Stranger Things – Staffel 1 (2016) Created by: Matt Duffer, Ross Duffer Darsteller: Winona Ryder, David Harbour, Millie Bobby Brown u.v.a. eine NETFLIX exklusiv Serie
Sicherlich ist schon viel über NETFLIX neue Serie geschrieben worden und das in zumeist überaus positiver Form. Warum also dann noch ein weiterer Artikel? Ganz einfach – weil wir EVIL ED sind und weil ich nach dem „diesmal fall ich nicht auf den Hype rein und guck mir die Serie ganz in Ruhe und über ein paar Wochen verteilt an“-Samstag, doch sehr überrascht war WIE gut mir das Ganze eigentlich gefallen hat. Die Geschichte dürfte mittlerweile jedem, der einen Internetzugang hat, recht gut bekannt sein. Der kleine Will verschwindet eines Tages bei der Heimfahrt von einer ausgedehnten Dungeons&Dragons-Sitzung mit seinen Freunden spurlos und dieses Verschwinden setzt eine Reihe seltsamer Ereignisse in Gang, in deren Verlauf wir die Einwohner des kleinen Örtchens, in dem das alles stattfindet genauer kennenlernen und einige dunkle Geheimnisse aufgedeckt werden. Zusätzlich taucht auch noch ein unheimliches kleines Mädchen in dem Ort auf, die scheinbar telekinetische Fähigkeiten hat. Es gibt Monster, böse Wissenschaftler, einen knurrigen alkoholkranken Polizisten mit einem Herzen aus Gold, Wills Freunde, die den Fall auf eigene Faust untersuchen und es – natürlich – auch mit Bullies zu tun bekommen und natürlich Wills Mutter (großartig gespielt von Winona Ryder) die nicht an den Tod des Jungen glaubt und tatsächlich Kontakt mit ihm aufnehmen kann. Die Serie spielt nicht nur im Jahr 1983, sondern fühlt sich auch so an, als hätte Steven Spielberg sie genau zu dieser Zeit und nach einem Drehbuch von Stephen King gedreht. Das geht so weit, dass Einstellungen aus „E.T.“, „Poltergeist“ und etlichen anderen Filmen bildgenau zitiert werden und ganze Handlungsstränge aus „Altered States“, „Stand by Me“ oder „Firestarter“ komplett in die Story eingewoben werden. Das Erstaunlichste aber ist, das diese Ansammlung an Verbeugungen vor den Klassikern niemals langweilig oder eintönig wirkt, da sich die Handlung als ein recht komplexes Konstrukt erweist, das durchaus eigenständig funktioniert. Letzteres ist wohl auch der Grund dafür, dass die Serie halt nicht nur bei „Alten Säcken“ wie mir, sondern auch beim jüngeren Publikum hervorragend ankommt (und bereits zwei weitere Staffeln bestellt wurden). Also kann es wohl nicht nur der Nostalgiefaktor sein, der „Stranger Things“ zum Hit macht, was ist es also, das die Massen packt und mehr als sieben Stunden vor dem Bildschirm fesselt? Zuerst einmal bemerkt man spätestens nach der ersten Episode, dass die Besetzung ganz anders ist, als bei „normalen“ Hollywood-Hochglanz-Produktionen. Zum Beispiel sehen Will und seine Freunde nicht aus, wie die typischen Disney Kids, sondern wie normale Jungs um die 10 Jahre und auch den Rest der Besetzung könnte man sich tatsächlich als normale Menschen in seiner Umgebung vorstellen. Speziell der Charakter der Freundin der Hauptdarstellerin namens Barb (Shannon Purser in ihrer Debut-Performance), die tatsächlich nur in 5 Episoden auftaucht, konnte mit ihrer Natürlichkeit undNormalität das Herz der Internetuser gewinnen und ist bereits Grundlage für etliche Memes geworden.Dann ist da die Erzählweise der Serie, die wohltuend unaufgeregt daherkommt und so gar nicht dem Standard entspricht. Optisch halt in den achtzigern verhaftet wird hier nicht auf schnelle Cuts und Action wert gelegt, sondern die Geschichte in den Vordergrund gestellt. Selbst wenn es dann mal zu schnelleren Momenten kommt (z.B. jemand von dem Monster verfolgt wird) bleibt das Ganze ruhig und erzählend, zeigt nur genau so viel wie nötig und lässt dem Zuschauer dabei Zeit genug zu erkennen was passiert. Auch auf die mittlerweile in TV-Produktionen durchaus üblichen übertriebenen Gewaltexzesse oder Jumpscares wird weitestgehend verzichtet, ein „Sense of wonder“ scheint den Machern wichtiger zu sein als sensationsheischende Übertreibung. Ebenso erstaunlich und ungewöhnlich ist, dass die Geschichte am Ende der aus nur 8 Episoden bestehenden Staffel tatsächlich zu Ende erzählt ist. Sicherlich gibt es das ein oder andere „Hängende“ Ende, aber alle Haupt-Plotlines finden einen befriedigenden Abschluss und der Zuschauer sitzt am Ende ausnahmsweise mal nicht mit einem riesigen Fragezeichen im Gesicht vor dem Bildschirm. Und trotz allem oben erwähnten, was heutzutage eigentlich ein „No-Go“ bei aktuellen Produktionen ist, funktioniert „Stranger Things“ wie eine gut geölte Maschine und zwar – wie bereits erwähnt – bei alt und jung. Es sind halt nicht nur die vordergründige Optik, die detailverliebte 80er Jahre Ausstattung und die ständigen Verbeugungen vor den großen Vorbildern, die die Serie zu etwas besonderem machen, sondern vor allem die – in heutiger Zeit – mutige Entscheidung, sie im Tempo einer fast vergessenen Ära des Filmemachens zu erzählen, in der Geschichte und Charaktere im Vordergrund stehen und der Zuschauer nicht im Sekundentakt mit neuen optischen Einfällen bombardiert wird. So ist „Stranger Things“ tatsächlich eine kleine Zeitreise in die gute alte Zeit, die beweist, das manches damals wohl doch besser war – abgesehen natürlich von dem furchtbaren Mode- und Frisurenstil, den die Serie allerdings auch perfekt imitiert. Und wenn dann mal ein kleiner Anachronismus auftaucht – in einer wirklich wichtigen emotionalen Sequenz am Ende einer Episode wird als Musikuntermalung „David Bowies „Heroes“ in der Version von Peter Gabriel benutzt, die dieser erst 2010 aufnahm – dann freut man sich als „alter Sack“ darüber, dass einem das auffällt.
dia Die zweite Staffel ist ab 27. Oktober auf NETFLIX verfügbar
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