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Embrace of the Serpent (2015)

Der Schamane und die Schlange
oder
Herz der Finsternis Teil 3?

Regie: Ciro Guerra

 

 

Die von Joseph Conrad 1898 geschriebene Geschichte über eine Bootsfahrt in die unzivilisierte Welt und hintersten Abgründe der Seele inspirierte schon zwei Regisseure zu unumstrittenen Klassikern des Kinos. Da ist zum einen Werner Herzog, der mit „Aguirre – Der Zorn Gottes“ einen atmosphärischen Klassiker über langsam in den Wahnsinn treibende (sic) Conquisadores in Südamerika schuf. Zum anderen natürlich Francis Ford Coppola, der mit seinem Epos „Apocalypse Now“ das Thema auf den (Vietnam)krieg projizierte und so die zerstörerische Wechselbeziehung zwischen der unzivilisierten Logik des Krieges und der zivilisationsgeprägten menschlichen Seele bildgewaltig in Szene setzte. Was soll danach noch kommen fragt sich da der Zuschauer und eigentlich möchte man ihm zustimmen.

Doch auf einmal kommt da ein Film aus Kolumbien und kassiert eine Oscar Nominierung. Die erste für einen kolumbianischen Film überhaupt. Dazu noch in Schwarz-Weiß gedreht. Das macht neugierig und ist ein guter Anlass sich mal wieder ins Programmkino zu bewegen.

Es geht bei „Der Schamane und die Schlange“ um einen todkranken Forscher, dessen letzte Hoffnung in einer bestimmte Pflanze liegt und er sich mit einem versprengten Schamanen auf die Suche nach dieser macht. Im Gegenzug verspricht der Forscher dem Schamanen zu den letzten Überlebenden seines Stammes zu führen. Parallel dazu macht sich vierzig Jahre später ein weiterer Forscher auf, um den Spuren des ersten Forschers zu folgen und trifft dabei auf den selben Schamanen.

Das Interessante an der Geschichte liegt darin, dass hier die Vorzeichen der Geschichte umgedreht werden. Es ist keine Fahrt in die Finsternis, sondern vielmehr der schwarze Stachel der Zivilisation, der in die ganzheitliche Kultur der Indios eindringt und diese komplett aus den Fugen bringt.

schamne01Da sind einerseits die mächtigen Eindringlinge welche diese Welt nicht einmal ansatzweise verstehen und letztendlich nur Ausbeutung und Christianisierung in petto haben und auf der anderen Seite die Einwohner, die zerrissen zwischen Resignation, Widerstand und Akkulturation ihre eigene Kultur vergessen. Aber auch die Forscher mit ihren ehrwürdigen Zielen müssen erkennen, dass sie einerseits als vermeintlich teilnahmslose Beobachter den Zugang zur fremden Kultur nicht finden und anderseits durch ihre bloße Anwesenheit ebenfalls zum Untergang derselben beitragen.

Der Film zieht seine Faszination durch die parallel erzählte Vorher-Nachher Geschichte. Zu den stärksten Momenten des Film gehören die durch den Schamanen ausgelösten absurden Auswirkungen, nachdem er versuchte den Kindern einer missionarischen Auffangstation wenigstens etwas ihrer Kultur mit auf den Weg zu geben.

Unglücklicherweise leidet der Film dadurch, dass er keine durchgängige Atmosphäre aufbaut. Das mag vielleicht zum einem an der mir vorgesetzten schlecht projizierten Digitalversion mit ihren nur grauen Schwarztönen und bunten Artefakten um die Untertitel herum liegen. Aber auch der unharmonische Wechsel zwischen Musik und Naturtönen lassen einfach den Sog vermissen, der einen in die Geschichte zieht.

So bleibt der Schamane und die Schlange ein faszinierender Film, der seinen Charme aber vorwiegend durch seine exotische Herangehensweise gewinnt. Seine episodenhafte Erzählweise erreicht dabei allerdings Tiefen vom Hirn, die von anderen Filmen nicht einmal ansatzweise erreicht werden. So gesehen passt er sehr gut in die Reihe der oben erwähnten „Vorbilder“, auch wenn er sein cineastisches Potential nicht voll ausschöpft.

Trailer
https://www.youtube.com/watch?v=s6ms7J_0Dx4

Sören Ney 

 

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