MachiaVillain (2018) „Ihre Bewerbung bei der Liga der machiavellistischen Schurken wurde bewilligt,
Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, seinem Job hinzuschmeißen, dem Chef den Mittelfinger entgegenzustrecken und sein eigener Herr zu werden? Sich selbstständig zu machen, die eigenen Angestellten zu schikanieren, ahnlungslose Opfer in eine hinterhältige Falle zu locken und zu töten, um dann ihre Gehirne und Eingeweide an die Ihnen bedingslos folgenden Helfershelfer zu verfüttern? Nein, Sie nicht? Dann sind Sie vielleicht nicht geeignet, der nächste H.H. Holmes zu werden, und ihre Opfer in die Abgeschiedenheit ihres Maniac Mansions zu locken, wo sie todbringende Fallen und fiese Schauergestalten wie Zombies, Mumien und lebende Skelette erwarten, die unter ihrem Befehl die Lebenden zu Hackfleisch verarbeiten, aus ihren Habseligkeiten als Beute Reichtümer anhäufen und den zweifelhaften Ruf als kriminelles Genie und größenwahnsinniger Superbösewicht festigen. In MachiaVillain [ein putziges Wortspiel um den Begriff des Machiavellismus, der früher als Lehre der rücksichtslosen Machtanhäufung um der Machterhaltung Willen verschrien war, und des Wortes Villain, also Bösewicht] bekommt der Spieler die Gelegenheit, mal nicht den Helden zur Rettung der Welt, einer holden Jungfrau, einer Herde Schafe oder was-auch-immer zu spielen, sondern sich mal im anderen Extrem als erbarmungsloser Gebieter über fügsame wie furchterregende Arbeitssklaven meist untoter und mysthischer Natur und Architekt einer tödlichen Falle in Form eines riesigen Spukhauses auszutoben, um Tod, Verderben und Schrecken in die Welt zu tragen. Ihr beginnt euer Streben nach dem Ansehen in der Liga der machiavellistischen Schurken auf einer per Zufall generierten Karte mit 3 Minions, die ihr euch vorher aus einem, genauso zufällig zusammengewürflten, Pool von 5 aussuchen könnt. Diese Minions besitzen neben einigen speziellen Eigenschaften, je nachdem, welcher Art (Mumie, Skelett, Zombie, Vampir oder Psychopath) sie angehören, bestimmte Grundfähigkeiten, in denen sie in einer Spanne von 5 Sternen qualifiziert sind – vom einfachen Holzhacken oder Steinkloppen, über Fähigkeiten zum Putzen, bis zu Forschen und Briefe schreiben. Ja, richtig gehört, Briefe schreiben; dies ist anfangs eine der wichtigsten Fähigkeiten, denn das Einrichten eines Home Office und das Schreiben von gefakten Werbebotschaften versorgen euch, bzw. eure Minions mit der lebenswichtigen Nahrung, die ihr euch in Form von bedauernswerten Opfern so ins Haus lockt, niedermetzelt und in mundgerechte Häppchen zerteilt. Je mehr Briefe ihr in einer Werbekampagne innerhalb eines Tages verschickt (was stark von den Fähigkeiten eures Schreiberlings abhängt), desto mehr Schlachtvieh könnt ihr euch ins Haus locken. Und dieses Haus baut ihr mit der Zeit immer weiter aus, denn ihr braucht eine Küche, um die Leichenteile zu verarbeiten, ein Schlafzimmer für eure Gehilfen, denn gerade Vampire schätzen es nicht besonders unter der glühenden Sonne zu „nächtigen“, eine Fabrik (ober besser gesagt Werkstatt) zur Produktion neuer Bau-Utensilien, ein Labor zum Erforschen neuer Einrichtungsgegenstände und jede Menge Platz zur Lagerung von Gold und Ressourcen und Räume, in denen ihr im späteren Verlauf des Spiels Fallen für eure Besucher platziert, aber auch allen möglichen Nippes sammelt, der das Aussehen und so das Prestige eures Anwesens steigert. Das Spielprinzip ist dabei recht einfach; man teilt seinen Minions (deren Anzahl mit dem eigenen Rang in der Liga der machiavellistischen Schurken steigt) Aufgaben zu, wie Ressourcen abzubauen, neue Räume zu errichten, zu kochen, zu putzen oder halt auch Briefe zu schreiben. Wenn das mal automatisch läuft, oder die Monster Feierabend haben und pennen, kann man einfach die Zeit schneller ablaufen lassen (und bei einer langwierigen Vorplanung für den weiteren Ausbau auch anhalten). Das ist schon durchaus praktisch und schont die eigenen Nerven, wenn die tüchtigen Helfer mal wieder längerer Zeit ihrer sich wiederholenden, niederen Arbeit nachgehen. Bäume, die gefällt werden sollen, oder Gestein, das abgetragen werden soll, muss dabei leider immer einzeln angeklickt werden, eine Gruppe von Bäumen oder einen Abschnitt von Steinen einfach zu kennzeichnen, funktioniert (noch) nicht. Auch das Anvisieren der Nahrung, die, so man denn seine Schreibarbeit erledigt hat, einmal am Tag ins Haus kommt, erfolgt auf die gleiche Weise und kann bei mehreren Opfern zur kleinen, nervlichen Belastungsprobe werden. Doch darüber lässt sich