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Der Eid (2016)

Eiðurinn

 

Regie/Drehbuch: Baltasar Kormákur

Darsteller: Hera Hilmar, Baltasar Kormákur,
Gísli Örn Garðarsson

 

 

Ab 23. Juni auf DVD/BluRay

Düster, karg und kalt, aber auch voll mit unberührter Natur und bevölkert von warmherzigen Menschen – so ist Island. Nachdem ich schon vor einiger Zeit meine unbändige Liebe zu den nördlichen Ländern und ihrer ganz eigenen Art Filme zu machen, in meinem Review zu „Lilyhammer“ offen zugegeben habe, geht es nun noch etwas weiter Richtung Polkappe und – soviel sei vorab verraten – es wird erheblich düsterer.

Finnur (gespielt vom Regisseur/Drehbuchautor/Produzenten Baltasar Kormákur) ist ein überaus erfolgreicher Herzchirurg und glücklicher Familienvater. Einzig und alleine seine erwachsene Tochter Anna (Hera Hilmar) bereitet ihm Probleme, vermutet er doch richtig, dass es sich bei deren neuem Freund Ottar (Gísli Örn Garðarsson) um einen Kleinkriminellen und Drogendealer handelt. Als er bei seiner Intervention – gelinde gesagt - ein wenig übers Ziel hinausschiesst, legt er sich zugleich aber auch mit Ottars Bossen an, die wenig zimperlich sind, wenn es um ihr Geschäft geht.

eid03Kormákurs erster „Heimat“Film nach seinem – gescheiterten - Ausflug Richtung Hollywood (The Deep 2011, 2 Guns 2013, Everest 2015) ist mit Sicherheit nichts für das Blockbuster-Publikum. In ruhigen, aber wunderschönen, Bildern erzählt er seine Geschichte konsequent zu Ende und verweigert sich einfachen Schwarz-Weiß-Malereien. Jeder der Hauptcharaktere geht im Laufe der Geschichte irgendwann einmal zu weit, bei jedem von ihnen ist die Motivation allerdings jederzeit, aus ihrem Blickwinkel, nachvollziehbar.

Wir haben es hier – speziell bei der Figur des Finnur – nicht mit einem Liam Neeson zu tun, der seine Tochter rächt und währendessen kiloweise Blei in die Gegend pustet und Massen an Knochen bricht. Nein, Finnur nutzt seine überragende Intelligenz und seine ganz besonderen Fähigkeiten um seine Tochter zu „retten“, obwohl das von dieser sicherlich nicht gewünscht ist, und geht dabei mit einer Eiseskälte zu Werke, die der Umgebung entspricht.

Bis zum Ende hin baut sich so eine unterschwellige und sehr unangenehme Atmosphäre auf, die von einigen wenigen (aber richtig fiesen) Gewaltspitzen noch betont wird und die den Zuschauer teilweise recht fassungslos zurück lässt, speziell weil sich seine Identifikationsfiguren halt nicht so verhalten wie erwünscht/erhofft.

eid01Sicherlich ist nicht alles an „Der Eid“ Gold, in manchen Momenten hat man halt das Gefühl „nur“ einen weiteren nordischen Krimi zu sehen, aber immer wieder weicht der Film deutlich oder unmerklich von dieser Formel ab.

Schauspielerisch wird hier ebenso Spitzenklasse geboten, neben Kormákur ist hier ganz besonders Hera Hilmar zu erwähnen, die im Verlaufe des Filmes mehrere Phasen von liebenswerter Tochter bis hin zum drogenverseucht dahinvegetierenden Zombie durchmacht und sich am Ende als das Herz des Filmes etabliert.

Ist „Der Eid“ nur ein Film, bei dem alle Eddies sofort zuschlagen sollten, wenn er im Supermarkt auftaucht? Ja und nein, denn auch wenn es durchaus einige visuell wirklich ansprechende Aufnahmen der wilden Landschaften Islands gibt und sich die düstere Atmosphäre gut auf den Zuschauer überträgt, so braucht man natürlich einen Hang zum Thrillergenre und die Fähigkeit zur Empathie mit Figuren, die sich eben nicht auf Knopfdruck in eiskalte Killermaschinen mit den Fähigkeiten eines Ninja-Meisters verwandeln.

„Der Eid“ bleibt durchgehend im Realismus verhaftet und hat gerade deshalb bei mir einen starken Eindruck hinterlassen.

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Für jeden, der sich jetzt unsicher ist, heißt es hat zwei Jahre zu warten, bis der Film im ZDF im Montagskino versendet wird.

dia

 

P.a.: Natürlich handelt es sich bei dem titelgebenden Eid um den hippokratischen welchen, gegen den Finnar recht deutlich verstößt. ;)

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