man04The man who fell to earth (1976)

Der Mann, der vom Himmel fiel

 Regie: Nicolas Roeg

Drehbuch: Paul Mayersberg

Buchvorlage: Walter Tevis

Kamera: Anthony B. Richmond

Darsteller: David Bowie, Rip Torn,  Candy Clark

Seit 18. November 2016
von Studiocanal auf DVD/BluRay und
in limitierter Auflage mit AudioCD

Der Ausserirdische Thomas Jerome Newton (David Bowie) strandet auf der Erde und baut sich unter geschicktem Vermarkten seiner technischen Überlegenheit ein Imperium auf, dessen einziger Zweck es ist seinen sterbenden Planeten mit Wasser zu versorgen. Er verliebt sich in eine Menschenfrau, die ihm die Vorzüge des humanoiden Lebens aufzeigt. Darüber droht er fast sein Ziel und auch seine zurückgelassene Familie zu vergessen.

Nicolas Roegs mittlerweile schon klassischer Science Fiction Film wehrt sich offensichtlich gegen eine wirkliche Inhaltsangabe, denn ich könnte jetzt fünf oder sechs verschiedene Ebenen als Grundlage für eine intensive Analyse nehmen.

man roegMach ich aber nicht, denn – seien wir doch mal ganz ehrlich – wenn man die Filme des englischen Regisseurs, der am 23.11.2018 verstorben ist, mag, dann liebt (und kennt) man „The man who fell to earth“.
Wenn man allerdings mit Filmen, die sich klassischen Erzählweisen teilweise verweigern und die manchmal mehr Wert auf eine audiovisuelle Erfahrung legen als auf stringente Zeitebenen, generell schon Probleme hat, dann sollte man die Finger sowieso von Nicholas Roeg und seinen Werken lassen.

Der am 15. August 1928 in London geborene Regisseur begann seine Karriere unter anderem als Kameramann des B-Teams bei „Lawrence from Arabia“ (1962). Er arbeitete noch bis zum Jahr 1970 hinter der Linse (unter anderem schoß er François Truffauts Fahrenheit 451 (1966), bis er dann mit dem, genial mit Mick Jagger besetzten, „Performance“ (einer stilsicheren Milieustudie aus Londons Unterwelt der späten 60er Jahre) erstmals als Regisseur auftrat. Sein wohl bekanntester Film dürfte der 1973 entstandene Don´t look now ( Wenn die Gondeln Trauer tragen) sein, der bei vielen älteren EVIL ED-Lesern, dank einiger ZDF-Ausstrahlungen während der 70er Jahre, sicherlich als eine frühe Horrorerfahrung in Erinnerung geblieben ist.  

Der Erfolg dieses Filmes war natürlich auch der Grund dafür, dass er bei Produktion und Dreh von „Man who fell to earth“ relativ freie Hand hatte.

man06Zusätzlich zu der ohnehin im Drehbuch schon fest verankerten außergewöhnlichen Art und Weise, in der die Charaktere eingeführt werden, entschied sich Roeg auch noch einige Sequenzen hinzuzufügen, die analog des unterschiedlichen Zeitempfindens des Aliens arbeiten und es unerfahrenen Zuschauern nicht unbedingt einfacher machen „dran zu bleiben“.

Eine große Hürde, die ich bei vielen Kinoesuchern feststellen konnte, ist auch, dass der Kameramann Nicholas Roeg ebenfalls großen Einfluss auf die Wirkung des fertigen Filmes hatte. Über weite Strecken wird hier in Bildern erzählt, meist sozusagen durch die Augen des Außerirdischen, der ja bekanntlich aus einer zur Wüste verrotteten Welt stammt und somit – im Gegensatz zu uns modernen Betonquaderbewohnern – seine Umgebung mit einer ganz anderen Dankbarkeit wahrnimmt.

Zumindest in der ersten Hälfte des Filmes.

man02Doch langsam bewegt sich diese „Fisch aus dem Wasser“-Geschichte (Hallo Holger, Nils und Mario!), in unangenehmere Bereiche, denn chamäleonartig passt sich Newton langsam seiner Umgebung an und macht sich unmerklich immer mehr menschliche Eigenschaften zu eigen.

Wer wohl könnte eine solche Rolle besser spielen als das Chamäleon der Musik, der in den Jahren zuvor oft genug bewiesen hatte in andere Häute schlüpfen zu können.  Seine natürliche Mischung aus androginem Aussehen, offen zur Schau gestellter Exzentrik und einer dahinter verborgenen Verletzlichkeit, lassen die Grenze zwischen Schauspieler und dargestellter Figur verschwinden. Andererseits bietet Bowie/Netwon aber – speziell im Zusammenspiel mit der wunderhübschen und sehr begabten Candy Clark , die während der Dreharbeiten mit Regisseur Roeg liert war - aber auch grandiose schauspielerische Momente.

man05Somit entpuppt sich „The man who fell to earth“ auch nach mehr als 40 Jahren noch als ein Meisterwerk nicht nur des Science Fiction-, sondern des Films generell. Die 2016 auf BluRay und DVD veröffentlichte neue Version, beruht auf einer brandneuen 4K Abtastung, die in England aufgrund des 40-jährigen Jubiläums durchgeführt wurde und deren außergewöhnliche Qualität man sogar auf der mir vorliegenden DVD-Version deutlich erkennen kann. Nie zuvor (außer bei Kinobesuchen in den 70er und 80er Jahren) konnte man die perfekte Farbdramaturgie des Filmes so sehr spüren, konnte man die teilweise psychedelische Wirkung einzelner Sequenzen wirklich fühlen.  Auch die Bildschärfe ist grundsätzlich überragend, wobei bei einigen Szenen tatsächlich eine Unschärfe am unteren Bildrand deutlich auffällt, bei der ich aber vermute, dass sie im Originalfilm ähnlich war. Das ist allerdings Jammern auf höchstem Niveau.

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Bisher war der Film in Deutschland nur einer gekürzten (5 Minuten bei 3 Szenen) und qualitativ nur ein wenig über VHS-Niveau liegenden Fassung in digitaler Form erhältlich, so dass die vorliegende Veröffentlichung nicht nur von Fans des Filmes ersehnt, sondern einfach am historischen Wert des Filmes gemessen, nötig war.

Auch in Sachen Extras hat sich Studiocanal nicht lumpen lassen und so finden sich auf dem zweiten Silberling neben der (aus der Anchor Bay-DVD bekannten) kurzen Dokumentation „Watching the Alien“ und diversen Interviews (unter anderem mit Candy Clark und Drehbuchautor Walter Tevis) auch noch ein interessantes Featurette über den „verlorenen Soundtrack“ des Filmes, der zwar damals zum Kinostart angekündigt, aber nie veröffentlicht wurde und der bei Sammlern so eine Art heiliger Gral geworden ist.

manlimitedInteressanterweise beinhaltet die limitierte Auflage der Veröffentlichung zusätzlich eine Audio-CD mit gerade diesem fehlenden Soundtrack, der mir aber leider zur Besprechung noch nicht vorlag. Somit werden mit Sicherheit auch einige Soundtracksammler zuschlagen.

Alles in allem ist Studiocanal mit dieser Veröffentlichung, speziell mit Sicht auf die 40 Jahre Jubiläumsfassung aus Großbritannien, die auf einer Einzeldisk daherkommt, gelungen sozusagen ein Referenzprodukt vorzulegen. Ich vermisse eigentlich nur den Audiokommentar von Roeg/Bowie, der auf der Criterion-Version des Filmes zu finden war.

dia

 

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