame Reviews liefert. Doch Mad Max bietet ein verhältnismäßig "gutes" oder zumindest halbwegs ausbalanciertes Produkt.
Am Anfang gibt es einen netten Prolog, der die Einführung des Films „Road Warrior“ imitiert. Starten wir ein neues Spiel, beginnen wir im Auto auf der Straße, wo wir Barrieren wegsprengen, Gegner töten oder vor ihnen fliehen (dabei achten wir auf die limitierte Anzahl an Sprengkörpern und den knappen Benzinvorat), um nach kurzer Zeit in Passagen gelangen, in denen das Spiel sein Gameplay von der Vogelperspektive - den später erschienenen GTA-Teilen ähnelnd - in frei begehbare Areale ändert, in denen wir Max zu Fuß steuern und nebst dem Töten von Feinden wichtige Ressourcen wie Munition, Wasser und Benzin sammeln.
In der frei befahrbaren Spielwelt kann man zudem Händler aufsuchen, bei denen man sich eindecken kann. Ein Level gipfelt stets in einen motorisierten Arenakampf, den es zu überleben und logischerweise zu gewinnen gilt. Die Einleitungen zu den Arenakämpfen erfolgen durch die 8-Bit-Version des Spielleiters aus „Beyond Thunderdome“, der dritte Teil der Mad Max-Reihe, der 5 Jahre zuvor in den Lichtspielhäusern lief. Diese kurze Mischung aus den beiden Filmen stört aber nur unwesentlich und dürfte ohnehin nur Puristen auffallen, doch war der Videospielemarkt damals ein anderer als heute und auf dem Produkt „Mad Max“ sollte wohl so viel Mad Max wie möglich drin sein.
Wer schneller voran kommen will oder ein favorisiertes Level wiederholen möchte, kann auf ein Passwortsystem zurückgreifen. Auch hier ist positiv zu erwähnen, dass es sich nicht um die von Rolfe kritisierten Systeme handelt, in denen man einen 30stelligen Code von Zahlen, Buchstaben, Satzzeichen, Umlaute und Musiknoten innerhalb von 1 Minute eingeben soll (während nach 15 Sekunden die ersten 8 Slots sich willkürlich ändern und man bei dem Ganzen kopfstehend die Internationale pupsen soll), sondern um einfache Worte wie „MMAX“oder „WAST“.
Natürlich trifft man nicht, wie in dem 2015er-Spiel, auf interessante Charaktere und Clans, sondern fährt, ballert und fährt weiter (was inhaltlich so ziemlich das Gleiche zu seinem Protege aus dem Hause Warner Games ist). Für die Programmierung verantwortlich war seinerzeit das Studio „Mindscape“, welches 1992 mit „Outlander“ nicht nur ein weiteres post-apokalyptisches Action-/Rennspiel lieferte, sondern sich auch für die Spieleklassiker „Paperboy“ und „Prince of Persia“ verantwortlich zeigte, bis es wie viele andere Spielepublisher von EA-Games verschluckt wurde.
Fazit:
NES-Games liefern für Retroisten in unserer übergrafisch aufpolierten Realer-als-die-Realität-Videogame-Generation angenehme Abwechslung und mitunter auch Herausforderungen (wer mal einen ganzen Nachmittag 8-Bit- Games auf FullHD und 120 cm Bilddiagonale gespielt hat, weiß, was ich meine), doch sind sie größenteils in wenigen Stunden durchgespielt. „Mad Max“ schaffte es, mich nicht nur spielerisch herauszufordern (es braucht seine Zeit, bis man ein wenig durchsteigt), sondern entführte mich in die Welt des Road Warriors.
Gewiss eines der besseren Lizensspiele für das NES, wenn auch kein Meisterwerk.
Mario Zimmermann
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