leicht hinwegsehen, wenn man sich erst einmal im Spielfluss befindet und sich erste Erfolge der eigenen Planungen und Bemühungen abzeichnen. Denn es sind die Kleinigkeiten, die einen immer wieder auf Trab halten; man muss nicht nur im Auge behalten, immer genug Essen und Ressourcen auf Lager zu halten, sondern auch die Sauberkeit der Stätte, an der man seine Opfer begrüßt, denn suppt das Blut vom gestrigen Abendessen noch aus jeder Ritze, dann ergreift das ungepflückte Gehirn mit seinem Fleisch am Stiel sogleich panisch die Flucht. Richtig interessant wird das Spiel auch erst nach den zugegebenermaßen etwas zähen Anfangsstunden, die eigentlich immer die gleiche Routine für einen parat halten, denn dann sieht man, ob man als Architekt gut im voraus geplant hat oder immer wieder Wände einreißen muss, um neue Räume zu bauen oder alte zu erweitern. Man kann später Fallen entwickeln, die einem das Erlegen der Nahrung erleichtern oder gleich ganz abnehmen. Auch die Annehmlichkeiten des modernen Lebens, wie Herd, Ofen und Kühlschrank oder einen Internetanschluss zur Schaltung von Online-Inseraten, halten mit der Zeit Einzug, und vor allem nimmt das selbstgebaute, individuell gestaltete Alptraum-Domizil immer mehr Form an und man steigt die Leiter bis an die Spitze der Liga immer weiter herauf. Das Spiel ist bei dem ganzen makabrem Blutvergießen immer sehr humorvoll, der Zeichenstil ist liebevoll comicesk und sehr retro gehalten. Die Musik ist unaufdringlich, untermalt das Geschehen aber sehr schön. Es ist vor allem, wie man sich bei der Horror-Mansion-Thematik schon denken kann, eine Hommage an die klassischen Horrorfilme, die Minions setzen sich aus den Monstren dieser Zeit zusammen, im Verlaufe des Spiels lassen sich dann sogar noch verschiedenen Kryptas errichten, wo sich dann spezielle Gesellen der Nacht wie der Werwolf oder die Medusa häuslich einrichten. MachiaVillain könnte also die perfekte Aufbau-Sim mit Micro-Management für Fans des Morbiden und Abseitigen sein. Könnte? Ja, es könnte, denn es gibt immer noch so einige Bugs, die einem das Spiel ziemlich vermiesen können. Das fängt bei der Intelligenz der eigenen Minions an, die stur nur das machen, was ihnen zugewiesen wird, was an sich nicht schlimm ist, wenn sie wenigstens sinnvoll ihrer Arbeit nachgehen würden. Zum einen ist es, wie erwähnt nicht möglich, sie ohne genaue Anweisung, bei der jeder Baum und jeder Stein markiert werden muss, losgeschickt werden können, Ressourcen abzubauen. Zum anderen sind die Wege, die sie sich suchen, um von A nach B zu kommen, sei es, um Ressourcen für eine Arbeit wie ein neues Bauprojekt zu besorgen oder einen einfachen, sich wiederholenden Arbeitsablauf zu verrichten, manchmal schon arg abenteuerlich. Da kann es schon ärgern, wenn der eingeteilte Briefeschreiber für die Ressourcen nicht ins Lager im nächsten Zimmer geht, sondern hundert Meter weiter in die Wildnis, weil dort zufällig auch noch ein paar gefällte Bäume rumliegen. Ab und an stoppen sie in ihrer Tätigkeit, um sich schlafen zu legen. An sich keine große Sache, aber wenn der Minion bespw. gerade die Briefe zum Briefkasten bringen wollte, aber mitten auf dem Weg abbricht und deswegen an diesem Abend keine Opfer ins Haus kommen, ist das schon zum Haare raufen. Doch das sind noch eher Kleinigkeiten; richtig durchdrehen kann man, wenn die kleinen Helferlein sich plötzlich weigern, ihrer Arbeit nachzugehen und einfach so stehen bleiben, was einem zum Laden des letzten Spielstandes zwingt. Aber was ist, wenn man nicht speichern kann oder nach dem Laden Sachen, die man gebaut hatte, fehlen? Für Entwickler Wild Factor gibt es noch viele Dinge, die dringend nachgebessert werden müssen, um einen frustfreien Spielfluss zu gewährleisten, und so muss man attestieren, dass die Veröffentlichung des Spiels wohl etwas verfrüht vonstatten gegangen ist. Das Spiel bringt schon eine Menge Spaß, solange alles funktioniert, und ich bin mir sicher, dass in Bezug auf die Bugs in den nächsten Patches bestimmt Abhilfe geschaffen wird, aber ärgerlich ist es trotzdem. Und so bleibt mir leider nur zu raten, dass Spiel und die dazu gehörigen Nutzer-Reviews auf Steam bei Interesse im Auge zu behalten, bis man sich sicher sein kann, für sein Geld auch ein funktionierendes Spiel zu bekommen. Wer aber frustgefeit ist und durch die verschiedenen Bilder, Videos und Besprechungen Appetit bekommen hat, kann ja trotzdem zugreifen, denn das Spiel macht viel richtig und bietet einen erfrischend lustig-morbiden Ansatz im Einerlei der Aufbau-Sims. Horny
|
- Thomas Hortian