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Medicine of the Wolf (2015)

Wölfe

Regie, Drehbuch: Julia Huffman

Kamera: Jeff Saunders, Lawrence Schweich

 

 

 

 

ab 6. April auf DVD/BluRay

 

Das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf ließe sich bei Facebook relativ einfach mit „es ist kompliziert“ beschreiben. Im wirklichen Leben ist das leider nicht ganz so einfach. Obwohl einer der treuesten Begleiter des Menschen genau von diesem Wolf abstammt, hat der Mensch den Wolf geradezu dämonisiert und in der Folge fast ausgerottet.

Sobald die Kulturgeschichte einen Bösewicht brauchte, so durfte der Wolf immer wieder gerne diese Rolle ausfüllen. Bei Rotkäppchen, bei den sieben Geißlein, beim prokofjewschen Peter und sogar bei Wickie und die starken Männer. Vom bösartigen Mythos des Werwolfs ganz zu schweigen. Positive Beispiele finden sich erst in ganz tiefer Vergangenheit bei Romulus und Remus, erstaunlicherweise im Zusammenhang mit der Muttermilch.

Die Geschichte zwischen den Menschen und dem Wolf ist nämlich eigentlich eng verwoben. Beide Spezies haben ein recht ähnliches Sozialverhalten und es gibt Stimmen, dass zunächst der Mensch dem Wolf folgte und so gut lernte, dass später wiederum der Wolf dem Menschen folgte und sich teilweise domestizieren ließ.

wolf01In der jüngeren Geschichte mit steigendem Einfluss der grünen Bewegung erfolgte ein Umdenken und der Wolf kehrte wieder zurück. Statt der nun eigentlich zu erwartenden Massenmorden an Geißlein und Großmüttern, zeigte sich etwas ganz anderes. Der Wolf hat einen ausgesprochen positiven Einfluss auf das Ökosystem. Vom Gesundheitszustand der Rehe bis hin zur Wasserqualität, überall wo der Wolf hinkommt verbessert er die Bedingungen zum Positiven.

Es könnte also eine fantastische Erfolgsgeschichte sein, aber leider hat man da mal wieder die Rechnung ohne den Menschen gemacht, welcher den Wolf wieder bejagen möchte. Und (nach dieser sensationell kurzen Einleitung) genau hier setzt der Film an.

Mit der Streichung des Wolfs von der roten Liste durch die Regierung Obamas schnappt sich Filmemacherin Julia Huffman ihre Kamera, um zu prüfen, ob diese Streichung wirklich so gerechtfertigt ist oder eben nicht. Hierzu besucht sie diverse Wolf-Experten im Lande und lässt diese vor der Kamera zu Wort kommen.

So lernen wir Jim Brandenburg kennen, seines Zeichen Fotograf für National Geographic und einer der ersten Gewinner des Titels „Wildlife Photographer of the Year“. Brandenburg hat einige fantastische Fotoprojekte über Wölfe gemacht und hierzu längere Zeit sehr nah oder geradezu unter Wölfen gelebt. Oder wir besuchen die Wolf Connection, die ein Therapiekonzept mit domestizierten Wölfen für fehlgeleitete Jugendliche anbieten. Aber auch die Befürworter der Jagd kommen zu Wort und erzählen ihren, zwar eigentlich erwarteten, aber dann doch wirklich erstaunlichen Blödsinn. Es werden die alten Horrorgeschichten von damals hervorgekramt und mit unglaublicher Penetranz verbreitet.

wolf04Hier schwächelt diese Dokumentation dann doch arg, denn Huffman versucht nicht einmal ansatzweise dieses seltsame Verhalten der Jagdbefürworter zu erklären.

Anstatt nun einen Blick auf das sehr ländliche Amerika zu werfen, in dem das Er- und Überleben der Wildnis ein wichtiger Faktor des eigenen Selbstverständnisses ist, verfällt die Doku in einen eher weinerlichen Ton. So gemein, wie skrupellos die Jäger vorgehen und so erschreckend die Auswirkungen auf das Wolfsrudel und die Natur. Der Zuschauer bekommt bei so viel Ungerechtigkeit natürlich so richtig Lust sich zu engagieren. Hat er vielleicht auch schon getan hat, denn der Vertrieb des Films wurde durch eine Kickstarter Kampagne ordentlich subventioniert.

Ich will den Film keineswegs in den Dreck ziehen, nein er bietet einen fantastischen Einblick in die uns bisher so fremde Wolfswelt. Aber gleichzeitig hinterlässt er den bitteren Beigeschmack der gefühlten Manipulation, ein Fehler den „gute“ Propaganda einfach nicht machen darf.

Vielleicht ist Julia Huffman als Amerikanerin auch zu sehr Teil des Systems, als dass sie das Verlangen nach Outdoor und Survival besonders wahrnehmen würde. So entfällt auch ein Blick auf die Beziehung zwischen der Outdoor- und der Waffenindustrie. Zum Verkaufen ihrer blutrünstigen Scheiße benötigt ihre Kundschaft Jagderfolge, die in der Wildnis aber leider nur schwer zu erzielen sind. Daher ist jedes zusätzliche Ziel bares Geld wert. Und diese Sprache wiederum spricht kaum jemand besser als die Amerikaner.

Fazit:

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Auch wenn der Film handwerklich nur Durchschnittsware ist, so zieht ihn das faszinierende Thema doch weit darüber hinaus. Er ist ideal um die Synapsen mal wieder so richtig schön mit Grün zu fluten und dabei einige wirklich schöne Momente zu erleben. Dabei sollte man aber tunlichst auf die deutsche Synchro verzichten, denn diese furchtbaren Stimmen verbellen im wahrsten Sinne des Wortes jede Atmosphäre.

Sören Ney

 

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