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Patriots Day (2016)

Boston

Regie/Buch: Peter Berg

Musik: Trent Reznor, Atticus Ross

Darsteller: Mark Wahlberg, John Goodman,
J.K. Simmons, Kevin Bacon

Ab 7. September auf DVD/BluRay

 

Es gibt wohl in den letzten Jahren nur wenige Tage, die sich in die amerikanische Volksseele so eingebrannt haben wie der der furchtbaren Terorattacke auf das World Trade Center (als 9/11 in die Geschichte eingegangen) und der feige Bombenangriff auf den Boston Marathon am 15. April 2013. Ich nehme die politische Katastrophe, die sich momentan in den USofA ereignet mal freundlicherweise aus.

Zu 9/11 gab es ja nun bereits einige Filme und so war es zu erwarten, das sich Hollywood auch mit dem zweitgrößten Terroranschlag auf amerikanischen Boden beschäftigen musste.

Als Regisseur wurde Peter Berg verpflichtet, dessen Karriere mit „Very Bad Things“ (1998) sehr vielversprechend und außergewöhnlich begann, der sich mittlerweile aber eher zum Krach-Bumm-Kommerzkino-Auftragstäter ohne eigenen Stil entwickelt hat (Battleship 2012/Lone Survivor 2014/Deep Water Horizon 2016).

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Als Hauptdarsteller wählte man Allerweltsgesicht Mark Wahlberg (dazu später mehr) und selbst bis in die kleinste Nebenrolle (John Goodman, J.K. Simmons, Kevin Bacon) wurde geklotzt.  

Unser Ex-Unterhosenmodell spielt hier den Bostoner Polizisten Tommy Saunders, der eine Melange aus verschiedensten echten Cops darstellt und somit in der Filmwelt an allen wichtigen Punkten der Terrorattacke und der daraufhin folgenden Menschenjagd beteiligt ist. So ist er logischerweise zuerst als Wachmann an Start und Ziel des Marathons eingesetzt, ist aber auch bei sämtlichen Schiessereien und sonstigen wichtigen Ereignissen zugegen. Ein Kunstgriff, der es dem Zuschauer ermöglicht, der gesamten Geschichte zu folgen und den ich dem Film verzeihe.

Auch die Rekonstruktion der echten Ereignisse und deren Mischung mit Archivmaterial ist verblüffend gut gelungen. So bekommt man all die Bilder, die sich damals bei der Non-Stop-Nachrichten-Berieselung eingebrannt haben, hat aber so manches Mal auch einen „Aha-Effekt“, wenn die Kamera aus den historischen Aufnahmen herauszieht oder diese umkreist. Ebenso perfekt gelungen ist die Integration tatsächlicher Ereignisse betreffs der Opfer der Explosionen. So lernen wir schon vor dem Start einige Menschen kennen, bei denen uns nach der Attacke klar wird, dass es halt die Leute sind, deren Geschichten wir aus Presse und Fernsehen kennen, z.B. der junge Mann, der bei der Explosion ein Bein verliert und zwei Jahre später mit Prothese am Marathon teilnimmt oder die rührende Geschichte des kleinen siebenjährigen Jungen der sozusagen als „Vorzeigeopfer“ angeboten wurde.

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In dieser Vermixung von Realität und Filmwelt liegen sicherlich die Stärken des Filmes, auf der anderen Seite sollte man seine Schwächen aber auch nicht totschweigen.

Das beginnt schon einmal damit, dass die Figuren der beiden Attentäter schon fast klischeehaft böse rüberkommen. Ihre einzige Daseinsberechtigung scheint es zu sein Terrorvideos zu gucken und Nagelbomben zu basteln. Charakterisierungen oder gar eine objektive Betrachtungsweise bleiben so natürlich auf der Strecke. Man braucht die zwei schließlich nur als Bösewichte, eine mehr psychologische Betrachtungsweise, die Frage nach dem „WARUM?“ bleibt somit als erstes auf der Strecke.

Ebenso einseitig wird die Menschenhatz dargestellt, die ja drei Tage lang CNN und sämtliche anderen Nachrichtensender mit Bildmaterial versorgte und die – zumindest in deutschen Medien – auch kritisch hinterleuchtet wurde. Die generelle Vorverurteilung sämtlicher arabisch aussehender junger Männer, die damals in Boston durchaus Thema war, wird in der Filmwelt völlig totgeschwiegen.

Als Ersatz gibt es dann Action und zwar richtig knackige. Speziell in der Sequenz in der die beiden erstmals von den Ordnungskräften gestellt werden – und die damit endete dass einer der beiden den anderen überfuhr – ist die Luft bleihaltiger als in einem klassischen Western. Zusätzlich fliegen dann auch noch etliche explodierende Polizeiwagen durch die Gegend, so dass man sich fast in einem Michael Bay Film wähnt.

Wenn dann am Schluss der überlebende Attentäter aus seinem Versteck geholt und abgeführt wird, gibt es noch die zu erwartende Flaggenparade und versöhnliche Töne und Bilder.

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Einzig und alleine der Nachspann, in dem noch einige echte Überlebende zu Wort kommen, deren Geschichte kurz mit Dokumentarmaterial bebildert wird, weiß so richtig zu überzeugen und erzeugt beim Zuschauer die geplante Gänsehaut.

Das mag jetzt alles etwas schwer negativ klingen, aber ich hatte halt bei einem Film mit einem solch wichtigen Thema mehr erwartet als eine 90-minütige Selbstbeweihräucherung der US-Ordnungskräfte, ohne auch nur eine Spur von Kritik an deren Vorgehen (wie gesagt es fand eine dreitägige Menschenjagd statt, die nicht nur positive Seiteneffekte hatte). Fehler passieren unseren Polizisten, dem hinzugezogenen CIA und allen Beteiligten nicht, jedes Rädchen passt perfekt ineinander und am Ende bleibt halt nur ein mittelmäßiger Actionthriller ohne jeglichen Tiefgang, aber mit genügend amerikanischen Flaggen, dass selbst hirnamputierte Trump-Wähler das Kino glücklich verlassen können.

Bis auf den Nachspann und die interessante Musik von Trent Raznor (NIN) und seinem langjährigen Mitstreiter Atticus Ross gibt es eigentlich kaum einen Grund sich so richtig auf den Film zu freuen – es sei denn man ist weiblich und kann nicht genug von Marky Mark bekommen.

dia

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